So, wie angekündigt folgt jetzt hier der Reaparturbericht von diesem wirklich seltenen Gerät. Dieses hier hat die Seriennummer 000236, was nicht gerade auf Riesenstückzahlen schließen läßt. Gedacht war das Gerät für Fans der berühmten BOSE 901 direct/indirect reflecting-Loudspeaker. Über diese Lautsprecher gibt es bekanntermaßen sehr geteilte Meinungen, auch in zähle mich wirklich nicht zu den Liebhabern dieser Marke, aber ich hatte seinerzeit Kunden, die sich solche Speaker gekauft haben, davon schwärmten und mir nebenher erzählten, daß sie Mitglieder der Berliner Philharmoniker seien (die spielten seinerzeit noch unter Karajan und galten als eines der besten Orchester der Welt). Die habe ich befragt, was sie denn an der Bose so begeistert und beide sagten übereinstimmend, daß die räumliche Darstellung mit diesem System unübertroffen sei - und dagegen kann man nicht wirklich etwas sagen. Dieser Receiver ist maßgeschneidert für ein Paar 901, der für diesen Lautsprecher unabdingbare Equalizer (Spatial Control) ist integriert und kann sogar von Hand eingestellt werden, von schmal bis breit. Auch das Design war für 1979 einfach unglaublich, zumindest sehr avantgardistisch. Durch Brückenendstufen hat er Leistung satt und steht sogar in rollos Receiver-Dickschiff-Liste.
Ein Haken hatte die Sache für mich - das Teil ist unglaublich verbaut! So einen konstruktiven Fehlbau (nur in Bezug auf die Reparaturfreundlichkeit, wohl bemerkt!) habe ich bisher noch nie gesehen. Das Auswechseln der Lampen hat allein mehr als vier Stunden in Anspruch genommen, und es leuchtete keine einzige mehr! Ich habe schon die ersten 20 Minuten damit verbracht den Ein/Ausschalter zu finden!!!
Es gehört übrigens Kurt (username muda - allerdings noch im HF, hier will er sich am Wochenende noch anmelden). Peter (username aileenamegan) hatte ihn an mich verwiesen, nun freut er sich, daß das Gerät wieder fast richtig läuft!
Der Thread aus dem HF kann hier nochmals nachgelesen werden, war erst kurz vor Toresschluß!
http://www.hifi-forum.de/viewthread-84-10676.htmlSo sieht dieses Riesenmonster aus:

Zunächst mußte ich erst einmal heraus bekommen, wie man das Gerät öffnet (das Service Manual hat Kurt erst später nachgeschickt, dann hätte ich es schneller gefunden - ja Bose tanzt immer etwas aus der Reihe!).
Also zunächst zwei Schrauben an der Rückwand lösen und dann den Deckel des Gerätes langsam und mit sanfter Gewalt nach vorne ziehen und schieben...

Ja gut so, noch etwas weiter...

Und dann ist er offen, zumindest oben. Aber wie gesagt, ich mußte erst einmal heraus finden, wie man das Gerät einschaltet! Nach längerem Untersuchen verfolgte ich zwei Kabel die vorn zur Front führten und an diesem Schild endeten:

Und das ist - ta tahh - der Netzschalter!!! Er funktioniert als Sensor! einfach mit dem Finger antippen und im Innern zieht ein Leistungsrelais (jim-ki würde das als Schütz bezeichnen!) an und der Receiver geht an. Für 1979 ganz schön ungewöhnlich! Zumindest für Geräte die nicht aus Deutschland waren...
So schaut das Gerät in kompletter Front vor dem Eingriff aus:

Zunächst mußten alle Lampen, und das sind nicht wenige, erneuert werden. Bloß da kam man so gut wie nicht heran (so wie an fast gar nichts in dem Gerät!). Also zuerst einmal die Frontplatte herunter. Dazu muß der Skalenzeiger erst mal in der Gehäusemitte "geparkt" werden. Dann kann man die hinter der Skala liegenden Lampenhäuser (vier Stück!) abbauen...

Die beiden oberen Lapenhäuser für die Skala und die Meter sind ja einfach demontierbar, aber die beiden unteren für die Eingangsquelleanzeige und die Mode-Anzeige, sind extrem gut versteckt, zunächst also die große Platine mit den Schaltern abbauen und unter der Wekplatte hervorzerren, dazu müssen jede Menge Kabel von ihren Bindern befreit werden... Anschließend noch die Platine mit den vier Schiebepotis abbauen und schon kommt die Lampenleiste heraus.

Eine gute Stunde nach Arbeitsbeginn hatte ich alle vier Platinen mit den Lampen so montiert, daß ich mit dem Wechseln der Lampen beginnen konnte... nicht schlecht, wenn man Zeit hat!

Zuerst mal die Skala, fünf mal 8V 250 mA mit insgesamt 10 Drähten eingelötet, Sockel: Fehlanzeige!

Auch die anderen Lampen mußten allesamt erst ausgelötet und dann wieder neue eingelötet werden. Die Montage aller Lampen in der Front nahm ebenfalls weitere 30 Minuten in Anspruch. Aber dann waren alle Lampen neu, die alten lagen nun daneben, die waren auch nicht mehr alle original, da hat sich wohl ein Bastler dran versucht.

Aber das Ergebnis kann sich sehen lassen, so dezent, vornehm leuchten nicht alle Geräte!

Nachdem alle Schalter, Potentiometer und Relaiskontakte nach der üblichen (Ausbau-)Methode gereinigt waren, war der Tuner an der Reihe. zunächst Drehko reinigen, abgleichen... aber so richtig klappt es nicht! Er empfängt zwar alle Sender, aber das Mitteninstrument ist nicht dazu zu bewegen korrekt anzuzeigen. Es zeigt nach rechts, wenn auf Maximum abgestimmt wird! Der Diskriminator änedrt nichts daran. Stereo ist auch nicht hereinzubekommen, und der FM-Muting Schalter schluckt alles, auch die empfangenen Sender. Die Ursache dafür habe ich nicht gefunden. Ich vermute, daß die Leiterplatten beginnen etwas leitend zu werden, weshalb der FM-Tuner völlig verstimmt ist. Denn die gleiche Ursache hat auch den Phonovorverstärker lahm gelegt. Dort mußte ich sozusagen eine neue Schaltung auf einer kleinen Zusatzplatine einbauen, um die Phonowiedergabe wieder völlig ungestört und in reiner Qualität genießen zu können. Ich habe darüber mit Kurt gesprochen, er war auch der Meinung, man läßt den Tuner so wie er ist - ihm ist Radiohören wohl nicht so wichtig.
So bekam das gute Stück noch eine Generalreinigung rundum, mit Metallpolitur für die Alu-Seitenteile und Möbelpolitur für die Holzteile. Von hinten sieht er übrigens so aus:

Das war einer der langwierigsten Reparaturen, die ich jemals durchgeführt habe. Wenn man die zeit bezahlen müßte, würde sich das ganze nicht lohnen - aber das sit ja meine Schuld, was bin ich auch so langsam...
