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zu neuem Leben erweckt. ---- AKAI AP-004X

Begonnen von Derainer, Mittwoch, 07.Mai.2014 | 18:18:13 Uhr

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Derainer

ein gute alter Bekannter, fast schon ein Freund, brachte mir im Frühjahr 2012 seinen alten
AKAI AP-004X zur Reparatur. ,,Können Sie mal nachschauen, der läuft nicht mehr"

'Vielleicht nur der Riemen' - dachte ich, und schnell hatte ich im Web einen Ersatz gefunden.
Beim öffnen fand ich die Überbleibsel des alten Riemens, der sich in seine Ur-Bestandteile
zersetzt hatte... fast schon pures Erdöl und klebriger Schmier.

Alles gereinigt, legte ich den neuen Riemen auf, aber nicht passierte. Schnell fand ich heraus,
dass der Motor nicht drehte. Bei näherem Hinsehen kam dann die Erkenntnis, dass der Motor
fest gebrannt war. Also muss ein neuer Motor rein, war die folgerichtige Entscheidung.



Im Web begann eine fast endlose Suche. Nach Monaten fand ich einen Motor für 20,-- $ in Kanada.
Doch der Einbau gestaltete sich als gar nicht so einfach. Der Ersatzmotor war für 60 Hz gewickelt.
Er lief zwar, aber deutlich langsamer, und er wurde nach 15 Min. derart heiß, das es damit
keinen Sinn machen würde.

Also stand ich wieder am Anfang meiner Bemühungen, diesen schönen alten Dreher zu neuem
Leben zu erwecken. Mein Freund wurde auch langsam ungeduldig, was ich gut nachvollziehen konnte.

,,Ich möchte doch so gerne wieder zu Weihnachten das Weihnachtsoratorium hören, aber nun,
da ich bei Ihnen erlebt habe, wie klasse sich Vinyl anhört, möchte ich das auch nur von Vinyl....."

Und mit diesem alten Akai verbinden mich so viele Erinnerungen, an die Jugendzeit, an meine erste Liebe
und an die ersten Jahre mit meiner heutigen Frau. Und auch meine Tochter (25) hat schon mit
diesem Teil geliebäugelt.

Das packte mich an meiner Ehre. Aufgeben ist für mich eine 'Unart', die ich nicht kenne.
Es muss also eine ganz andere Lösung her. Ich erinnerte mich an meinen Synchron-Motor von
EBM-Papst, der beim Bau meines ersten Tangential-Laufwerks übrig geblieben war.



Ob das die richtige Lösung ist? Eine entsprechende Ansteuerung sollte ja kein Problem sein.
Und so beschlossen wir, meine beiden Freunde Hannes und Hans-Bernhard und ich, kurzerhand
eine neue elektronische Steuerung für den Papst Motor 'zu stricken'.

Parallel lief, zu derselben Zeit, ein Thema im AAA-Forum, in dem auch nach der Möglichkeit
der Steuerung gesucht wurde. Warum also nicht alles in einen Topf werfen? Eine wirklich
gute Steuerung sollte für meine beiden Freunde, Hannes und HB, kein Hindernis darstellen.

Wir fanden einen Steuergerät mit passenden Mikrokontrollern aus dem Automobilbereich. (911er)
Mit einer etwas geänderten Architektur und ein paar zusätzlichen Steckverbindungen und Drähten
entstand in wenigen Wochen der Prototyp dieser Steuerung.



In der Zwischenzeit hatte ich den Papst Motor mit diversen Adapterblechen und neuen Verschraubungen
mechanisch eingebaut. Die Halterung war sehr gut vom Chassis entkoppelt und speziell konstruierte
Vibrationsdämpfer sorgten für einen ruhigen Lauf.



Die alte Technik der Geschwindigkeitsumschaltung mittels umlegen des Riemen auf einen anderen
Pulley Durchmesser, sollte natürlich auch entfallen.
An dem Umschalthebel brachte ich, von unten im Chassis, zwei kleine Mikroschalter an. Diese sollten
der Steuerung die Befehle zur jeweiligen Geschwindigkeit geben. Die Gabel, welche den Riemen hoch
oder runter schiebt wurde kurzerhand entfernt.



Alles war gut durchdacht, und wir kamen sehr gut voran. Wenige Tage vor Weihnachten war nun auch
die Steuerung fertig und der Zusammenbau konnte beginnen.

An dieser Stelle möchte ich euch verdeutlichen, dass wir es bei dem alten AKAI mit einem 'VW-Käfer'
zu tun haben, in welchem wir quasi einen ,Ferrari-Motor' eingebaut haben, und der mit der modernsten
'Bordelektronik' aus einem 911er versehen, ins Vinyl-Rennen gehen kann.

Drei Tage vor Weihnachten war es dann soweit. Die Steuerung war zum Einbau bereit,
ein eigenes 5 V / 24 V Netzteil wartete schon im Chassis, und der Papst-Motor gierte nach Strom.

Aber nur einfach anklemmen geht ja wohl nicht. Alle Parameter müssen hier per Software programmiert
werden, und das kostet einfach seine Zeit. Dies war die ,,Stunde" von Hannes uns Hans-Bernhard.
Ganze zwei Abende (besser Nächte) hat es gedauert, bis die Software komplett stand und bis
alles zur vollsten Zufriedenheit lief.



Ein wenig Kopfzerbrechen machten mir nur noch die, zwar sehr leisen, aber doch hörbaren
Laufgeräusche des Motors. (ein Ur-Problem des Papst Synchronmotors, bedingt durch die 'billigen'
Kugellager aus Fernost)

Also gut, ran an die Arbeit. Zugeschnittene Butyl-Streifen in 2 mm Dicke auf die Unterseite des Chassis,
und in der Wanne unter dem Teller, brachten die gewünschte Abhilfe.



Zusätzlich habe ich die Unterseite des Tellers ebenfalls mit Butyl versehen, und ihn danach natürlich
entsprechend gewuchtet.
Dass der Teller ca. 0,5 kg schwerer geworden ist, kommt auch noch der Laufruhe zu Gute.



Stundenlange Testläufe führten zu immer besseren Ergebnissen. Unser Hightech-VW-Käfer
war endlich fertig für ein neues, langes Vinyl-Leben.
Einen neuen Nadeleinschub von Ortofon haben wir diesem ,Wolf im Schafspelz' dann auch noch gegönnt.

Von Außen sieht man keinerlei Veränderung. Er ist ein wunderschöner Vintage-Player geblieben.

In Zukunft wird der schöne AKAI AP-004X, nach viele Jahren des 'in der Ecke Verstaubens' und nach
diesem umfangreichen Tuning, nicht nur das Weihnachtsoratorium bei seinem Besitzer spielen.
Mein Bekannter hat schon reichlich gesammelt und hängt, wie ich, wieder an der Nadel.



Ob der ganze Aufwand und die Kosten gerechtfertigt sind, kann ich nur mit "JA" beantworten,
denn es hat allen Beteiligten riesig Spaß gemacht, und das allein war unser Antrieb.

Und als Nebeneffekt kommt nun bald ein neues, intelligentes Antriebsaggregat für DIY-Laufwerke
heraus. Man kann auch Motordose dazu sagen. Zwei Prototypen laufen schon im Test.  :_good_:


lieben Gruß Rainer
ein bisschen gewerblich - doch überwiegend privat.

Jürgen Heiliger

Hallo Rainer,

zuerst einmal herzlichen Dank für diesen Bericht einer Wiederbelebung eines selteneren AKAI Plattenspielers.

Nun bin ich aber auch als ein neugieriger Kerl bekannt, der immer wieder Input sucht.......

Darf man etwas mehr zu dieser 911er Steuerung erfahren...... was wird dort wie gelöst und auch umgesetzt?

Ginge nicht auch, wenn die Umdrehungszahl des Papstmotores bekannt ist, eine Schaltung wie im TD-125 vorhanden (Wienbrücke)? Ich denke für den überwiegenden Teil der normalen User wäre dies dann ein einfacher zu gehender Weg.

Gruß
Jürgen

PS da habe ich doch fast die offizielle Begrüßung vergessen hier im Forum.
Gruß
Jürgen

>.... liebt den guten Ton und die Musik ....<
>.... die HiFi-Classiker und die Information ....<
Unsere WIKI
Skype: juergen_heiliger

Derainer

#2
Hallo Jürgen,

danke für Dein Interesse. Ich möchte mal versuchen, das zu beantworten.
Der Microprozessor, den wir verwendet haben und weiter verwenden wollen, ist im Steuergerät eines 911er verbaut.
Es ist ein sehr interessantes Universalbauteil, bei uns natürlich totat unterfordert, aber ein sehr schneller Rechner.
Alle nur erdenklichen Parameter und Aufgaben sind frei programmierbar. (wenn man die Programmiersprache kennt)

Nun komme ich zur Idee und den geplanten Features eines neuen Antriebsaggregat für Vinyl-Laufwerke.
Über die eingebauten Tasten und mit Hilfe des 4-stelligen, eingebauten Displays oder über einen Mini-USB Buchse
mit einem PC programmierbar. Dafür wird es eine entsprechende, leicht zu bedienende, gesicherte Software geben.

Hier zähle ich nur mal ein paar der vielfältigen Möglichkeiten auf:
Zunächst sind da die drei üblichen Geschwindigkeiten 33 / 45 / 78 die entsprechend feinjustiert werden können.
Es gibt einen Standard-Pulley, der Riemen, Tape oder String erlaubt. Man kann sich aber auch jeden möglichen
eigenen Pulley anfertigen, von 12 mm bis 30 mm Durchmesser ist alles möglich.
Die extrem hohe Drehzahlkonstanz ist Quarzgeregelt. Kein Driften, wie es bei einigen Motordosen der Fall ist.

Es wird sieben vorprogrammierte Anlauframpen geben, für Teller von 2 kg bis 30 kg. Weitere Rampen können
auch selber, individuell und sehr einfach programmiert und im Speicher abgelegt werden.

Es wird eine Automotion-Funktion geben. Damit kann man festlegen, wie oft pro Tag oder Woche, der Motor
für eine bestimmte Zeit (z.B. eine Minute) den Teller drehen soll, um ein "Setzen" des Riemens / String zu vermeiden.
Auch für die Lagerung ist es nicht von Nachteil, wenn sie, z.B. in der Urlaubszeit, ab und zu bewegt wird.

Die Elektronik hat auch eine 4-Pol. Eingangsbuchse, in welche man beliebige Tachosignale einlesen kann.
Somit gibt es ein ständiges Feedback von der tatsächlichen Drehzahl zur der Vorgegebenen. Das allerdings
erfordert schon etwas Vorkenntnisse.

Schließlich sind mit Hilfe eines PCs und WLAN jederzeit Updates oder Diagnosen möglich.

Das Projekt war übrigens schon fast gestorben wegen der Auflagen der EAR-Stiftung (WEEE) usw.
Nun aber wurde ein Weg gefunden.

Um es gleich vorweg zu nehemen: es steht noch kein Preis fest. Wohl aber kann ich sagen, dass wir
deutlich unter 2 K € liegen werden.

LG Rainer

P.S. Fotos reiche ich später nach.
ein bisschen gewerblich - doch überwiegend privat.

kuni

Hallo Rainer,

sehr informativer und schön gemachter Beitrag. Nicht ganz meine Baustelle, aber mords Respekt  :_hi_hi_: vor dem, was Ihr da gemacht habt. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, ein Kfz Steuergerät für eine Motorsteuerung zu "mißbrauchen".

BTW:
Ich bin beruflich genau in dem Umfeld (embedded SW Entwicklung für Steuergeräte im Fzg.) tätig.
Deswegen würd's mich brennend interessieren, welches Steuergerät Ihr da genommen habt, welcher uC da drauf ist und (wenn's geht) auch von welchem Zulieferer das Teil ist/war.

:__y_e_s:
Gruß, Kuni
..............................
http://kuni.bplaced.net/
..............................

Lothar H.

...tach Rainer, mein Freund.

nun hast Du doch den Weg in dieses Forum gefunden, in dem es hauptsächlich, doch nicht nur um gute  Berichte geht, von denen die User willig und wissbegierig weitere Informationen einfordern. Diesbezüglich hast Du ja Einiges auf der Pfanne, wie bereits dokumentiert.

Wie ich Dich kenne, werden auch Berichte zu Deinen älteren Projekten bald ausführlich hier informativ von Dir zur Verfügung gestellt werden. Es sollte auch Foren geben, in denen solche Arbeiten ausnahmslos gewürdigt werden.


Tüsss
Lothar 
Es gibt Tatsachen!
Verwirre mich nicht mit Deiner Meinung.

Derainer

Hallo Lothar  :drinks: und die anderen Leser,

Ich denke hier, in diesem Forum, kann ich es durchaus wagen, etwas über meine Arbeiten zu schreiben,
ohne dumme Sprüche ernten zu müssen. "Bea"  ist ja hier auch nicht mehr anwesend.  :flööt:

Muss mal schauen, in welche Rubrik ich das dann jeweils setze.  .,045

Euch allen noch ein schönes Wochenende. (hier schüttet es schon den ganzen Morgen)

LG Rainer
ein bisschen gewerblich - doch überwiegend privat.

Compu-Doc

ZitatOb der ganze Aufwand und die Kosten gerechtfertigt sind, kann ich nur mit "JA" beantworten,
denn es hat allen Beteiligten riesig Spaß gemacht, und das allein war unser Antrieb.

Ich denke, daß ist die Haupttriebfeder der Unternehmung gewesen, denn rein vom wirtschaftlichen ist das ein Banktotteur-Projekt, ähnlch, wie einem Golf II einen Peugeotmotor zu implantieren und mit einem Einspritzcomputer einer Weltraumfähre anzusteuern. :;;102

........never the less, Respekt bzgl. Akribie und Einfallsreichtum!  :Bar:
En la mesa y en el juego, la educación se ve luego.

Derainer

Nach fast drei Jahren geht diese Geschichte wieder weiter.

Mein guter Bekannter rief mich vor wenigen Wochen an und klagte, dass der AKAI nicht mehr so
richtig läuft. Meistens geht er gar nicht mehr aus, mal läuft er zu schnell und macht andere komische Zicken.
Ich musste also noch einemal 'ran' an die Kiste. Der alte AKAI war also zurück auf meinem Werktisch.

Was wir nun damit angestellt haben, ist völlig abgedreht und von keinem Finanz-Controller nachvollziehbar.
Doch der Spaß, den wir damit wieder einmal hatten, war es uns wert.

Nun gut, die "elektronische Seteuerung" die wir damals grob "zusammengestrickt" hatten (siehe Beitrag oben)
scheint wohl ein kleines Problem zu haben. Das alles aber wieder aufzurollen und daran herumzudoktorn ...?

Macht das Sinn? Nein...! Also geht nur die Flucht nach vorn.

Die zündende Idee kam mir am 1. Advent. Von der Fertigung meiner Antribseinheiten (auch Motordosen genannt)
habe ich immer ein paar Ersatz-Leiterkarten hier. Ihr erahnt es sicherlich schon, was jetzt verrücktes kommt.

Genau, nun bekam der schöne alte AKAI ein komplett neues "Gehirn" Er bekam die neuste Elektronik
und die neueste Software mit all ihren Möglichkeiten aus der großen Antriebsdose Dereneville DAE-01 SP.

Vier Drehzahlen, Pitch-Möglichkeit, frei programmierbare Beschleunigungs- und Bremswerte, Aufwach-Timer,
Betriebstundenzähler und all die anderen Möglichkeiten - bis hin zur Computer Programmier- und Bedienbarkeit.
(wenn schon, denn schon)

Dazu habe ich ihm ein kleines, schmales Amaturenbrett verpasst, im welchem all die Bedienteile platz finden.
Diese Frontblende wurde dann noch mit Laser dauerhaft beschriftet.

Fazit: Bisher war es ja nur ein alter VW-Golf mit einem Ferrari-Motor und Porsche-Bordelektronik.
Nun bringen wir der Kiste auch noch "das Fliegen" bei. 

Ist das nicht total verrückt? oder vielleicht doch nicht?

Letzte Woche habe ich dann alle Bedienelemente verkabelt und den Kabelbaum, mit den 24 Kabel verlegt.
Die alte Steuerung, die wir vor gut 3 Jahren "mit der heißen Nadel" gestrickt hatten, hat nun auch für immer
ausgedient. An ihrer Stelle steckt eine Leiterkarte der neuesten Generation, meiner Antriebseinheiten.
Und alles ist über einen PC mit unserer selbst entwickelten Software programmierbar.

Am Wochenende haben wir das Projekt final abgeschlossen und morgen, am Donnerstag, wird der AKAI
an meinen Bekannten übergegen. Dann kann auch für ihn Weihnachten kommen.:)

Der Aufwand? Er steht in keinem Verhältnis. Aber das macht nichts, weil es uns Dreien wieder einmal
richtig viel Spaß gemacht hat.

Euch allen wünsche ich friedvolle und besinnliche Weihnachten.

Liebe Grüße,
Rainer

P.S. die restlichen Bildimpressionen hänge ich hier noch dran.
ein bisschen gewerblich - doch überwiegend privat.

Derainer

ein bisschen gewerblich - doch überwiegend privat.

Derainer

#9
Der Rest

Ich hoffe, es hat euch gefallen  :_hi_hi_:

Und wenn hier jemand mehr über die Antriebseinheiten Dereneville DAE-01 SP und CL wissen möchte,
kann er mich gerne über PN anschreiben, oder ganz einfach im Web suchen.
ein bisschen gewerblich - doch überwiegend privat.