Auch von mir 'mal ein 'paar' Worte zum Thema Messung nebst Cassettenrecorderumfeld:
Messungen sind namentlich dann heikel, wenn man die Messumstände und Messverfahren nicht kennt, einmal abgesehen davon, dass tatsächlich auch 'wahrheitswidrige' Eingriffe in Messergebnisse (gerade heute ist das aus werbetaktischen Gründen leider zur allgemeinen Übung geworden) immer vorkamen und vorkommen. Dass Jürgen das im rheinischen Frohsinn seiner Bonner Heimat ("Wolle mon noilosse?", sagt man zwar in Määänz, passt hier aber auch) geradlinig anspricht, bringt die Sache vielleicht etwas hart auf den Punkt, ist aber für den Sammler professionellen Geräts nicht weiter verwunderlich.... Als Profi hat man ein sanftes Ruhekissen; da lässt sich leicht argumentieren.
Beim Cassettenrecoder aber wird es schlicht eng:
Bedenken müssen wir, dass wir zur adäquaten Wiedergabe solch kurzer Wellenlängen wie 26 kHz nicht nur einen irrsinnig feinen Magnetit, sondern auch Kopfspaltenweiten benötigen, die klein sind gegenüber der höchsten zu übertragenden Wellenlänge. Andernfalls ist der Höhenfrequenzgang so schlecht, dass man selbst mit dramatischen Anhebungen oben nurmehr das Bandrauschen in einem erweiterten Frequenzbereich hochzieht, was man ja auch nicht möchte.
Wenn aber die Kopfspaltenweiten zu gering werden, nimmt die Empfindlichkeit des Kopfes ab und benachteiligt auch den bei mittleren und höheren Freuqnezne erzielbaren Geräuschspannugnsabstand. Man muss sich also beim Cassettenverfahren einmal mehr und ungleich dramatischer als beim 'großen' Magnetofon überlegen, worauf es einem wirklich ankommt, um das, was machbar ist, nicht auch noch zu gefährden. Und da rangieren 26 kHz ziemlich sehr weit hinten.
Will sagen: Es gibt für das gegebene Bandmaterial und die gegebene Bandgeschwindigkeit eine günstigste Spaltweite, die aber dazu zwingt, auf die Frequenzbereiche der größten Zahlen zu verzichten. Und wer wüsste es nicht: Der Cassettenrecorder wurde nicht für die Tonträgerproduktion erschaffen, sondern zur Aufnahme ab Platte und Rundfunk, also der Aufnahme "vorweg überwachter Dynamiken", die im Falle des multiplexstereofonen Rundfunks oftmals mit nicht unerheblichen Pegeln des Pilottones (zur Hilfsträgerrekonstruktion) am Tonträgerausgang des Empfängers einhergingen, die von einem Cassettenrecorder ebenso aufgenommen werden konnten wie von einem analogen Großmmagnetofon und -namentlich beim Cassettenrecorder und seiner begrenzten Höhenaussteuerbarkeit- für hörbares Unheil sorgen konnten. Folge: Dieses Multiplexfilter, die viele geräte ungefragt und manche schaltbar drinnen hatten. Also schiebt man zweckmäßigerweise spätestens bei 18, 19 kHz einen Keil in die Übertragung.
Mir erscheinen deshalb jene hohen Frequenzen nicht nur unnötig, sie sind es auch und darüber hinaus Quelle solcherart steter Probleme, deren Bewältigung einen vor unlösbare Aufgaben stellt. Wichtiger ist bei der in die HiFi-Klasse gelifteten Produktidee von Jan Schoenmakers der Versuch, für stabile Wiedergabeverhältnisse hinsichtlich der Tonkopfposition (Spurlage und Spaltsenkrechstellung) sowie bezüglich des Bandlaufes (dem stand die Cassettenmechanik entgegen) zu sorgen, weshalb ja Studer diesen Panzer ins Zentrum seines 710 eingelassen hatte. D'r Vat'r hatte ja in Regensdorf über lange Jahre die Devise ausgegeben, "So ein Ding kommt MIR nicht ins Haus!" Irgendwann kam er dann aber doch nicht daran vorbei, scheiterte aber trotzdem -und wie erwartet-, weil der Kopfzulieferer keine Notwendigkeit sah, den Vereinbarungen mit den kleinen Regensdorf-Löffingern zu entsprechen. Studer hatte zunächst geplant, eigene Köpfe (Studers eigene Kopfmacher waren so bedeutend wie sie unbekannt sind) einzubauen, zog dann aber die Erwerbung einer Präzisionskopffräse für professionelle Mehrkanalbandgeräte vor, weil dort halt mehr Geld gedruckt werden konnte, als im Massenmarkt eines 710. Auch wenn der Kopffertiger in Japan saß, und Regensdorf im Einzugsbereich von Zürich-Kloten liegt, man musste ja erstmal in Japan sein und einem Weltkonzern der Elektronik "uf Schwyzerdytsch d' Guggemusig blase".... Das klappt nicht, rheinischer Frohsinn hin oder her. Also blieb den Löffingern nur der Weg zum Konkurrenten Canon, der aber keine getrennte Azimuteinstellung von Aufnahme- und Wiedergabekopf anbot.. Tja.
Man sieht, ich präferiere den 710, meine aber sagen zu müssen, dass er eigentlich 'nur' die Grenzen des Verfahrens (wie letztlich auf ihre Weise auch Nakamichi und ACS) auslotete, die man solange kennt, wie das Hf-Magnetofon alt ist. Bei eurer Bedeutungsdiskussion darf man auch die immensen Entwicklungen beim Magnetbandmaterial nicht übersehen, die im Bereich des klassischen Tonbandgerätes schon 1956, spätestens aber 1973 letztlich abgeschlossen waren, als es für die Cassette erst losging. Die letzten 15 Jahre der Magnetbandentwicklung sind eigentlich die der Cassette, wobei deren Entwicklungen für die Magnetofone nichts mehr brachten, weil deren Geschwindigkeitsabsenkung unter 19 cm/s (möglichst 38 cm/s) aus anderen Gründen nicht in Frage kam: Schnitt und Kopierfähigkeit. Beim Cassettenrecorder ist bei ein-facher Aufnahme ja viel drin, beim Kopieren bedarf es aber nicht einmal eines lauen Lüftchens, um nurmehr Spreu zu haben.
Also: Hochwertigkeit ohne hochwertiges Band ist eine Suppe ohne Salz.
Und zum Schluss nochmal:
Messnormen sind ein denkbar heikles Kapitel, wo viel Schindluder getrieben wird/wurde und werden kann, weil eben über lange Zeit große Zahlen gleichbedeutend mit qualitativen Errungenschaften gesehen wurden. Der Blick auf eine Gesamtheit macht den Reiz, egal ob schwarze Platte, Magnetofon, Cassettenrecorder oder digitale Techniken. Auch ich habe lange gebraucht, das zu kapieren.
Od'r?
Hans-Joachim