Hi zusammen,
nachdem sich bei meinen Tapedeck Baustellen nun eine kleine Zwangspause ergeben hat, mal ein kleiner Erfahrungsbericht zum Thema Marantz.
Ist nur
meine Meinung und ich bin mir wohl bewußt, daß sich am Thema Marantz immer wieder, mit Leidenschaft, die Geister scheiden.
Meine ganze Sammelleidenschaft fing mal mit einem Marantz 2265B an, den ich in komplett überholten Zustand mit Holzhäuschen von - dem uns wohlbekannten - Helmut erstanden habe. Vor ca. 4 Jahren schon für 350€. Auf Grund des neuwertigen Zustands, des Holzgehäuses und der Tatsache, daß er komplett überholt war, wie ich auch heute noch finde, ein akzeptabler Preis.
Schon damals, als ich den 2265B erhielt, war ich leicht enttäuscht. Vermutlich aber auch nur deswegen, weil die gelesenen Berichte mich wohl mit zuviel Euphorie geimpft hatten. Den 2265B gibt es bei mir immer noch, aber er steht im Wohnzimmer, weil er prima zu unseren Massivholzmöbeln paßt und weil er der unumstrittene Liebling meiner Frau ist, welche für das "Design" im gemeinsamen WoZi zuständig ist....
Gut. Über die Jahre kam und ging so einiges an Receivern. Von etlichen kleineren Receivern à la Pioneer SX-424, Scott 342, über etliche Akai's bis hin zu den großen Kloppern, wie Sanyo JCX-2900 und Toshiba 7100. Alle habe ich selbst restauriert und wenn nötig auch repariert, so daß ich mir heute eine gewisse Erfahrung zuschreibe.
Nun las ich während der Jahre immer wieder Lobeshymnen über Marantz, vor allem die Älteren.
Vor einigen Monaten ergab sich dann - eher zufällig - eine günstige Gelegenheit, einen Marantz 2270 für 200€ zu bekommen. Skeptisch war ich nach wie vor, aber ich wollte die "Marantz Frage" für mich klären, d.h. was ist dran an den Teilen und sind die alten wirklich besser als die etwas Neueren ?
Einige Tage später kam das Packet also an, ca. 18kg schwer, aber gefühlt mindestens 30kg. Dementsprechend vermutete ich Maße von mindestens 50cm Breite und 20cm Höhe. Beim Auspacken dann die erste "Ernüchterung". Der 2270 hat die üblichen "Standardmaße", also ca. 44 cm breit und 14cm hoch. Ist also vglw. klein für seine Klasse (immerhin 70W an 8Ohm, was sicher über 100W an 4Ohm sein dürften) - wobei das ja nichts zu bedeuten hat.
Über Optik kann man sich streiten, deswegen sei sie hier auch nicht weiter erwähnt.
Nur soviel: Mein 2270 kam ohne Holgehäuse. Die Frontplatte steht dann über das Blechgehäuse vor, was für mich aussieht wie bei einem Meßgeräteeinschub.
Ich empfinde das als nicht stimmig und kann nur vermuten, daß Marantz das Holzgehäuse als (optisches) Maß der Dinge angesehen hat. Darin aufgehoben, macht er sicher eine bessere Figur, aber ohne steht er irgendwie nackig rum. Daß der Blechdeckel mit Holz-(Immitat)-Folie überzogen ist, ändert daran leider auch nichts mehr.
Das "Gyro-Wheel" kennt man ja als stilistisches Element der Marantz. Es ist sicher einzigartig und muß wohl vom Designaspekt her gesehen werden, wobei ich vom ergonomischen Standpunkt aus der Meinung bin, daß der "ordinäre" Drehknopf besser zu bedienen ist, als die Daumenfummelei am Wheel.
Klasse gemacht ist die Prägung der Frontplattenbeschriftung, in der die schwarze Farbe vertieft sitzt. Da kann man mal so richtig "rubbeln" ohne daß was an der Beschriftung abgeht. Das ist für die Ewigkeit.
Weiter also in der Begutachtung. Das Gerät war zwar dreckig, aber sonst in wirklich gutem Zustand. Einigermaßen blaß wurde ich bei genauer Betrachtung der Frontplatte. Da hatten sich, hinter den Knöpfen, Ringe in die Platte geschliffen. Diese rühren daher, daß die Knöpfe auf der Frontplatte beim Drehen geschliffen haben.
Zunächst dachte ich, daß das Gehäuse verzogen sei und sich die Front deswegen nach außen gewölbt hätte. Nach Demontage kam ich aber zur Schlußfolgerung, daß dem nicht so ist. Die Konstrukteure haben die Frontplatte - so scheint es - einfach 1mm zu weit vorne plaziert. Steckt man die Knöpfe auf die Achsen, dann ist nicht die Achse im Inneren des Knopfs, sondern die Frontplatte der Anschlag. Daß die Frontplatte da verkratzt muß einen also nicht wundern. Das ist eines Geräts dieser (Neupreis-) Klasse nicht würdig. Zudem bestehen die Knöpfe aus vglw. dünnem Alu. Ok, das haben fast alle so gemacht, aber auch bei einem ungleich billigeren Akai AA-9xx findet man Vollaluknöpfe. Der eine oder andere (deutlich billigere) Receiver hatte da zudem (als Kratzschutz) Filzscheibchen unterlegt.
Alle Potis machten beim Wackeln daran den Eindruck, als seien sie nicht mehr richtig festgeschraubt. Es stellte sich dann aber schnell heraus, daß dem nicht so ist, sondern die Potis in den Achshülsen Spiel haben. Das mag ein Effekt der Zeit sein, macht aber die Haptik nun zum Erlebnis der "klapprigen" Art.
Zur Reinigung mußte der Deckel dann irgendwann runter, der übrigens deutlich in der Mitte eingedellt war.
Bei dieser Gelegenheit wurde der nächste Schwachpunkt offenbar. Der Deckel wird nur an einigen Stellen vom Chassis gestützt und ist zudem vglw. dünn.
Als Basis, zum Draufstellen weiterer Geräte ist das nicht geeignet. Die Füße von darauf gestellten Geräten dellen den Deckel zwar nicht ein, aber die Mitte des Blechs biegt sich so im Laufe der Zeit nach innen. Zudem scheint mir das Blech zu weich zu sein, es federt also nicht wieder zurück. Das hat natürlich Vorteile, nämlich dann, wenn man das Blech wieder gerade richten muß. Nichts desto trotz setzt der 2270 hier seinen mangelhaften Gehäuseaufbau fort und deutet mir einmal mehr an, daß er eigentlich in ein Holzgehäuse hätte wollen. Im Vergleich hat der Toshiba 7100, bei deutlich größeren Außenabmessungen (!) einen Deckel, der auch einen weiteren 20kg Receiver darüber klaglos aushällt.
Im Inneren wird nun klar, wieso der 2270 so "klein" daher kommen kann. Die einzelnen Baugruppen sind sehr kompakt und platzsparend untergebracht. Das reduziert die Außenabmessungen, macht aber den Service nicht einfach, wie sich noch herausstellen sollte. Beim Innenaufbau spielt der 2270 nun erstmals Pluspunkte ein. Zur Schaltungstechnik kann ich zwar nichts sagen, aber der mechanische Innenaufbau ist panzerschrankartig. Dicke Platinen, vielfach geschraubt, zig Stütz- und Abdeckbleche.
Ein dickes Lob verbucht er bei der Klemmleiste für die Stromversorgung. Ok, andere hatten da einen von außen zugänglichen Umschalter, aber dafür, daß dieser wohl einmalig im Leben eingestellt wird ? Beim 2270 - und ich meine das hatten alle Marantz - geht die Einstellung auf die Versorgungsspannung an einer Klemmleiste. Je nach Eingangsspannung (110V, 120V, 220V, 240V etc.) muß hier unterschiedlich angeklemmt werden. Da hatte man sich damals schon die diversen länderspezifischen Varianten gespart. Nachteil ist natürlich, daß man das Gerät erst mal öffen muß, ein SM bzgl. der richtigen Belegung braucht, um festzustellen, ob die korrekte Spannung "geklemmt" wurde.
Einziger Defekt in meinem Gerät, waren gebrochene Lautsprecherklemmen. Da mußten also Neue rein, die mir Armin paßgenau liefern konnte. Bei den originalen Marantz-Klemmen war innen wohl die Feder gebrochen, was dazu führt, daß das Klemmhebelchen nach unten klappt. Wenn das bei der "+"-Klemme passiert, dann birgt das das latente Risiko eines satten Endstufenkurzschluß gegen Gehäusemasse. Gott sei Dank fiel mir das vor dem Einschalten auf. Bei dieser Tauschaktion wurde dann der kompakte Aufbau zum Bumerang. Ohne die Rückwand demontieren zu wollen - da hängen alle Buchsen etc. mit dran - sind die LS-Terminals nur mit irren Verrenkungen und mittelprächtiger Gewalt nach innen raus zu bekommen. Zudem sind die Kabel längenmäßig äußerst knapp, also blos nichts abzwicken.
Da wir gerade bei Kabeln sind. Die verlaufen durch etliche Durchführungen um zig Ecken durch die Chassisbleche. Erneuern wollte ich da nicht unbedingt.
Aufgefallen ist mir dabei aber noch, daß Netz- und sonstige Kabel an einigen Stellen zwischen den Blechen eingeklemmt waren, u.A. am Bodenblech. Da lastet dann das ganze Gewicht des Geräts drauf und drückt auf das Kabel. Keine Ahnung ob das ab Werk schon so war (das wäre beschämend) oder ob das so von einem Reparateur hinterlassen wurde.
Außer einer Generalreinigung, checken des Tuner- und Verstärkerteils (da war aber alles iO) fehlte dem 2270 sonst nichts und er konnte demnach nach nur 2 Abenden Instandhaltung an meine beiden Quart 390 Boxen. An denen war zuvor der Sanyo JCX-2900 dran, gefolgt vom Toshiba 7100.
Mit 100%-igen Hörvergleichstests habe ich es nicht so, das mögt Ihr mir bitte nachsehen. Habe das bisher auch mehr "spontan" gemacht. D.h. ein Receiver mag mich entweder begeistern, oder er tut es eben nicht. Der Marantz fiel mir hierbei in keiner Weise besonders auf. Um das mal klar zu sagen: Der 2270 hat einen tollen Klang, ist dabei aber keinen Deut besser oder schlechter wie vor genannte Geräte. Gespannt war ich vor allem auf den berühmten "warmen" Klang. Unter der Voraussetzung, daß alle Klangregler auf Mitte stehen, kann ich davon nicht wirklich was vernehmen. Ich habe da etliche Male die Receiver durchgewechselt, immer auf der Suche nach "da muß doch was sein". Zuletzt meine ich, daß der 2270 vlt. doch einen Tick (aber wirklich nur ein Bischen) "brummeliger" war. Das meine ich nun nicht abwertend, sondern beschreibt das Attribut "warm" in anderer Weise und störend empfand ich das nicht, zumal ich mir nicht sicher bin, ob ich mir diese "Wärme" nicht vlt. doch eingebildet habe, vor lauter "es muß doch wärmer klingen".
Der 2270 wird üblicherweise - was ich so beobachtet habe - so zwischen 280€ bis 400€ gehandelt.
Fazit für mich ist die Bestätigung dessen, was ich vorher schon vermutet hatte:
Die Marantze (ich spreche da eben nun von 2265B und 2270) sind ganz gewöhnliche Receiver. Sie haben genauso ihre Schwächen wie alle anderen Hersteller auch. Konstruktiv habe ich schon deutlich besseres gesehen und durch ihren Klang heben sie sich nicht exorbitant hervor. Dafür im Mittel ab ca. 300€ hinzublättern ist m.M.n. nicht mehr real, außer man steht eben auf die Optik. Wenn ich bdenke, daß ich für meinen Toshiba 7100 auch nur knapp über 200€ gelatzt habe und den Sanyo für rund 150€ bekam, dann ...
Das Ende vom Lied ist - wir denken's uns - daß ich den 2270 wieder auf's Floß geschnallt und schwimmen gelassen habe.
Hat nun sicher einen Fan gefunden, den er glücklich macht.
Hier auch noch ein paar Impressionen:
In diesem Sinne: Good bye und Adieu....