Moin, moin,
nachdem mich vor über einem Jahr eine Kurzvorstellung in einer alten Audio-Ausgabe neugierig gemacht hatte, habe ich nun einen ergattert: Der
Körting TA-220 ist da.
(http://mb.abovenet.de/forum2/bildupload/KoertingTA220_04k.JPG)
Das Gerät im Blick blättere ich im zehnten HiFi-Jahrbuch von 1980 und stelle fest, daß es damals kaum einen moderner anmutenden Receiver gegeben zu haben scheint. Und das nicht nur formal: Mit Ausstattungsmerkmalen, wie dem schon vom Verstärker
A-100 bekannten ,,Duo-Selector" ist der
TA220 zweifellos etwas ganz besonderes. Und dabei ist der Körting anscheinend auch einer der letzten Empfänger-Verstärker aus dem ehemaligen Receiver-Land Deutschland. Grundig baute seine 100mm-Receiver seit 1979 in Portugal. Dual, Wega, Saba, Metz, Loewe, ITT, Nordmende, Siemens, Blaupunkt, BASF und andere verkauften Japanische Technik und nur Schneider, Kirksaeter, Braun und manchmal Telefunken schienen noch hierzulande zu fertigen. Und eben Körting.
Nach dem Ende der Ära Neckermann und der OEM-Fertigung wagten die Grassauer Ende der Siebziger Jahre unter slowenischer Führung mit der modernen Mini-Serie
80x90 einen Neustart. Ab 1979 kam die verbesserte
100, bestehend aus Vollverstärker, Tuner und Kassettendeck (
A-100, T-100 und
C-100) heraus. Zum Modelljahr 1980 folgten
T-101 und die Versionen
102, in der der Vollverstärker einer Kombination aus Equalizer-Vorverstärker (
PE-102) bzw. fernbedienbarem Preceiver (
PR-102) und Endstufe (
PA-102) weichen musste und der Tuner (
T-102) nun ein vollwertiger Synthesizer Empfänger zu sein scheint.
Der Receiver
TA-220 scheint eine Synthese aus
T-102 und
A-100 zu sein. Ihm zur Seite stellten die Grassauer das Tapedeck
C 220, das weitgehend dem
C-102 zu entsprechen scheint.
Der
TA220 ist ein formal außerordentlich modernes, äußerlich klar gegliedertes Gerät, das genauso auf die gewohnte analoge Skala, wie auf mechanische Abstimmung verzichtet. Für die Signalisierung der durch Tipptasten eingestellten Funktionen sorgt gleich eine ganze LED-Armada; darunter auch alphanumerische Siebensegment-Anzeigen für Frequenz, Kanal und Speichernummer.
(http://mb.abovenet.de/forum2/bildupload/KoertingTA220_01k.JPG)
Der Synthesizer Tuner wird über einen Sendersuchlauf automatisch oder Tipptasten manuell abgestimmt. Nach einem Tastendruck auf ,,Start" durchsucht die Automatik den Frequenzbereich aufwärts, bis die Antennenspannung die Mutingschwelle übersteigt. Dann verharrt das System für fünf Sekunden und wartet auf Befehle. Wird die Stop-Taste gedrückt, verbleibt der Tuner beim gefundenen Sender, ansonsten durchsucht er den Frequenzbereich weiter aufwärts. Soll der gefundene Sender auf einen der sechzehn gemischt nutzbaren, nicht flüchtigen Festsender-Speicherplätze programmiert, müssen dafür beide ,,Store" Tasten auf einmal gedrückt werden. Mit dieser quasi Sicherheitsabfrage wollten die Entwickler ein versehentliches Überschreiben der gespeicherten Sender verhindern.
(http://mb.abovenet.de/forum2/bildupload/KoertingTA220_06k.JPG)
Antennenspannung und Ratiomitte signalisiert der Körting durch jeweils eine Kette aus fünf LEDs; die Feldstärke senkrecht, die Mittenanzeige waagerecht. Als Stereo-Indikator reicht eine LED. Das auf UKW-Kanalanzeige umschaltbare fünfstellige Frequenzdisplay arbeitet mit einer Schrittweite von 50kHz.
(http://mb.abovenet.de/forum2/bildupload/KoertingTA220_05k.JPG)
Eine Besonderheit ist die Charakteristik der AFC-Funktion, die angeblich als echte Nachführung über den gesamten Frequenzbereich arbeiten soll, wobei jedoch die Frequenzanzeige keinen Aufschluß über das Treiben der Abstimmautomatik gibt. In einem Test des kleineren Midi-Tuners
T-101 durch die HiFi-Stereophonie wurde bemängelt, daß Körtings AFC dazu führen könne, daß sich das System automatisch einen benachbarten stärkeren Sender suchen könne, ohne daß die Anzeige darüber Aukunft gäbe, auf welche Frequenz das Gerät nun tatsächlich abgestimmt sei. Ob dies auch beim Synthesizer-Tuner
102 bzw.
220 der Fall ist, ist mir noch nicht aufgefallen.
Die Endstufe arbeitet mit Hilfe von Philips-Transistoren ganz konservativ. Ansonsten ist auch der Verstärker mit ICs geradezu vollgestopft. Notwendig wird der hohe Integrationsgrad vor allem durch ein außerordentliches Detail des
TA220, das auch schon in den Midi-Verstärkern von Körting Einzug gehalten hatte: Der Duo-Selector!
Der Duo-Selector besteht aus zwei Drehschaltern mit jeweils vier Raststellungen für die Quell-Wahl und einer Tipptaste, die für die Umschaltung der Funktionsebene der Wahlschalter zuständig ist. Denn jeder der Wahlschalter kann sowohl als Wiedergabe-, wie auch als Aufnahmewahlschalter dienen. Der Clou liegt in der Kombination. Wenn auch nicht ganz leicht zu ergründen, wie auch schon die HiFi-Stereophonie im Test des
A-100 feststellte: ,,
...die richtige Programmwahl mit dem Duo-Selector-Schalter und den beiden Drehschaltern Function und Monitor ist eine reichlich komplizierte und undurchsichtige Angelegenheit, die dem Laien auch nach mehrmaligem Lesen der (...) Bedienungsanleitung nicht ganz klar werden dürfte."
(http://mb.abovenet.de/forum2/bildupload/KoertingTA220_07k.JPG)
Vereinfacht gesagt besteht der Duo-Selector aus zwei Quellwahlschaltern, mit denen getrennt voneinander die Aufnahmequellen für die beiden angeschlossenen Bandgeräte gewählt werden können. Der Schalter ,,Function" ist dem Anschluß Tape1, der Schalter ,,Monitor" dem Ausgang Tape2 bzw. Aux fest zugeordnet. Mit Hilfe der Tipptaste Duo-Selector wird die eine oder andere gewählte Quelle zusätzlich an die Endstufe geroutet, so daß das Signal abgehört werden kann. Wenn nun aber nur ein Gerät zur Aufnahme benutzt wird, so kann der ,,freie" andere Quellwahlschalter für die Aufnahmekontrolle eingesetzt werden, indem er auf den aktiven Recorder als Quelle geschaltet wird. Natürlich ist auf diesem Wege auch das Überspielen von einem Bandgerät zum andern in beliebiger Richtung möglich. Die jeweils aktuelle Quelle wird übrigens für beide Schalter getrennt per LED angezeigt. Zudem wird mit den Drehschaltern der Tunerteil des receiver an- bzw. ausgeschaltet: Wenn nicht mindestens einer der Schalter auf der Rastung ,,Tuner" steht, ist der deaktiviert.
Der Körting kann mit maximal vier Quellen betrieben werden: Der Radio-Empfänger ist schon eingebaut; dazu kommen ein Plattenspieler-Eingang (MM) und zwei kombinierte Aufnahme-/Wiedergabe-Anschlüsse
Anscheinend gibt es den Körting übrigens in zwei Generationen. Die erste Ausführung bezeichnet den Anschluß Tape2 – analog zum Vollverstärker
A100 - noch als ,,Aux".
Alle Anschlüsse des
TA220 sind für DIN-Stecker ausgeführt. Natürlich auch der Kopfhörer-Ausgang (Würfel) und die Buchsen für die maximal vier Lautsprecher, die in zwei Gruppen (A, B, A+B, aus) geschaltet werden können. Neben den üblichen Höhen- und Tiefenreglern verfügt der Körting über einen Balance-Regler, der im herausgezogenen Zustand in den Mono-Betrieb schaltet. Auch der Lautstärkeregler hat zwei Funktionsebenen, für die lineare und die gehörrichtige (Loudness) Pegel-Einstellung.
Die Verarbeitung des Körting ist souverän, macht einen soliden, durchdachten Eindruck, auch wenn z.B. der Lautstärke-Pegelregler vielleicht hätte etwas abgesetzt sein können.
Etwas eigenwillig und sicher nicht ideal gelöst ist die Anschlußphilosophie. Nichts gegen DIN-Buchsen, doch für die Hinterbandkontrolle hätte dem Körting zumindest jeweils eine eigene Buchse gut zu Gesicht gestanden, zumal manch Bandgerät den Wiedergabezweig der DIN-Buchse bei aktiver Aufnahme automatisch abschaltet. Trotz 3-Kopf-Auslegung eines Recorders gibt's dann keine Hinterbandkontrolle mehr am Körting bzw. es kann nur ein Aufnahmegerät angeschlossen werden, weil Tape2/Aux als Monitor-Eingang dienen muß. Auch das Fehlen von Höhen-, zumindest jedoch Rumpelfilter ist angesichts des Plattenspieler-Einganges eher ärgerlich. Ebenso stünde ihm ein MPX-Filter und ein weiterer Hochpegeleingang gut zu Gesicht.
Die AFC-Problematik habe ich ausführlich geschildert. Die Schrittweite der Frequenzanzeige ist sicher nicht optimal. Zumindest beim analogen
T101 spreche die Signalstärkeanzeige im genannten Test bei zu niedrigen Spannungen an (voller Ausschlag bei 250µV), so daß die Anzeige zu früh nicht mehr differenziert. Allerdings konnte ich bei meinem Gerät feststellen, daß Ortssender mit dem
TA220 schon mit einem Antennenkabel (ohne Antenne) gut und rauschfrei empfangen werden können. Letztlich eine Frage der individuellen Abstimmung. Und die kann man ja auch ändern.
Etwas ärgerlich ist die Schaltfolge des Lautsprecherwahl-Schalters. Logisch wäre: Aus – A – A+B – B. Realisiert wurde: Aus – A+B – B – A, so daß von ,,aus" zu ,,A" immer durch die gesamte Kulisse geschaltet werden muß. Das ist insofern ärgerlich, weil bei jeder Rastung sofort das Relais anzieht.
(http://mb.abovenet.de/forum2/bildupload/KoertingTA220_02k.JPG)
AM / FM Synthesizer Receiver
Körting TA-220Allgemeines:
Maße: 420 x 106 x 280 mm
Preisempfehlung: DM 1.338 (HiFi-Jahrbuch 10) bzw. DM 1.350 (Audio 12/79)
Empfangsteil
Spannungssynthesizer
3 Wellenbereiche (UKW 87,5-108 MHz, MW 510-1630kHz und LW 145-350kHz)
16 elektronische, nichtflüchtige Stationsspeicher, gemischt belegbar
Digitale Frequenz-/Kanal- und Speicherplatz-Anzeige
Anzeigen für Feldstärke und Ratiomitte mit jeweils fünf LED
75 Ohm Koax-Eingang für die UKW-Antenne
AFC mit Nachstimmung über den gesamten UKW-Frequenzbereich
Stereo-/Mono-Betrieb umschaltbar (UKW)
Muting (UKW)
Eingangsempfindlichkeit, Signal-Rauschspannungsabstand (an 75 Ohm): 26dB: 1µV / 30 dB: 1,4µV (mono) bzw. 46 dB: 20µV (stereo)
Begrenzereinsatz: 0,8µV (-3dB)
Übertragungsbereich: 40 Hz bis 12,5 kHz (-3dB)
Klirrgrad: 0,15%
Signal-Rauschspannungsabstand (mono/stereo): 65 dB / 60 dB
Übersprechungsdämpfung: 40 dB
Pilottondämpfung: 56 dB
Trennschärfe: 70 dB (+/- 300Hz)
ZF-Dämpfung: 90 dB
Spiegelfrequenzdämpfung: 70 dB
Gleichwellenselektion: 1,5 dB
ZF-Bandbreite: 150 kHz
Verstärkerteil
Eingänge (DIN): Phono MM (2mV / 47kOhm), Tape 1 (200mV / 470kOhm) und Tape 2 (500mV / 100kOhm)
Ausgänge: Zwei LS Gruppen (DIN, gruppenweise schaltbar) 16 Ohm Kopfhörer (DIN) 8-2000 Ohm, Bandaufnahme (DIN): 1,5mV / kOhm
Phonoentzerrung: RIAA +/- 1,5dB
Sinusleistung: 2x 60 Watt an 4 Ohm, Musikleistung 2x 95 Watt an 4 Ohm
Frequenzgang über alles: 12 Hz bis 50kHz +/- 3dB
Leistungsbandbreite: 10 Hz bis 70kHz
Fremspannungsabstand bei Vollaussteuerung (Phono/Tape): 70 dB / 90 dB
Fremdspannungsabstand bezogen auf 2x 50mW (Phono/Tape): 62 dB / 62 dB
Klangregelung: Bässe bei 100 Hz +/- 12dB, Höhen bei 10kHz +/- 10dB
Gehörrichtige Lautstärkekorrektur: Abschaltbar, durch Doppelfunktions-Pegelregler
Mono-Betrieb durch Doppelfunktions-Balance-Regler
Hinterbandkontrolle
Record-Selector, getrennte Aufnahme zweier unterschiedlicher Quellen möglich
Schutzschaltungen: Elektronisch: Überlast; thermisch Offset
Quelle: HiFi-Jahrbuch 10 (G. Braun c1980)
Alles in Allem kann man sagen: Der Körting ist ein sehr interessantes Gerät. Seine Seltenheit und die eigenwilligen Lösungen machen ihn zu einem faszinierenden Sammlerstück. Wen interessiert da schon, daß er kein ,,Monsterreceiver" ist, keine 100 Watt pro Kanal bietet und nicht aus Japan stammt. Man muß ja nicht jedem Trend hinterher laufen.
Übrigens war der
220 zusammen mit der Midi-Serie
103 das letzte eigene Produkt aus Grassau. Die Serie
104 stammte schon von Toshiba und die
300er waren eher einfache Dutzendwaren-Asiaten. Das Grassauer Werk wurde von Gorenje 1983 für immer geschlossen.
Tschüß, Matthias
Matthias, sehr kurzweilig - gewohnt informativ. Macht Appetit auf einen Körting. Mehr davon (zu anderen Geräten). Chapeau!! :drinks: :drinks: :drinks: :drinks:
Ach ja: Danke .,d040
Gleich zweimal Chapeau. War nicht abgesprochen. :_hi_hi_:
Absolut - und so schnell verfalle ich nicht in Lobhudelei. Eine gelungene Komposition. :_good_: :_good_:
Danke für den Thread. Angenehm zu lesen und schön ausführlich.
gefällt mir auch. Merci :drinks:
Toller Bericht, sehr informativ! Einzig vermisse ich (auch wenn es immer etwas subjektiv ist) ein paar Klangeindrücke.
Kannst Du bitte mal ein Foto von den KEF hier reinpflanzen? Die kenne ich gar nicht...
Hallo , ich greife dieses Thema mal wieder auf. Ich habe dieses Gerät schon recht lange, lief ohne Probleme. Obwohl vielleich gehört das hier nicht her, dann bitte nach "Hilfe" verschieben.
Allerdings hat man hier gleich eine gute Vorstellung vom Gerät.
Nun zum Problem. Die Digitalanzeige vom Tuner schaltet sich nicht immer an. Nach reinigen der Kontakte tw. besser. Allerdings scheint sich das Display über ein Relais auf der Netzteilplatine einschalten. Diese habe ich schon vor längerer Zeit mal gereinigt, da war ich der Meinung die schalten die LS Ausgänge. Vielleicht gibt des da ja noch ein Relais das ich damals nicht bemerkt habe.
Hat jemand einen Schaltplan für dieses Gerät? Unter HIFI Engine ist nichts.
Gruss
Rainer