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CARAD ist CARPENTIER aus Belgien

Begonnen von hanns-d.pizonka, Sonntag, 12.November.2006 | 21:26:15 Uhr

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Udo

Wegen dem liegenden Tuningrad? Das ist aber schon alles, was da an Marantz erinnert. Ich finde das Design schon sehr eigenwillig, aber keineswegs hässlich.

Erich

Beginne den Tag mit einem Lächeln und behalte es den ganzen Tag bei

Lächeln ist die netteste Art den Leuten die Zähne zu zeigen

wattkieker

Gratuliere Matthias, das sind die Geräte, die ich mag  :drinks:


aquarius64

#43
Hallo,

Ich habe eine Carad R62PA in perfeken zustand zu verkaufen,
alles funktioniert einwandfrei, bilder folgen.

Wenn ich hier ein gutes angebot bekomme geht er nicht auf ebay, ich habe das gerat lieber beim sammler oder liebhaber.

MfG

Koen


Du hast doch gerade eben diese Regeln bei Eintritt in dieses Forum akzeptiert.....

Zitat
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Eure
.,73 Forenmannschaft .,73

was soll also dieses Posting?
Wir sperren aus diesem Grund die PN-Funktion bei Dir!

Admin und Forenbetreiber
Jürgen Heiliger

Matthias M

#44
Moin, moin,

ich habe mich mal wieder nicht zurückhalten können. Beschwert Euch bei Peter und Hanns-D.!

Die Geschichte von Carad lüftet sich ein wenig. Oder nicht? Umso mehr man erfährt, desto mehr Fragen stellen sich. Zumindest habt Ihr hier, für die nächsten fünf Minuten Gültigkeit, die umfangreichste Informationssammlung zum Thema Carad im Umkreis von 250 Metern herum um eine Kuh in Hamburg (Neuwerk).

Carad, das war die Marke des um 1905 geborenen Dipl.-Ing. Gabriel Louis Carpentier, Sproß einer in der Flachs-Industrie tätigen Familie. Carpentier gründete um 1925 die Etablissement G.L. Carpentier N.V. (Etabl. G.L. Carpentier S.A.) in Kuurne (Cuerne / Courtral), West Flandern, in Belgien und begann die Produktion von elektromechanischen Bauelementen für die belgische Radioindustrie. Bereits um 1939 fing er mit dem A525AF die Herstellung von eigenen Radiogeräten an.
Das Werk in Kuurne wurde im Mai 1940 zerstört, später wieder aufgebaut, so daß ab 1946 wieder eigene Radiogeräte hergestellt werden konnten. Schalter, Relais und Dreh-Kondensatoren erschienen unter dem Markenamen GLC (Gabriel Louis Carpentier), Spulen und Transformatoren als CarTran (Carpentier Transfomateurs), sowie Radiogeräte mit dem Namen CaRad (Carpentier Radio). Ab 1954 baute Carpentier dann auch Fernseh-Empfänger der Marke Carad, deren Entwicklung schon 1948 begonnen worden war. Immer wieder tauchen schon zur Röhrenzeit zum Beispiel Bauelemente von Cartran, und auch ganze Carad-Chassis, in Geräten anderer Hersteller auf (z.B. bei Klangfunk, Socora, GRS).

Die Produktpalette in der Audio-Sparte von Carad bestand aus Radiogeräten und Radiotruhen hohen Anspruchs. Bereits in der ersten Hälfte der Fünfziger Jahre, eine Quelle nennt sogar konkret 1950, erschien ein erstes Tonbandgerät EMR32PA. Es zeigt bereits typische Eigenschaften späterer Carad-Geräte, so den Koffer mit dem über dem Tapedeck angeordneten Cartran-Netzteil. Das Tapedeck des EMR32PA war jedoch noch keine eigene Konstruktion, soll auf das Sound Mirror BK416 der Brush Development Company aus Ohio / USA zurück gehen.

Ende 1954 kam schließlich mit dem Professional R62PA die erste eigene Bandmaschiene von Carad heraus. Unverwechselbares Zeichen eines originalen Carad ist die verstellbare Achslage der Wickelteller (schaut mal im hier: http://forum2.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=3697); die lassen sich auseinander schieben, so daß die Maschinen auch große Spulen aufnehmen können. Eine zweite Version sei 1958 auf Wunsch des belgischen Radios, mit Relais-gesteuerten Bremsen und Bandzählwerk, modifiziert worden. Das Gerät war samt Koffer gemäß der Preisliste von 1958 für 17.850 belgische France zu haben gewesen. In jenem Jahr gab es bereits drei Mischpulte, Mikrofone, eine Fernbedienung und ein Fußschalter im Zubehörprogramm. Eine dritte Version der R62PA mit magischem Auge (EM84), anstatt magischem Band, und zwei Geschwindigkeiten (9,5/19 oder 19/38 cm/s) gab es von 1961-63. Quellen sprechen sogar von einer Transistor-Version R66, die im Jahre 1966 erhältlich gewesen sein soll.

Die Bandmaschinen genügten Kleinstudio-Ansprüchen, waren sehr solide konstruiert und verarbeitet. Auf ähnlichem Niveau waren auch die Verstärker und Radioempfänger von Carad einzuordnen. Sie gehörten, schon lange vor der Veröffentlichung einer DIN-Norm in Deutschland und der damit einhergehenden Verbreitung der Idee von High Fidelity in einem breitem Publikum, zu den hochwertigsten Audio-Komponenten, die es in Europa zu kaufen gab.
Carad baute AM- und FM-Tuner, Vollverstärker, Vorverstärker und Endstufen, in mono und bald auch in stereo. Selbst Lautsprecherboxen mit Kelly-Bändchen-Hochtöner (Decca) und Goodmans-Tieftöner sollen im Programm gewesen sein.

Ich neige dazu, Änderungen im Programm und im Management einer Firma miteinander in Verbindung zu bringen. Etwa ab 1966 erschienen erste Transistor-Geräte der Marke Carad. Es heißt, in den Sechziger Jahren beerbte Jacques Gabriel Carpentier, der Sohn des Firmengründers, seinen Vater in der Unternehmensleitung.
Ob damit in Zusammenhang, oder nicht: Der ehemalige Carad-Entwicklungs-Ingenieur Baert trennte sich im Streit und gründete in Kortrijk die Firma Artec Electronics (Audio, Radio, Television and Electronic Constructions), in der eine Reihe von Röhren- und Transistorverstärker und -Tuner, aber auch Bandmaschinen und Beschallungsanlagen entstanden. Angeblich hat Artec teilweise bei Carad Chassis zugekauft, und Vorprodukte, zum Beispiel Module von Görler, zusammen mit Carad beschafft um somit auf günstigere Einkaufspreise zu kommen.
Die Marke Artec gibt es übrigens heute noch. Die Eigentümerin Baert P.V.B.A., Entwickler und Hersteller von Lernsystemen, digitalen und Multimedia-Sprachlaboren, wurde 1989 von der belgischen Televic-Group übernommen.

Zweifellos ist Carad einer der frühen europäischen HiFi-Hersteller gewesen. Im Vergleich zur Konkurrenz vielleicht einer der Marken mit dem höchstwertigsten Geräten überhaupt. Dabei scheint, neben dem Tapedeck, die Basis des Programms der Verstärker mit 12 Watt (RMS) Ausgangsleistung, EL84-Ausstattung und speziellem Cartran Ausgangsübertrager gewesen zu sein. Entsprechend wird die Leistung des Mono-Verstärkers PAS29 mit 12 Watt, der Stereo-Endstufe AAS26 mit 2x 12 Watt, und selbst die der Röhren-Endstufen in den Bandgeräten mit 12 Watt angegeben.
Charakteristikum der Carad war dabei immer die recht hohe Fertigungstiefe, die die Zulieferung durch die hauseigene Bauelemente-Produktion möglich machte.
Charakteristikum der Carad-Geräte war die umfangreiche Handarbeit in der Produktion, die sich auch durch die weitgehend freie Verkabelung im Innern der Röhren-Geräte darstellt.
Charakteristikum der Carad ist auch die durchgehende Chassis-Konstruktion, die bis Ende der Sechziger Jahre beibehalten wurde. Eine Vierteldrehung an zwei Schlitzschrauben-Köpfen am Heck der Geräte und ein Carad-Bandgerät läßt sich aus seinem Koffer entnehmen; je eine Vierteldrehung an zwei Schlitzschrauben-Köpfen am Heck der Geräte und der U-förmige Gehäusedeckel läßt sich vom Chassis des Tuners oder Verstärkers abziehen.

Neben der eigenen Marke baute Carpentier seine HiFi-Geräte auch für die schweizer Thorens: Beispielsweise der 1250, 2000 und 2001 sind Belgier. Auch wird kolportiert, der Thorens FM4, baugleich ist ein Sennheiser EFM303, sei von Carad geliefert. Dafür habe ich jedoch keine Belege.
Bereits in den Sechziger Jahren hatte Carpentier jedenfalls die Distribution für Thorens-Plattenspieler für Benelux übernommen. In den eigenen Radiotruhen fanden sich, neben Dual- und Garrard-, vor allem Thorens-Plattenspieler.
Die "Radiogramm" genannte Anlage ProArte (1962) dürfte eine der höchstwertigsten "Musiktruhen" überhaupt am Markt gewesen sein. Sie bestand aus Vorstufe, Endstufe, Tuner, Bandmaschine und einem TD124, und erfreute sogar den Schah von Persien (Iran)
Möglich wurde die große Palette an Radiotruhen in unterschiedlichsten Bauformen durch die konsequente Chassis-Konstruktion der immer gleich großen Carad-Komponenten, die ohne Umbau in beliebiger Weise in Gehäuse oder Truhen eingebaut werden konnten.

Äußerliches Merkmal der ersten Generation von Carad HiFi-Geräten scheint der güldene Hammerschlag-Lack und die braunen, bauchigen Kunststoff-Regler. In der zweiten Serie der Röhrengeräte wurden die Gehäuse silbern und die Form der Drehknöpfe schlanker.
Mit den Transistor-Komponenten straffte Carpentier die Gestaltung der Frontplatten und Schaltelemente, ohne das generelle Design zu verändern. Die Fronten waren nun silbern und schwarz. Die Gehäusekonzeption und -Dimensionen blieben immer gleich. Die "originalen" Carad sind daher einwandfrei identifizierbar.

Auf die R62 war die R53 (1963) gefolgt, in der Transistor-Zeit dann die R59 (ab 1968), die noch immer die gleichen Konstruktionsmerkmale besaß, aus heutiger Sicht jedoch moderner daher kommt, in der Gestaltung ein wenig an britische Brenell Mk.VI erinnert, denn auch die R59 besteht offensichtlich aus getrenntem Deck und Unit, so daß ein Einbau in einer Truhe ganz einfach auch ohne Verstärker-Elektronik möglich war.

Für das Ende der Sechziger weiß eine Quelle von einer R68 zu berichten, einer Abart der R59, die als Sprachlabormaschine für Siemens und Telefunken gebaut worden sein soll. Unbestreitbar gibt es zu Beginn der Siebziger Jahre eine Siemens R70 und eine R78 (http://forum2.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=10546, http://forum2.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=10546), die mit Cartran-Relais ausgestattet war.
Bereits Ende der Sechziger Jahre hatte es Carad-Lautsprecherboxen mit Peerless- oder Decca Ribbon-Hochtönern, sowie Peerless- oder Wharfedale 15"-Tieftönern gegeben.

Ende der Sechziger Jahre dürfte Carpentier bereits arge wirtschaftliche Probleme gehabt haben; angeblich zeigte sich das schon an der einfacheren Ausführung der Schaltungen der Carad-Transistorgeräte gegenüber den Vorläufern mit Röhren. Quellen berichten von Zahlungsschwierigkeiten, die schließlich dazu geführt hatten, daß der britische Thorn-Konzern, bereits größter Rundfunk- und TV-Hersteller Großbritanniens, Carad übernehmen konnte. Das soll im Jahre 1970 oder 71 gewesen sein und wird anhand des dreizackigen Thorn-Logos vor der Markenbezeichnung auf den Prospekten deutlich.
Tatsache ist wohl, bereits 1974 war die wirtschaftliche Lage so schlecht, daß Thorn die Schließung von Carad beschoss. Im Bildarchiv der katholischen Universität Leuven findet sich ein Foto, das eine Werksbesetzung durch Demonstranten zeigt, die sicherlich nicht für besseres Kantinenessen protestiert hatten. Kurz darauf wurde Carad jedenfalls geschlossen.

Thorn, das war der Konzern des Österreichers Jules Thorn (geb. 1899, gest. 12.12.80). Der war 1928 nach England ausgewandert und war als studierter Betriebswirt einer der wenigen Unternehmer, der sich nicht aus der Konstrukteurs-Sicht heraus für die Lampen- und Radio-Industrie interessierte, sondern der ausschließlich aus ökonomischer Sichtweise arbeitete. So begann er auch nicht mit der Herstellung von Produkten, sondern mit Service für elektrisches Licht, sowie dem Import und der Vermietung von Radiogeräten, vergrößerte sein Unterenhmen schon 1932 durch Beteiligungen in der Metallindustrie. 1933 steig er mit Lotus Radio und Atlas Works (Lampen) in die eigene Fertigung ein, kaufte 1936 Ferguson Radio, Anfang der Fünfziger Jahre die Elektronik-Konstruktionsbüros Ecko-Ensign Design und Tricity Cookers. 1961 folgten Philco, Pilot, Ultra Radio & Television, His Masters Voice und Marconiphone, wodurch Thorn, 1964 zum Ritter geschlagen, zum größten Radio- und TV-Geräte-Hersteller im Königreich aufstieg, was er durch die Fusion mit der Leasing-Firma Robinson Radio Rentals ausbauen konnte. Zum Dekadenwechsel war Thorn der Welt größte TV-Geräte-Vermieter mit über 7,5 Millionen Leasing-Verträgen allein in Großbritannien. Parallel dazu baute Sir Jules sein Unternehem auch in anderen Sparten aus: 1967 erfolgten weitere Zukäufe in der Metallindustrie, dazu kamen KMT Holdings (1968), Parkinson Cowan (1971), Clarkson International Tools (1974) und Cleveland Twist Drill (1976).
Ein großer Coup gelang erst, nachdem Jules Thorn, dessen dominantes Auftreten das Geschäft bis dato verhindert gehabt haben sollte, 1979 in den Ruhestand gegangen war. Thorn kaufte für 165 Millionen Pfund die EMI.
Zwar verkaufte Thorn-EMI einige Betriebsfelder der defizitäten Tochter, doch verblieben zu viele miteinander konkurrierende Geschäftsfelder, zudem weitere Zukäufe (British Aerospace, INMOS, Mullard Equipment etc.) das Budget belasteten. Dies führte zu einer Neustrukturierung des Konzern ab 1985, und schließlich in den Neunziger Jahren zur Konzentration auf zwei zentrale Geschäftsfelder: TV-Leasing und Musik, die letztlich in zwei getrennten Unternehmen organisiert wurden. Im Verlauf der Reorganisation hat auch die Marke Carad die Thorn-EMI verlassen.

Der Erwerb des 400-Mitarbeiter-Unternehmens Carpentier war so unwichtig, daß er in der Thorn-Firmengeschichte nicht einmal erwähnt wird. Man kann vermuten, daß Carpentier für Thorn ein Kontakt zu den Sendeanstalten bedeutete, Carad darüberhinaus vor allem im wachsenden Farbfernsehsegment ein interessanter, weil eingeführter Name war. Immerhin besaß Carpentier ein funktionierendes Vertriebsnetz in ganz Benelux und hatte seine Bandgeräte immer schon an Sendestationen verkauft; über Siemens und Telefunken reichten die Verbindungen möglicherweise bis in die Bundesrepublik.
Auf Empfehlung der Wirtschaftsberater Boston Consulting Group arbeiteten die Tochtergesellschaften im Thorn-Konzern Anfang der Siebziger Jahre weitgehend selbstständig, wurden lediglich durch eine zentrale Management-Einheit koordiniert. Für den Rundfunk- und Fernsehbereich war das die British Radio Corporation, unter der die Rundfunk- und Fernseh-Beteiligungen zusammengefaßt waren. Ihre führende Marke war Ferguson, die jedoch auf dem Kontinent wenig bekannt gewesen ist. Auch ein Grund dafür, später zumindest den Namen Carad für die Kunden in Belgien, den Niederlanden und in Luxemburg zu erhalten.
Anfang der Siebziger Jahre sorgte die BRC wohl dafür, daß Carpentier nicht das Geld ausging. Dies jedoch auf Kosten anderer BRC-Töchter, was schließlich den Ausschlag für die Schließung von Carad Mitte der Siebziger Jahre gegeben haben wird.

Doch hat es vor dem Ende der Produktion in Kuurne noch eine Generation gegeben, die wohl die letzten Zuckungen des Traditionsunternehmens darstellt.
Diese Carad zeigen ein grundsätzlich anderes, konventionelleres Äußeres, als ihre Vorgänger, sind mit gedruckten Schaltungen, und zumindest zum Teil noch mit Cartran-Netzteilen ausgestattet.
Es scheint, im Jahr 1970 wurde diese neue Serie eingeführt. Zumindest zeigen Schaltungspläne solcher Modelle "1970" als älteste mir bekannte Datierung. Ein weiterer Schaltplan des gleichen Modells datiert 1974.

Ein Highlight war die als R73 (ab 1972) bekannte Bandmaschine, die ich bereits kurz vorgestellt hatte (http://forum2.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=3697). Ein weiteres Highlight war der als "Carad 2001" bekannte Receiver TPAS74, den es anscheinend (zumindest) in den genannten Modellvarianten von 1970 und 74, und den es auch als Thorens 1250 gegeben hatte.
Zudem hatte Carad auch wieder Einzelkomponenten verfügbar, die den späteren Trend zur "Slimline" vorweg nahmen. Es gab die 40mm hohen Flachmänner als Carad, als Thorens, und es gab zumindest Varianten unter dem Label MBLE des (wohl schon zum Philips-Konzern gehörenden) Beleuchtungs-Herstellers Manufacture Belge de Lampes Electriques.
So findet sich der angeblich auf dem Philips AP2150 basierende und mit Görler-Modulen bestückte Tuner T67 (Thorens 2001) als BBO864 und der mit BD130 angetriebene Verstärker PAS64 (Thorens 2000) als MBLE BBO863 wieder. MBLE war vor allem für die unter dem Namen Polykit bekannten Bausätze bekannt! Insofern ist auch der Receiver BBO862 interessant, hinter dem man ebenfalls eine Carad-Konstruktion zumindest vermuten könnte. Übrigens wird kolportiert, auch MBLE gehörte zu der Einkaufsgemeinschaft, die zum Beispiel bei Körting Görler-Bauteile bezog. Andersherum finden sich schon vorher MBLE-Bauelemente in Carad-Geräten.
Vermuten tue ich übrigens auch die Verwandschaft der Slimline-Komponenten mit dem Receiver 2001. Ob wohl der PAS64 und der Verstärkerteil des TPAS74 miteinander mehr als nur verwandt sind? Immerhin stecken in beiden die gleichen Transistoren.

Sicherlich nicht mehr aus belgischer Produktion stammen die HiFi-Komponenten mit dem Prefix "C" und einer einheitlichen Nummerierung in der Typenbezeichnung.
Ein Vergleich der Aufmachung der Thorn-Prospekte dieser Reihe C mit einem für die R73 deutet jedoch darauf hin, diese Anlagen waren keineswegs erst in den späten Siebziger Jahren aktuell. Man könnte nicht zuletzt aufgrund ihres Design vermuten, es könne sich um Ferguson-Komponenten handeln. Das trifft auch auf den Model 9000 genannten 8-Spur-Casseiver zu, den ich ebenfalls nicht exakt datieren kann, den radiomuseum.org, das allerdings in seinen Datierungen von Carad-Geräten gern mal daneben liegt, um 1974 einordnet.
Tatsächlich hat es 8-Spur Recorder "Made in England" gegeben! Aus dem Buch "Just for the record" über die Firma BSR kann man entnehmen, das zumindest BSR und Glenburn Engineering ca. ab 1972 eigene 8-Spur-Geräte bauten! Denkbar also, daß diese besonders kompakten Laufwerke auch in Carad-Geräten von Thorn landeten. Zwar war BSR keine Thorn-Tochter, doch bestanden definitiv Geschäftsbeziehungen, was an der Bestückung von Ferguson-Anlagen mit den Plattenwechslern des weltgrößten Plattenspieler-Herstellers ersichtlich wird. Überhaupt hat es immer wieder OEM-Produktionen eines britischen Herstellers für einen anderen gegeben, so zum Beispiel von Ferguson für Goodmans.

Und so ist es wohl kein Zufall, daß der Carad Plattenspieler C433 so aussieht, als hätte man einem BSR McDonald BDS80 das Typenschild abgekratzt und stattdessen eines von Carad aufgeklebt.
Und auch die Receiver der C-Serie, C403, C410 und C415, erinnern mich an Ferguson. Tauscht man das "C" vor der Nummerierung dieser Receiver gegen eine "3", so erhält man wie zufällig Serienbezeichnungen von Ferguson Steuergeräten aus dem Jahrgang 1972. Ein Schelm, der Böses dabei denkt... Der kuckt sich einfach die Bilder an (Wegavision).
Apropos Bilder: Lustig finde ich übrigens die angezogenen Transportsicherungen des Plattenspieler-Chassis auf dem Prospektbild der Kompaktanlage C451.

Im HiFi-Yearbook von 1976 ist der Name BRC verschwunden, taucht stattdessen Thorn Consumer Electronics als Eigentümer der diversen Marken des Konzerns auf. Es hat sich was verändert.
Mitte der Siebziger Jahre erschien mit dem AM-FM Stereo-Receiver 555 ein Carad, der offensichtlich aus japanischer Fertigung stammt. Teile-Bezeichnungen des Alps-Drehkondensators und der Ferrit-Antenne weisen auf ein Baujahr nicht vor 1976 hin, wenn ich die Ziffern denn richtig interpretiere. Da war zumindest das Carad-Werk bereits geschlossen. Keines der Bauteile entstammt bekannten Carad-Geräten. Nur die in drei waagerechte Bedienebenen unterteilte Front und die Bauweise der einzeln mit dem Chassis verschraubten Platinen erinnert in ihrer Gestaltung etwas an den Carad 2001.
In der zweiten Hälfte der Siebziger Jahre erschienen auch unter der Markenbezeichnung Ferguson plötzlich HiFi-Komponenten japanischer Herkunft (z.B. 3930 FTC http://new-hifi-classic.de/forum/index.php?topic=2118.0), die andernorts mit Sanyo (New HiFi-Classics) oder Technics (Audiokarma) in Verbindung gebracht werden.
Wann die Radioproduktion bei Ferguson endete ist mir nicht bekannt. Einige Quellen wissen aber von Carad-Komponenten aus koreanischer Produktion zu berichten. Welche?

Zweifellos gab es Carad-Fernsehgeräte aus der Ferguson-Fabrikation. Die Thorn Consumer Electronics hatte durch Ferguson in England Fernsehgeräte hergestellt, die dann wohl auch als Carad auf den Markt gekommen sein werden. Zunächst selbstständig, dann zunehmend mit Unterstützung von Thomson, die die Consumer Electronik-Sparte von Thorn in den Achtzigern schließlich übernahm und in ihre Abteilung Grande Public einverleibte, in der auch schon Saba, Nordmende oder Telefunken steckten (Dual konnte fliehen!) und die inzwischen nach China (TTE) fusioniert ist. Die britische TV-Geräteproduktion von Thomson endete 1992.

Die Marke "Carad" wechselte 1997 in das Eigentum der belgischen Einzelhandels-Gruppe Eldi Electro. Deren Gründer André Vermeeren war bis 1972 Manager der Handelskette "Friac Electro-Discount" gewesen, die sich vornehmlich mit "Weißer Ware" beschäftigt hatte. Carad Kühlschränke dürfte so erklärbar werden, denn auch Eldi verkauft, neben AV-Produkten, Haushaltselektronik.

Produkte (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
Bandgeräte:
EMR32PA (1950)
R62PA Mk.I (1955-57), Mk.II (58-60), Mk.III (61-63)
R53PA (1963)
[R66PA (1966, Transistor-Variante der R62 ?)]
R59PA (ab 1968)
R73 (ab 1972)

Plattenspieler
C433 (BSR)

Vorverstärker
PPC27, 27N, 27NB
MPPS65 (1970)

Endstufen
AAS26 und 26B
AAS140 (1970)

Mono-Verstärker
PAS29 und 29B

Vollverstärker
PAS64
AA59
MPAS30
MPAS60
PA555

Tuner
FM-T31
AM-TC32 und 32B
T51 und 51B
T61
T67

Receiver
TPAS74 / Carad 2001
C403, C410 und C415 (Ferguson)
Carad 555

Mischpult
MI19 - 2-Kanal
MI20 - 4-Kanal
EMI18 electronique - 4-kanal

Kompaktanlagen (Thorn)
C451 (Receiver + Plattenspieler)
Model 9000 (Receiver + 8-Spur-Tape)

Radiogeräte
A525AF
A526AF
A527F
A627AF
A737 (ca. 1955)
Sonate (1965)

was auch immer:
TPAS25
TPAS45

Die B-Typen (Suffix) sind alle im Prospekt von 1965 zu finden (Wegavision). Ob auch vorher/nachher wäre zu prüfen.

Quellen
http://wegavision.pytalhost.com/carad.html
http://home.scarlet.be/~on1aht/amp/Carad_PAS64_T67/Carad_PAS64_T67.htm
http://www.radiomuseum.org/dsp_hersteller_detail.cfm?company_id=6842
http://www.radiomuseum.org/dsp_hersteller_detail.cfm?company_id=4370
http://www.radiocollection.be/uk/carad_uk.html
http://limo.libis.be/primo_library/libweb/action/dlDisplay.do?vid=KUL_VU1&docId=LBS01000876846&fromSitemap=1&afterPDS=true
http://nl.wikipedia.org/wiki/Carad
http://www.gloeidraad.nl/radioforum/index.php?mode=thread&id=40784
http://www.worldlingo.com/ma/enwiki/nl/Carad
http://www.radiocollection.be/uk/MBLE1_uk.html
https://www.fundinguniverse.com/company-histories/Thorn-plc-Company-History.html
http://www.eldi.be/eldi_/page.asp?f=bedrijfsinfo.htm
http://home.scarlet.be/~on1aht/amp/Artec/Artec.htm
http://www.televic.com/en/history#2010-2000
http://www.edumatic.be/documents/information/news-items/televic-education.xml?lang=en

All meine Informationen stammen nur zum geringen Teil aus erster oder zweiter Hand. Primär- oder Sekundärquellen sind leider hierzulande kaum aufzutreiben und es scheint, die Berichterstattung zu Carad hat in Belgien noch nicht den Weg in die Online-Archive gefunden.
Daher vor allem Dank an Jacques, dessen Spuren ich (unfreiwillig aber nicht unwillig) im Internet gefolgt bin und der an verschiedenen Stellen Brotsamen, in Form von Schaltbildern und Prospekten, für mich zu verteilen scheint.
Ich will nicht behaupten meine Vorstellung sei korrekt. Immerhin scheint sie korrekter als die diversen Informationen, von denen ich bis vor ein paar Minuten überzeugt war, daß sie korrekt sind, und die ich dementsprechend selber im Netz verteilt habe. Erschreckend nur, wie weniger von Euch mich bislang korrigiert haben! Nun darf ich also editierend durch die virtuelle Welt ziehen und mich über Foren ärgern, in denen man nicht mehr editieren kann.

Übrigens habe ich einen ehemaligen Mitarbeiter von Carpentier aufgetrieben, zumindest seine virtuellen Spuren gefunden. Vielleicht gibt es ja bald Neuigkeiten aus erster Hand. Wenn er denn antwortet.

Tschüß, Matthias
"Den guten Tonabnehmer erkennt man daran, daß er bei einem Auflagegewicht von höchstens zehn Gramm auch bei stärksten Bässen nicht entgleist und nicht klirrt." (Fono Forum 3/53)