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Körting - Tradition, Neckermann und Gorenje

Begonnen von Matthias M, Montag, 17.März.2008 | 17:36:30 Uhr

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Matthias M

Moin, moin,

da ich mich anderweitig gerne immer mal wieder mit der Frage beschäftige: Wo kommt das denn nun wieder her?, möchte ich hier einen Thread über eine der heute noch bekannteren Mimikri-Firmen starten: Körting.

Gegründet vor über achtzig Jahren in Leipzig, seit 1925 über ein Tochterunternehmen (Dietz & Ritter) im Phono-Geschäft, seit 1932 Radio-Hersteller wurde Körting 1948 in Grassau (Bayern) neu gegründet.

Obwohl sich heute kaum noch jemand an Körting erinnert, war das Unternehmen nicht einfach nur jemand, der aus zugelieferten Teilen "eigene" Produkte zusammen schraubte: Körting entwickelte selber (z.B. einen Dynamik Expander), fertigte in eigenen Werken in Deutschland, Österreich, Italien, besaß ein eigenes Möbel-Werk für die Gehäuse-Produktion und ein Elektronik-Werk für die Leiterplatten-Herstellung. Ab 1970 hatte man ein umfangreiches Joint-Venture mit der slowenischen Gorenje.

Trotzdem war der Markenname in Deutschland recht selten, obwohl Körting zu den erfolgreichen Phono- und TV-Herstellern gehörte und für hohe Qualität bekannt war. Das lag einerseits daran, daß Körting schon 1953 ein Vertriebs-Abkommen mit Neckermann schloß, was dazu führte, daß Neckermann die Körting-Produkte in Deutschland vermarktete, andererseits aber auch dazu führte, daß der Fachhandel Körting plötzlich schnitt. Andererseits war Körting schon bis weit in die Siebziger Jahre als extrem produktiver Hersteller bekannt, der in der Lage war, Geräte besonders günstig herzustellen: Körting war schon seit 1957 ein erfolgreicher OEM-Hersteller, fertigte z.B. für Elac, Resonar, Kuba, Silva, Pawerphon, Rosita, Blaupunkt, Siemens und andere.
Man erinnere sich: Elac baute Plattenspieler, nie Elektronik, und Siemens-Halske hatte schon in der Mitte der Sechsziger Jahre die eigene Produktion für Heim-Elektronik aufgegeben, Blaupunkt dann in den frühen Siebzigern.

Es wird also eine ganze Menge Körting geben. Die Frage, die ich auch Euch stellen möchte: Welche Geräte sind das? Welche Dual, PE, Elac, Siemens etc. stammen aus Grassau? Welche Hersteller und Marken haben noch bei Körting bauen lassen?

Übrigens ist Körting 1978 an der Pleite von Neckermann (wurde an Karstadt verkauft) und Elac kaputt gegangen. Möglich, daß auch die (vorsätzliche) japanische TV-Geräte Überproduktion nicht ganz unschuldig daran war.
Das Joint Venture mit Gorenje, das ursprünglich gedacht war, um in Veleje eine Fernsehgeräte-Produktion aufzubauen, kehrte sich nun um: Gorenje wurde Eigentümer von Körting: Die Gorenje-Körting Elektronik GmbH&Co. KG entstand am 1.9.78. Man versuchte unter dem Markennamen Körting ambitionierte HiFi-Elektronik auf den Markt zu bringen. Leider nicht besonders erfolgreich: Jetzt rächte sich der Neckermann-Vertrag. 1983 wurde Körting in Grassau geschlossen.

Quellen, radiomuseujm.org, wikipedia, http://www.zeit.de/1978/26/Rote-Hilfe-fuer-Koerting?page=1 etc.

Meine erste Erfahrung mit Körting habe ich mit einer Stereo-Anlage aus den Siebziger Jahren gemacht: Zumindest Tuner und Kassettenbandgerät stammten von Körting und dürften Nachfolger von Diesen gewesen sein:
http://wegavision.pytalhost.com/neckermann71/neckermamm71-14.jpg
Mein Recorder hatte größere Aussteuerungsinstrumente und Flachbahnregler anstatt der Drehregler zur Aussteuerung. Mit dem linken Aussteuerungsregler schaltete man das Gerät ein. Ansonsten ist es wohl das gleiche Gerät.
Einen aktuellen Bericht über einen jüngeren Körting werde ich demnächst anfügen.

Und nun seit Ihr dran: Was hat Körting gebaut? Ich hörte zum Beispiel, einige Dual-Verstärker sollen aus Grassau stammen...

Tschüß, Matthias
"Den guten Tonabnehmer erkennt man daran, daß er bei einem Auflagegewicht von höchstens zehn Gramm auch bei stärksten Bässen nicht entgleist und nicht klirrt." (Fono Forum 3/53)

Stormbringer667

Mein Elac 3000T dürfte ein Körting-Produkt sein. Die dazu passenden Boxen auch? Keine Ahnung. Ich hatte auch mal von einem Forumsmitglied einen Quadro-Receiver von Körting bekommen, habe diesen aber inzwischen wieder abgestoßen.

Armin777

Hallo Matthias,

die Lautsprecher im Neckermann-Katalog stammten von ITT Schaub-Lorenz.

Im Jahre 1970 war ELAC die erfolgreichste Hi-Fi-Marke Deutschlands - und das ohne eigene Produktion!  :_hi_hi_:

:drinks:

Matthias M

Zitat von: Armin777 am Montag, 17.März.2008 | 18:02:08 Uhr
Hallo Matthias,

die Lautsprecher im Neckermann-Katalog stammten von ITT Schaub-Lorenz.

Im Jahre 1970 war ELAC die erfolgreichste Hi-Fi-Marke Deutschlands - und das ohne eigene Produktion!  :_hi_hi_:

:drinks:

Das mit den Boxen ist nicht unwahrscheinlich. Laut eigener Einschätzung war ITT in den Siebzigern größter OEM-Hersteller für Boxen in ganz Deutschland.

Das mit "ohne eigene Produktion" war in den Siebzigern ja schon nicht mehr ungewöhnlich: Dank freundlicher Unterstützung von Sanyo & Co.
Wohin das führt, sieht man ja daran, daß Elac dann Ende der Siebziger pleite war. ..."und das ohne eigene Produktion". Ganz ohne KnowHow geht's halt nicht :)
Trotzdem: könntest Du im Elac-Thread spezifizieren, was Du mit "erfolgreich" meinst? Trotz Plattenspieler und Receiver mag ich mir nicht vorstellen, daß Elac mehr HiFi-Geräte abgesetzt hat, als z.B. Grundig mit seinen "SV"'s, "ST"'s und den ganzen Bandgeräten. Oder meinten die "rentabel"?

Tschüß, Matthias
"Den guten Tonabnehmer erkennt man daran, daß er bei einem Auflagegewicht von höchstens zehn Gramm auch bei stärksten Bässen nicht entgleist und nicht klirrt." (Fono Forum 3/53)

Armin777

Hallo Matthias,
nein, genau das meinte ich. Eben der Grundig-Vertreter meckerte 1970 rum, daß sie (Grundig) einfach nicht an ELAC vorbei kämen im Umsatz. Aber mal ehrlich,
ein SV-650 konnte doch nicht wirklch jemanden hinter dem Ofen hervor locken, oder? Und wie die Boxen von Grundig damals klangen! Einfach zu dumpf.

Dagegen waren ELAC 2300T, 3400T oder gar  4100T wahre Klangriesen! Die Boxen von denen, die hießen LK..., waren auch nicht schlecht.

:drinks:   

Maxihighend

Jawoll, die LK 3300 hatte ich mal - wirklich nicht schlecht  .,d040
Viele Grüße,
Max.

Matthias M

Moin, moin,

hier kommt übrigens ein Beispiel für das, was bei Körting nach 1978 über den Ladentisch ging:

Die Anlage 300 datiere ich auf umrum 1979. Jedenfalls stammen die Kawasaki-Netzstecker von Mitte 1979. Kawasaki? Nun, mit Motorrädern hat das nichts zu tun :) Trotzdem dürfte die Herkunft von A 300, T 300 und C 300 (von oben nach unten) jenem Hersteller geographisch näher gewesen sein, als Grassau.

Ein Aufkleber auf der Rückseite ziert: Gorenje Körting GmbH u. Co. D-8217 Grassau, W.Germany. Ohne "Made in..." oder "Made by..." :)

Die Ausstattung ist eher einfach, die Maße zierlich (430 x 105 x 220/250 mm), aber das ganze immerhin äußerlich recht solide: Metall, und sorgfältig gefertigt.
Der Verstärker A300 basiert auf einem STK 463 und verfügt über vier DIN-Anschlüsse (Phono, TB, Tuner, Aux) ohne Monitor-Eingang. Lautsprecher können in zwei Gruppen angeschlossen werden, dazu ein Kopfhörer. Eine Loudness-Schaltung ist ebenso vorhanden, wie eine Klangregelung und zwei niedliche Power-Meter.
Der 3Band-Tuner T300 ist analog, verfügt über Feldstärke- und Mitten-Instrument, Mono-Umschaltung, Stereo-LED, 75Ohm-Koax-Antennenanschluß und DIN-Ausgang
Das Tapedeck C300 besitzt einen Motor, zwei Köpfe, mechanische Bedienung des Laufwerks, einen kombinierten DIN-Ein-/Ausgang, getrennte Mikrofon-Eingänge, Kopfhörer-Ausgang, Dolby, ist jedoch schon für Reineisen-Material geeignet!

Also nichts Besonderes. Die Netzteile stammen aus Korea. Also "Made in...."? Trotzdem recht selten. Trotzdem: Da war das Ende ... von Körting. Eigentlich nicht überraschend. Denn sowas bekam man auch von "IGU". Wahrscheinlich billiger.

Tschüß, Matthias
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Armin777

Hallo Matthias,

Netzstrippen mit angegossenem Stecker von Kawasaki sind weit verbreitet - und doch es handelt sich um den Motorradhersteller! Die haben auch eine Elektroabteilung, die so manches fertigt.

Netzteil made in Korea - STK463 als Endstufen Doppelhybrid - das alles sieht nicht wirklich nach Made in Germany aus.

Übrigens: das linke Meter am Verstärker ist mechanisch defekt!

:drinks:

Udo

Kawasaki, ist wie fast alle japanischen Konzerne, ein riesiger Gemischtwarenladen. Von Schiffen bis Mikrochips fertigen die so gut, wie alles.

aileenamegan

#9
 Kawasaki ist mit Schiffen und Flugzeugen groß geworden... Und die Motorräder wiederum gingen aus der Kawasaki Aircraft hervor.
Damals lief alles unter Kawasaki Heavy Industries - dann kam die Diversifizierung.

Matthias M

Moin, moin,

viele der Marken, die wir mit japanischen Unternehmen assoziieren, sind in Wirklichkeit die Marke eines Keiretsu, eines Unternehmensverbundes (ursprünglich) selbstständiger Firmen, die sich in bestimmten Geschäftsbereichen bzw. zeitweise für die Eroberung bestimmter Märke zu einem Verbund zusammengetan haben. Manchmal dann zu einem Konzern zusammengewachsen sind. Manchmal auch nicht.
Telefunken ist ähnlich entstanden.
Ob also der Hersteller dieses Kabels mit dem Hersteller der Motorräder identisch ist: Keine Ahnung. Ist im Zweifel auch nicht durchschaubar. Egal. Jedenfalls nicht "Made In-der-Nähe"; die Nennung sollte auch nur ein Indiz für den Fertigungszeitraum der Anlage sein.

Tschüß, Matthias
"Den guten Tonabnehmer erkennt man daran, daß er bei einem Auflagegewicht von höchstens zehn Gramm auch bei stärksten Bässen nicht entgleist und nicht klirrt." (Fono Forum 3/53)

Matthias M

Moin, moin,

... ein Fundstück:

"Körting Radio Werke GmbH, Grassau: Laut Klaus Böhme wird das Versandhaus Neckermann auch weiterhin trotz des Übergangs zur Karstadt-Gruppe fast die gesamte Inlandsproduktion von Körting abnehmen; daneben forciert das Unternehmen den Export, um den für das laufende Jahr auf 200-250 Mio. DM geschätzten Umsatz hälftig im In- und Ausland absetzen zu können. Von der italienischen Beteiligungsgesellschaft Körting Italiana, Pavia, hat sich Körting auf Wunsch der jetzigen Betreiber, Körting Nuova, völlig getrennt, nachdem die Beteiligung zuletzt nur noch 10% betragen hatte. Körting beschäftigt in den vier Werken in der Bundesrepublik und Österreich rd. 2500 Mitarbeiter. Besonders gut entwickeln sich die Tochterfirma JKG Electronic (Julius Karl Görler), die für einen Kreis von Exclusiv-Fachhändlern (z.Z. 300, später 500) Fernseh- und HiFi-Geräte fertigt. Markenname: Bavaria 80." Quelle: Funkschau 10/77.

Das kurz vor dem Ende.

Tschüß, Matthias
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