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Vorstellung Ortofon MC30 Super

Begonnen von Captn Difool, Dienstag, 17.März.2009 | 11:53:12 Uhr

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Captn Difool

Ortofon MC 30 Super

Seit nunmehr 21 Jahren besitze ich ein Ortofon MC 30 Super, welches ich 1987 neu als Austauschsystem gegen ein MC20 erwarb. 1986 hatte es einen Test in der Stereoplay, wo es für seine Neutralität und detailgetreue Abtastung im Verhältnis zu einem sensationell günstigen Preis gelobt wurde. ,,Noch nie bekam man soviel Tonabnehmer zu diesem Preis."  Die in diesem Test genannten Eigenschaften konnte ich weitgehend bestätigen.


Kleine Historie
1976/77 erschien das in blauem Kunststoff gehaltene MC20 als erstes Supersystem von Ortofon, welches neue Wege wies. Zwei Jahre später erschein als Steigerung dessen das MC30 und löste das MC20 als Referenz in vielen Institutionen über Jahre ab. Lange Zeit galt das goldfarben lackierte MC30 als der ultimative dynamische HiFi-Tonabnehmer. Anfang 80er erschien das leicht verbesserte MC20MkII, welches sich aber nicht aus dem Schatten des MC30 lösen konnte. Mitte 80er erschien dann das  MC 20 Super, welches mit einem Paukenschlag wie schon sein Vorvorgänger MC20 einen Generationswechsel einleitete. Erstmals mit einem Ganzmetallgehäuse ausgestattet und einer neuen Supernadel names Van den Hul II (nach seinem Entwickler benannt) ausgestattet, machte es in diversen HiFi-Magazinen Furore. Es hatte ein neuartiges Spulenkreuz, mit feinem Silberdraht gewickelt und die Van-denHul-Nadel mit etwas weniger Schärfe (7x70µ). Für den doppelten Kaufpreis konnte man eine selektierte Version mit engeren Toleranzen erwerben. Gut ein Jahr später zog dann Ortofon mit dem MC30 Super nach, welches das durch das MC20 Super etwas bedeutungslos gewordene MC30 ablöste.

Aufbau
Das MC 30 Super unterschied sich äußerlich vom mattgoldenen MC20 Super durch ein chromgoldenes, hochglänzend eloxiertes Metallgehäuse (per CNC aus dem Vollen gefrästes Aluminium). Statt eines zylindrischen Nadelträgers wurde hier der Nadelträger und Nadel vom MC2000 verwendet, ein konisch zulaufender Alunadelträger mit einem winzigen Gygerdiamanten an der Spitze. Verrundungsradien 5x80µ. Das sorgt für eine recht geringe bewegte Masse an der Nadelspitze, welche so feinen Modulationen noch leichter folgen kann. Zugleich ist der Nadelträger durch seine konische Form sehr steif, so das mögliche Resonanzen über den Abtastbereich hinausgeschoben werden und nicht stören können. 

Der verwendete Silberdraht aus hochreinem Silber ist sehr fein und sauber gewickelt. Eine Platinscheibe (der höheren Masse wegen) trennt zwei Gummischeiben, die den Nadelträger bedämpfen sollen. Die größere Scheibe wirkt bei mittleren bis höheren Frequenzen, bei tieferen Frequenzen schwingt dann die Platinscheibe mit und der kleinere Dämpfer kommt zum Arbeiten und ermöglicht größere Abtastamplituden. Dieses Dämpungsprinzip fand erstmals beim Vorgänger MC30 Anwendung. Als Magent kommt hier noch ein Samarium-Kobalt-Magnet zur Verwendung.






Die Nadel ist eine Fritz-Gyger-Nadel mit den Radien 5x80µ. Sie ist in diesem Exemplar recht gut ausgerichtet. Die Kontaktfläche ist recht groß und mit einem schwach augeprägten Kantenbogen ausgeführt. Zugleich ist die Kontaktfläche tiefer in der Rille angeordnet. Beides sorg für wenig Störgeräusche bei gleichzeitig schonender Abtastung. Bein den empfohlenen 2,0g (+/-0,3g) braucht man sich daher keine Gedanken über vorzeitigen Verschleiß machen, weder beim Diamanten noch bei den Platten. Für eine gute Abtastung ist aber eine sehr gewissenhafte Justage ein Muss.

 


Erste Eindrücke
Obwohl noch gar nicht eingespielt war ich sofort beeindruckt, als ich es das erste Mal am Sony PUA 1600L spielte. Ob Anschläge von Percussionsinstrumenten oder Saitenanschläge, man hörte regelrecht den Ton in sich entstehen. Dabei bewahrte es Neutralität ohne besondere Betonungen. Die Tiefenabtastfähigkeit erledigte es auf der DHFI Nr. 2 mit 90µ souverän. Auch die direktgeschnittenen Testsignale auf der RCA-Testplatte durchlief es ausnahmelos fehlerfrei. Selbst die hohen Stichelschellen bei 10KHz. Die Sopranstimme aus Seite 2 wie auch die knackig angezupfte Mandoline am Ende der Seite bereiteten keine Schwierigkeiten. Ferner entlarvte das MC30 Super schnell bis dahin für gut empfundene Aufnahmen, in dem es z.B. bei Andreas Vollenweiders ,,Down to the Moon" DBX-Rauschatmen hörbar machte oder umgekehrt, die einstmals als eher ,,mittelmäßig" empfundene Aufnahme von Santana's ,,Caravanserei" als sehr realistische Studioaufnahme entpuppte, welche eine schöne Natürlichkeit ohne Effekthaschereien bietet. Erst mit einem MC30S wird sie zu einem wirklichen Genuß.

Alterung und Pflege
Nach 21 Jahren zeigte das System jedoch ein wenig Ermüdungserscheinungen, es wurde zwar nicht viel gespielt, aber die Zeit hat gerade auf die Gummidämpfung doch ihren Einfluß. Es brachte 70, 80 und 90µ nur noch mit einem unterlegten leichten Zerrton, auch Justagetricks wie mehr Auflagekraft oder/und Antiskating konnten da nichts ausrichten. Auch neigte die Nadel auf der Rückseite in Laufrichtung zu einer ,,Aufbauschneide", d.h. Vinylreste begannen sich dort festzubacken, welche mit Aquadest allein nicht mehr zu entfernen gingen. Klanglich wirkte es auch etwas müde. Die Zeit war gekommen, eine kleine Revision durchzuführen.

Dazu würde das Gehäuse entfernt, welche in dieser Bauart bei den Ortofon-Metallgehäuse ohne Schwierigkeiten durchzuführen geht, es müssen lediglich die beiden seitlichen Schrauben entfernt werden. Kein Kunststoffgehäuse, aus denen die Rastnasen brechen und auch die Schrauben sind nicht zur optischen Zierde da.

Nachdem ich einige Schmutzreste entfernt hatte wurde auch die ,,Aufbauschneide" (Begriff aus der spanenden Metallverarbeitung) mittels der ,,Linn-Methode" entfernt, d.h. in dem ich die ausschnittene Reibfläche einer Streichholzschachtel verwendete. Sehr vorsichtig muß man dabei vorgehen, um den Nadelträger nicht zu stark auszulenken oder zu belasten. Nach einigen feinen Strichen war der ,,Buckel" weg. Eine anschließende Nassreinigung zeigte wieder eine ,,scharfe" Nadel ohne Schmutzreste.


 



Zunächst versuchte ich die Abtastfähigkeit, welche offenbar durch einen leicht verhärteten Dämpfungsgummi behindert wird, durch Benetzen von ,,Gummipflege" aus dem Autobereich zu verbessern. Dies Gelang auch, leider nur kurzfristig. Gleich nach dem Auftragen war der Gummi noch feucht und das benetzende Pflegemittel verursachte offanber einen Schmiereffekt. Die ursprüngliche Abtastfähigkeit war wieder da. Nach zwei Tagen war die Feuchtigkeit jedoch weitgehend verschwunden und es stellten sich nach erneuter Messung wieder nur die 70µ ein. Ein Wiederholungsversuch bestätigte nur das Verhalten. So habe ich nun das Gleiche mit Ballistol gemacht. Offenbar ist hier eine Reibung am wirken, welche bei Schmierung verschwindet und die ursprüngliche Abtastfähigkeit von 90µ Seitenschrift wieder zuläßt. Der Erwartung nach wird dieser Effekt auch nur so lange vorhalten, wir das Ballistol Schmierwirkung hat. Auch das Ballistol wird wieder verdampfen. Wie lange das dauert, steht noch aus.


Höreindrücke
Das MC30Super klingt bei voller Abtastähigkeit etwas besser und freier, auch wenn auf nomalen Platten selbst 50µ statt der möglich abtastbaren 90µ Seitenschrift nie erreicht werden. Die Detailwiedergabe ist beeindruckend, man hat das sichere Gefühl, das MC30 Super enthält dem geneigten Hörer keinerlei Details aus der Rille vor, ohne dabei aufdringlich oder plakativ diese Eigenschaften zur Schau zu stellen. Neutralität ist das andere Gut, welches das MC30S eigen hat. Es wird kein tonaler Bereich bevorzugt oder benachteiligt. Also weder ein Spezialist für eine einzelne Musiksparte wie Rock, Jazz oder Klassik. Es gibt alle Musikarten gleichermaßen gut wie angenehm wieder. Aggressive Höhen wie bei Saitenzupfen oder Beckenanschläge hört man nur da, wo sie auch auf der Aufnahme so sind.

Bei einer guten Platte (Zustand wie Aufnahmetechnik) hat man ohnehin eher den Eindruck, das Masterband anstatt der Platte zu hören. Selbst unterschiedlichste, komplex zusammenspielende Klangfarben und –charaktere werden vom MC30 Super souverän aufgelöst und deutlich unterscheidbar dargestellt. So zum Beispiel Udo Lindenbergs Konzeptalbum ,,Der Detektiv" welches in hervorragender Qualität eingespielt wurde. Alle Tonspuren stehen da, wo sie vom Tontechniker platziert wurden, saubere Wiedergabe bis in kleinste Auflösungsbereiche. Die im Zentrum platzierte Stimme von Udo Lindenberg singt, als stünde er zwischen den Boxen im Hörraum, ,,greifbar" für die Ohren.
Oder ,,The Wall" von Pink Floyd. Auch hier hat man sich tontechnisch bemüht, das Optimum für einen Massentonträger herauszuholen. Gelungen, wie ich feststellen mußte. Selbst gelegentliche Knister und Knacker der gebraucht erworbenen (und noch nicht gereinigten) Platte konnten den ,,Masterbandeffekt" stören. Beide genannten Beispiele habe ich eher zufällig gewählt und sind mit diesem Jahr aufnahmetechnisch 30 Jahre alt. Beste Analogtechnik, vom MC30S hörbar gemacht.

Das MC30 Super fühlt sich mit  einer Compliance von 16µ/Nm und einem Gewicht von 9g an mittelschweren Tonarmen am wohlsten. Der vom mir verwendete Koshin GST-801 mit Audio Technica Headshell MS-9 (steht für Masse von 9g) ist mit einer Tiefenresonanz von 7Hz schon die obere Grenze der effektiven Tonarmmasse. (Mit der Koshin-Headshell von 11g wird der Arm mit 26g angegeben). Klanglich harmoniert das MC30 Super dennoch mit diesem Arm sehr gut.

Sicher mag es noch Tonabnehmer und Setups geben, die noch mehr können. Doch scheint dies fast kaum vorstellbar. Auf jeden Fall ist das MC30 Super ein Tonabnehmer, der auch sehr anspruchsvolle Hörer befriedigen kann. Doch sollte man ihm eine entsprechende Umgebung aus Plattenspieler und Tonarm gönnen, um die vom mir gepriesenen Eigenschaften auch entfalten zu können.


Ausblick
Als Nachfolger erschien in den 90er Jahren das MC30 Super MkII mit Detailverbesserungen (schwarzes Gehäuse mit chomgoldener Front) und um die Jahrtausendwende schließlich das MC 30 Supreme mit einem abgewandelten Gehäuse und Neodymmagneten, welcher eine höhere Ausgansspannung ermöglicht. Die derzeit jüngste Version erschien 2006 als ,,MC 30 Wood", welches aus namentlich wohl besser klingenden  Gründen jetzt ,,MC Rondo Bronce" heisst. Mittlerweile haben sich zwei MC-Reihen oberhalb des ,,MC30" angesiedelt, aber das Rondo Bronce scheint ein würdiger Nachfolger zu sein, welches ebenfalls gute Tests erhalten hat, wo es sich gegen preislich deutlich teurere Konkurrenten behaupten konnte.





Technische Daten:
Auflagekraft: 2,0g (+/-0,3g)
Compliance: 16µ/Nm
Nadel: FG 80 (5x80µ)
Nadelträger: Aluminium, konisch verjüngt.
Gewicht: 9g
Abtastfähigkeit: 80µ
Spulendraht: 99,99% reines Silber
Impedanz: 3 Ohm
Kanaltrennung (1KHz): 27dB
Kanalbalance (1KHz): <1,5dB
Output:0,2mV
Empfohlener Abschlußwiderstand: >10Ohm