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Vorstellung Ortofon MC10 Super MkII

Begonnen von Captn Difool, Dienstag, 17.März.2009 | 12:52:50 Uhr

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Captn Difool

Vorstellung Ortofon MC10 Super MkII

Hier nun die ausführliche Vorstellung des Sytems, welches ich bereits bei Klassiker - soeben eingetroffen erwähnt hatte.

Evolution
Das erste MC10 erschien 1976 zusammen mit dem MC20 im roten Gehäuse mit silbernen, kleinen Typenschild als Einstiegstonabnehmer in die Moving-Coil-Welt von Ortofon. Es war mit einem elliptischen Sinterdiamanten ausgestattet und ein gutes Allroundsystem für mittelschwere Arme. Der Nadelträger war als zylindrisches Aluröhrchen mit gequetschter Nadelaufnahme ausgeführt. Es konnte auch als Set mit dem PrePre MCA10 erworben werden, welcher seine Verstärkung automatisch an die Impedanz anpassen konnte. Klanglich war er sogar unerwartet gut für seine Preisklasse. Ortofon hatte damals schon den Anspruch, Spitzentechnik bezahlbar anzubieten. Die Spule des MC10 war in sich überkreuzend gewickelt, die Wicklungen aus Preisgründen auch nicht so sauber wie beim höherwertigen MC20. Der Magnet war ein bewährter Samarium-Kobaltmagnet im üblichen MC-Aufbau. Außenherum war das mittlerweile klassische Norylgehäuse, welches noch ein Jahrzehnt das Erscheinungsbild der Ortofon-MCs prägen sollte.

1982 erschien das Nachfolgemodell MC10 MkII im schwarzen Gehäuse mit scharzen Typenschild und erhaben geprägter, versilberter Typenbeschriftung. Zu dem inneren Aufbau kann ich hier leider nichts näheres schreiben, da ich den Tonabnehmer nur zu Testzwecken geliehen bekam. Der Nadelträger glich weitgehend dem Vorgängermodell, erstmals und als hauptsächliche Verbesserung war neben einem geänderten Dämfpungsgummi ein nackter Naturdiamant mit rechteckigem Querschnitt und elliptischen Schliff verwendet worden. Das System klang einen Tick sauberer und behielt seine gute Allroundeigenschaften. Es war sehr angenehm im Hörgenuß.

1986 erschien das MC10 Super im blauen Gehäuse. Das Typenschild war wie beim Vorgänger, nun aber über die komplette Frontseite vergößert. Nadel und Nadelträger wurden vom Vorgänger übernommen. Das Spulenkreuz erhielt aber Einzelspulen mit deutlich feinerem, sauber gewickelten Spulendraht. Die Spulenkerne waren zur Massereduzierung durchbohrt. Das MC10 Super klang sehr neutral wie ansprechend. "Ein Tonabnehmer, mit dem man sich schnell anfreunden kann." So ein Zitat aus einem Testbericht, was ich bestätigen kann. Hier kam letztmalig das klasische Norylgehäuse zur Verwendung.

2000 erschien das MC10 Super MkII als MC10 in seiner höchstwertigen Ausführung. Zwar behielt es seine Rolle als Einstiegssystem, aber nun in einer gehobenen Reihe. Das Gehäuse wurde leicht abgewandelt vom MC 20 Super übernommen und bildete mit dem MC 20 Super MkII und MC30 Super MkII eine Modellreihe. Die Reihe unterschied sich intern im Wesentlichen nur durch Nadelträger und Nadel. Das Gehäuse war bei diesem MC10 erstmals aus CNC-gefrästen und eloxierten Aluminium ausgeführt, welches sonst nur die Spitzenmodelle ab MC20 Super erhielten. Die Montageplatte war in Blassgold eloxiert, das Gehäuse in seidenmatt Schwarz. Damit sollte schon äußerlich die Veredelung angezeigt werden. Technisch war es praktisch schon ein MC20 Super. Der Nadelträger blieb zylindrisch, die Nadel aber war nicht mehr elliptisch, sondern es wurde ähnlich dem MC20 Super statt einer VdHII ein FG70-Schliff auf nackten Stäbchen verwendet. Der FritzGyger70 entspricht weitgehend der VandenHul-Nadel, wobei ersterer weniger auf Rillengeräusche reagiert. Spulenkreuz und Dämpfung wurden ebenfalls vom MC20 Super übernommen, das heißt. zweiteiliger Dämpfer, wo eine Platinscheibe (der Masse wegen) den großen Gummi für Mittel- und Hochtonbereich vom kleinen Gummi (für den Tieftonbereich) trennt. Diese Technik wurde 1979 erstmals mit dem MC30 eingeführt. Das Spulenkreuz ist recht sauber gewickelt, statt Silberdraht vom MC20 Super kam hier Kupferdraht zur Verwendung. Ob nun Silber oder Kupfer besser klingt, darüber läßt sich sicher diksutieren. Fakt ist, mit dem MC10 Super MkII bekommt man praktisch schon ein MC20 Super, wobei der Preis sich auch nur noch geringfügig unterscheidet.

2004 erschien als Nachfolger das MC10 Supreme. Das schwarz eloxierte Metallgehäuse war von der Form leicht abgeändert, als Nadel kam wieder eine elliptische Form auf Naturdiamant zweiter Klasse zur Verwendung. Der Erfolg war dann auch nicht so groß, so daß es bereits 2006 mit der Reihe "MC10/20/30 Wood" ersetzt wurde, welche kurz darauf als "MC Rondo" populär wurden. Das MC Rondo Red ist der legitime Nachfolger des MC10. Vom Supreme wurden Nadel und Nadelträger übernommen, als Spulendraht findet ein zweifach vergoldeter Kupferdraht Verwendung (soll besser gegen Oxydation schützen), das Gehäuse ist vom Material eine Resinvariante, welche Holzstaub emulgiert verwendet. Das soll Geäuseresonanzen besser unterdrücken als Metallgeäuse und zugleich aber so stabil wie Metall sein. Mittlerweile hat Ortofon preiswertere Einstiegs-MCs im Angebot, die sich in ihrer Ausführung wieder am MC10 Super orientieren. So das MC Nr.2 oder das MC Tango. Das MC Rondo Red ist der Einstieg in die mittlere Preisklasse. Ein dem MC10 Super MkII vergleichbares System ist jedoch eher das MC Rondo Blue.

Praxis
Nach 21 Jahren mit dem MC30 Super habe ich mir einen neuen Tonabnehmer gegönnt. Ziel war es, einen "Backup-Tonabnehmer" zu haben, falls mal ein Topteil wie das MC30 Super Schaden nehmen sollte. Desweiteren ist das MC30S zwar noch nicht abgespielt, aber um es noch länger zu erhalten möchte ich es nach 21 Jahren in "Altersteilzeit" schicken und nur noch zu besonderen Anlässen, sei es für besondere Platten oder Aufnahmen, einsetzen. Für den alltäglichen Genuß sollte etwas neues her. Vom Erwerb gebrauchter Tonabnehmer bin ich wieder abgekommen, da das MC10 Super wie auch das MC Style ein Reinfall war. Recht abgenudelt und ein schiefstehender Nadelträger. Glücklicher Weise war der Preis nur unwesentlich über dem Rücknahmepreis.

So erschien das MC10SII als geeigneter Budget-Kandidat. Es bringt alle Eigenschaften für ein gutes MC mit. Mit der FG70-Nadel ist die schonende Austastung praktisch aller Details auch zum Plattenende hin garantiert und auch der weitere oben beschriebene Aufbau läßt auf einen hochwertigen Tonabnehmer schließen. Einziger Wermuthstropfen: Das MC10SII ist schon länger aus der Produktion, so ist es als NOS-Angebot etwas vorgealtert, was die Dämpfungsgummis betrifft. Die Nadel ist erfreulicher Weise sehr senkrecht eingeklebt, der Nadelträger ist recht gut ausgerichtet.

Nach dem am Koshin GST-801 alles eingestellt war, kamen die Abtasttestplatten zum Zuge. Als erstes verlief der Tiefenabtasttest der DHFI Nr.2 enttäuschend, schon bei 60µ leichter Zerr, 70µ deutlich verzerrt, verspricht doch das Datenblatt 80µ bei Nennauflagekraft. Eine Behandlung mit Ballistol (mit Feinstpinsel 00 vorsichtig auf dem Dämpfungsgummi aufgetragen) wirkte gut. Die "Schmierung" des Gummis brachte die versprochene und ursprüngliche Abtastfähigkeit zurück. Am Koshin wird es mit der Audio Technica Headshell MS-9 (9 Gramm) begfestigt. Diese "klingt" nicht, da sie auf hohe Resonanzarmut ausgelegt wurde. Hier liegt die Tiefenresonanz bei akzeptablen 7Hz die Dämfpung zeigt nur ein sehr geringes Aufschwingen. So sind auch harte Plattenwellen kein Problem bei der Abtastung, es besteht praktisch kein Nachschwingen, was den Einsatz eines Subsonicfilters unnötig macht. Der Koshin GST-801 gewährt die nötige Stabilität und das MC10SII harmoniert recht gut an diesem schweren Arm, welcher vorwiegend für MC-Tonabnehmer entwickelt wurde. Den Azimuth habe ich zunächst optisch eingestellt*, indem ich den Klappteil eines randlosen Cassettengehäuses auf den Plattenteller legte.

Allerdings klang das MC10SII in der Hochtonabtastung zunächst etwas rauhbeinig, hart und spitz. Ich mußte den Abschluß von 100 auf 10 Ohm heruntersetzen, um es etwas in den Zaum zu bekommen. Ortofon empfiehlt ab 10 Ohm, bei 100 Ohm ist es auch deutlich lauter wie ein wenig offener. Es hat sogar etwas mehr Pegel als das MC30S. Die Details waren zwar da, aber wurden etwas hell und prahlerisch dem Ohr serviert. Doch glücklicher Weise ist das nur der Rohzustand. Mit den folgenden Plattenseiten und Einspielstunden wurde die Höhenwiedergabe von Stunde zu Stunde smarter und gefälliger. Die Rauhbeinigkeit, Härte und sehr helle Wiedergabe entwickelte sich immer mehr in Richtung Neutralität. Immerhin, es "rockt" bereits nach kurzer Zeit recht gut. Beeindruckend schon jetzt auch die Dynamik. Anschläge, insbesondere Percussionsinstrumente "explodieren" scheinbar aus dem Nichts, Die Basswiedergabe ist hart wie trocken und reicht auch sehr tief hinab.

Nach gut fünf Stunden klang Andreas Vollenweiders "Caverne Magica" recht neutral mit feinsten Details. Auch der Raum bekommt bereits Dimensionen. Jetzt nach nur insgesamt neun Stunden macht das MC10SII schon richtig Spaß und es entwickelt sich an das MC30S heran, ohne es aber zu erreichen. Hier macht sich die Abstimmung des MC30S bemerkbar, welches einfach noch neutraler und feinsinniger klingt.

Auch überraschte mich eine Routinekontrolle beim MC10SII in Sachen Abtastung, als würde das Ballistol erst später seine volle Wirkung entfalten: Auf einmal konnte es 100µ sauber abtasten. "Smilin' Faces" von Rare Earth kam mit gutem Timing, schöner Rythmik und die im Zentrum platzierte akustische Westerngitarre kam sehr sauber wie fein gezeichnet; die Stahlsaiten jede einzeln schön für sich ohne jede Aufdringlichkeit. Die RCA-Testplatte mit direktgeschnittenen Signalen wurde durchgehend fehlerfrei abgetastet, auch die Beispielstücke auf Seite 2 wie die sehr herausfordernde Sopranstimme aber auch das Mandolinenspiel am Plattenende, hier leistete sich das MC10SII keine Schwächen.

Das in A-Dur gehaltene Streichquartett op. 18 Nr. 5 von Beethoven (Amadeus-Quartett 1962, Deutsche Grammophon) zeigte, das auch Klassik mit akustischen Instrumenten vom MC10SII gemeistert werden kann. Die Anstriche der Bögen kamen schön heraus und die Musik blieb homogen, anregend, atmosphärisch und inspirierend. Zwar leistet sich das MC10SII noch gelegentliche Schärfen im Hochtonbereich (besonders, wenn dieser in der Aufnahme bereits dominiert), welche sich aber zunehmend noch "einschleifen" werden. Mittlerweile klingt es auch an 100 Ohm Abschluß bereits recht angenehm, ich kann es wieder "freilassen".

Weitere Eindrücke werden hier folgen.




Technische Daten:
Output: 0,3V
Abschluss: >10 Ohm
Nadel: FG II Nude (5µx70µ) auf nacktem, orientierten Naturdiamant
Nadelträger: Zylindrisches Aluminiumrohr mit doppelter Dämpfung
Spulendraht: Kupferlackdraht
Magnet: Samarium Kobalt
Compliance: 15µm/Nm
Gewicht: 10g
Gehäuse: CNC-gefrästes, eloxiertes Aluminium, zweiteilig
Auflagekraft: 1,8g (+/- 0,2g)
Tiefenabtastfähigkeit: 80µ Seitenschrift
Frequenzbereich: 20-40000Hz
Kanaltrennung 1KHz >25dB
Kanalbalance 1kHz < 1dB
FIM: < 0,8dB

Messdaten: (Werden später noch vervollständigt)
Tiefenabtastfähigkeit 100µ Seitenschrift (DHFI Nr.2) bei 2,0g Auflagekraft
Höhenabtastfähigkeit: 10kHz -0dB = 10cm/s bzw. 14,1cms Spitze Verzerrungsfrei
Kanaltrennung:
Kanalbalance:
Frequenzgang:
Output:


*Die Stärke entspricht in etwa der einer LP. Mit der Nadellupe habe ich beobachtet, ob die Nadel senkrecht auf der Gehäusefläche steht. Nach einer minimalen Korrektur war ich zufrieden. Einen ganz optimalen Azimuth kann man ohnehin nicht einstellen, da die Platten in sich unterschiedlich stark und zudem oft auch rotationswechselnd verwölbt sind. Einen mittleren Wert sollte man mit dieser Methode hinbekommen, eine Untersuchung zu anderen Methoden folgt später.




Die Befestigungslöcher hatten etwas Grat, der abgefeilt werden mußte, damit die plane Auflagefläche des MC10SII vollen Kontakt zur Headshell (Audio Technica MS-9) hat. Als Headshellkabel kamen die "Ribbon-Wire" von Audio Technica zur Verwendung, die mehrere Flachdrähte aus hochreinem Kupfer enthalten.


Die geschliffene und eloxierte Kontaktfläche des MC10SII ist recht goßflächig ausgeführt.


Im Aufbau entspricht das MC10SII weitgehend dem MC20S.





Fertig zum Einsatz

Einige Bilder von der Fritz Gyger Nadel FG70 (5µx70µ) Nackter Naturdiamant.







Uliheinz

Hallo,
für mich als Laie,der ich noch keinen Spieler besitze,ein mehr als aufschlußreicher Bericht.
Mit welcher Liebe der Capt Difool hier schreibt und Bilder einstellt,da kann man nur den Hut ziehen und sich verneigen.
Respekt.
Gruß Uli
Schöne Zeit

Captn Difool

#2
Nach mehr als 20 Stunden kann man das MC10SII als eingespielt betrachten. Es hat eine gute Ausleuchtung des Hochtonbereiches ohne aber zu nerven. Die Detailauflösung ist excellent, selbst am Plattenende. Sehr gute Dynamik, ausgewogen im Frequenzgang, praktisch keine Verfärbung. Rillengeräusche sind sehr gering. Die Klangtendenz geht zu "analytisch" welches auch meine bevorzugte "Geschmackssorte" ist.

Anbei noch einige Messbilder mit einem Oszilloskop am Hochpegelausgang (entzerrt) abgenommen:



Tiefenabtastung DHFI Nr. 2 50µ. Darstellung als Phasenbild (Lissajous-Figur)




Tiefenabtastung DHFI Nr. 2 100µ Die leichte Schleife kommt durch Phasenfehler, verursacht durch die Schiefstellung der Nadel wegen der extremen Auslenkung, das Sinussignal selbst ist sauber, es sind auch keine Verzerrungen hörbar, nur ein ganz leichter Obertonklirr, stark abgeschwächt. Das MC10SII könnte sogar noch 120µ horizontal abtasten...




Höhenabtastung RCA/Ullstein-Testplatte mit Direktschnittsignalen.
10kHz -3dB = 7,1cm/s effektiv bzw. 10cm/s Spitze. Der leichte Kanalunterschied ist so in der Platte geschnitten.




Höhenabtastung RCA/Ullstein-Testplatte mit Direktschnittsignalen.
10kHz -0dB = 10cm/s effektiv bzw. 14,1cm/s Spitze. Der leichte Kanalunterschied ist so in der Platte geschnitten. Dies ist nach Angabe des Testplattenherstellers der extremste Höhenpegel der auf einer Platte vorkommen kann. Damit zeigt das MC10SII auch hier, das es keine Probleme mit extremsten Amplituden hat.




Hier sieht man vom Licht den Abtastdiamanten "funkeln" und zugleich wird das Spulenkreuz angeleuchtet...