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Vorverstaerker ohne RIAA Entzerrung (Flat Pre-Amp)

Begonnen von wer, Freitag, 10.September.2010 | 11:50:05 Uhr

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wer

Hi an die Bastler,

Suche einen Bauplan / Kit / Fertiggeraet fuer einen guenstigen MM Vorverstaerker ohne Entzerrung zum Abspielen von Schellacks.

Phono Pre's gibt es genug in jeder Form, also muesste es doch auch moeglich sein einen billigen Flat-Pre zu bauen/bekommen, da man sich dabei ja die gesamte Entzerrung erspart.

Waere fuer Vorschlaege sehr dankbar.
Gruss,
Werner

Jürgen Heiliger

Hi Werner,

suche mal nach Mikrofonverstärker für Dynamische oder Elektret Mikrofone......

Dani macht die Schellackentzerrung und Tonabnehmerverstärkung mit diesem Gerät.....
http://new-hifi-classic.de/forum/index.php?topic=5535.0

So kannst Du auch direkt die Entzerrung sehr genau nachbilden der alten Schellackschätzchen. Du musst nur bedenken, dass diese ab 8 kHz einen Abfall von 3 dB pro Oktave haben und etwa bei 12 kHz ist dann ganz Schluss, also ab dort nichts anheben, eher runter mit dem Regler gehen.


Gruß
Jürgen

>.... liebt den guten Ton und die Musik ....<
>.... die HiFi-Classiker und die Information ....<
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Skype: juergen_heiliger

wer

Hi Juergen,

Klingt durchaus interessant, i.M. wird sogar einer angeboten.
Wichtigste Frage: welche Eingangsempfindlichkeit hat das Ding, iaW kann man ein MM System direkt anhaengen?

Gruss,
Werner

Jürgen Heiliger

Hi Werner,

jo, macht Dani genauso...... Mit dem MM direkt in den Mikrofoneingang, Links wie Rechts durch Umschaltung den Frequenzgang bestimmen/abgleichen und gut ist.....

Schneller und einfacher geht fast nicht mehr.
Gruß
Jürgen

>.... liebt den guten Ton und die Musik ....<
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wer

#4
Zitat von: Jürgen Heiliger am Freitag, 10.September.2010 | 12:08:57 Uhr

So kannst Du auch direkt die Entzerrung sehr genau nachbilden der alten Schellackschätzchen. Du musst nur bedenken, dass diese ab 8 kHz einen Abfall von 3 dB pro Oktave haben und etwa bei 12 kHz ist dann ganz Schluss, also ab dort nichts anheben, eher runter mit dem Regler gehen.


Ich fuerchte dass Du damit ziemlich daneben liegst.
Akustische und fruehe elektrische Schellacks hatten ueberhaupt keine Schneidekorrektur, dann begann man die Baesse ab einer gewissen Frequenz (Turnover Frequency) so abzusenken, dass der Schneidekopf darunter mit konstantem Ausschlag arbeitete wodurch ein Ueberschneiden der naechstgelegen Rillen vermieden wurde.
Am Turnover schieden sich die Geister zwischen USA (etwa 500 Hz) und Europa (250 - 300 Hz).
Eine Anhebung der hohen Frequenzen (Rolloff) wurde in der Regel bei 78ern nicht angewendet (zumindest sind mir nur ganz wenige Faelle bekannt), sodass sich die Entzerrung auf eine Bassanhebung beschraenken kann, fuer welche meistens die Einstellmoeglichkeit des Verstaerkers ausreicht.
Gruss,
Werner

wer

Duerfte es tatsaechlich geschafft haben den SAE-80 aus der Bucht herauszufischen (hoffe mit € 71 habe ich ihn nicht furchtbar ueberzahlt).
In einigen Wochen werden wir sehen ob er den Job zufriedenstellend erledigt  :smile
Gruss,
Werner

PhonoMax

#6
Lieber Werner,

auch wenn oben nicht alle Aussagen stimmen bzw. Auskünfte sinnvoll erteilt wurden, so hat Jürgen doch insoweit Recht, als die Schneidkennlinien zur Schellack-Zeit, also vor der internationalen Festlegung nach RIAA-Empfehlung bzw. DIN, über die Herstellerriege hin alles andere als identisch oder gar genormt waren.

Du forderst aber letztlich 'so etwas' ähnliches, indem du die sehr alte Praxis, bis 250 Hz mit konstanter Auslenkung, darüber und natürlich unter allmählichem Übergang mit konstanter Schnelle zu schneiden, als allgemeingültig ansiehst. Hiervon wich man (= jeder Hersteller nach seinem Gutdünken) jedoch schon mit dem Aufkommen der elektrischen Aufnahme in Gestalt einer recht babylonischen Sprachverwirrung ab, auch wenn sich die Lösungen aufgrund der sehr eindeutigen, geometrisch physikalischen Bedingungen der Schallplatte um gewisse Zentren herum konzentrierten. Unseligerweise hielten die Hersteller diese Höhenverzerrungen aber geheim, weshalb es einigen Aufwands bedurfte, als EMT sich schon in den 1950ern an noch lebende Überspieltechniker der Schellackzeit wandte, um zur Überspiel- bzw. Aufnahmepraxis bezüglich der firmenspezifischen Kennlinien Informationen zusammenzutragen, die man als Liste den EMT-Plattenmaschinen beizulegen plante.
Diese heute auch im Internet verfügbare "EMT-Liste" gibt über die praktisch genützten Schellackschneidkennlinien ja recht übersichtlich Auskunft.

Zu bedenken bleibt hierbei allerdings, dass allein die Radiuskompensation (der Abtaster ist und war immer ein ein Schnelleempfänger) Frequenzgangmodifikationen beim Schallplattenschnitt erfordert. Eine lineare Überspielung im strengen Sinne ist also mit der Schallplatte aufgrund der sich fortlaufend ändernden Rillengeschwindigkeit generell gar nicht möglich. Stellt heute die Korrelation des Stereosignales für den Plattenschnitt eine deutliche Klippe dar, so war früher neben der Radiuskompensation (trotz der nur mühselig schrittweise auf 6 bis 10 kHz hochgetriebenen oberen Grenzfrequenz) die Abschätzung der zu erwartenden Pegel infolge des technisch unumgänglichen 'Direktschnitts' das größte Problem. Beides veranlasst eigene Kompensationsstrategien.


Zu deinem Entzerrungsverfahren:
Ich benütze bei Schellacks seit 15 Jahren die von dir oben angesprochene Lösung eines linearen Aufholverstärkers mit nachfolgender Entzerrung zur universellen, preiswerten und hinreichend genauen Nachbildung von Schneidkennlinien, weil mir seitdem in einem Yamaha-02R Klangregelnetzwerke zur Verfügung stehen, deren Kanalgleichheit und Eckfrequenzen für diesen Einsatzzweck taugen. Zunächst benützte ich als Aufholverstärker und Impedanzwandler noch einen Nachbau des Eingangsverstärkers eines Revox-A78, der mir seit den 1970ern für professionelle Zwecke (die noch existierende Einheit erhielt von mir zusätzlich eine trafosymmetrische Ausgangsstufe) beste Dienste geleistet hatte. Nachteilig war hier lediglich, dass ich für das Abhören der Schellacks -sie werden bei mir über einen neben dem LP-Wiedergabegerät (TD 125-II) zweiten Plattenspieler (Familien-Dual 1009 von 1962...) wiedergegeben- umzustecken hatte.

Jenen erweiterten A78-Eingangsverstärker betrieb ich für die Schellacks tatsächlich in der Verstärkungsposition 'Mikrofonempfindlichkeit', wobei aber zu beachten ist, dass dieser Mikrofoneingang vom Konstrukteur bei Studer (G. Besimo) zeittypisch mit 100 kOhm noch sehr hochohmig ausgelegt wurde. Dies ist heute aber unüblich, weshalb neuzeitliche Mikrofonverstärker mit ihrem Eingangswiderstand von 2 bis 3 kOhm ein MM-Abtastsystem zu stark belasten, was dieses mit einem Höheneinbruch beantworten wird.
Da MM-Abtaster (und die Anpass-Trafos für MC-Systeme) als induktive Wandler heute von einer Belastung mit ca. 47 kOhm ausgehen, habe ich mich auch danach gerichtet und den Eingang jenes A78-Nachbaues in der Mikrofonposition ebenfalls auf 47 kOhm (bei 1 kHz) gebracht.

Vor etwa 10 Jahren wurde ich dann auf einen recht soliden, kommerziell-professionellen Entzerrervorverstärker mit zwei separaten Stereozügen in einem Gehäuse aufmerksam (Alice Phonopak2), der sich für meine  Verhältnisse sehr gut eignete: Ich enfernte aus einem Stereozug die frequenzbestimmenden Kondensatoren, glich die Eingangsimpedanz neu auf 47 kOhm ab und stellte die Empfindlichkeit über das gegebene AT-65µ-MM-Abtastsystem so ein, dass bei ca. 6 cm/s mein VA-Pegel (soweit derzeit erinnerlich) erreicht war. Dem RIAA-TD125 (mit MC200 und Anpasstrafo) wies ich den zweiten, stereofonen Entzerrer zu, dessen Empfindlichkeit bei 11,3 cm/s (8 cm/s + 3dB) zum Vollaussteuerungspegel führt.

Die mit Messplatten verifizierten Ergebnisse der Anordnung sprechen für sich.

Ich nehme an, dass dir Fritz Bergtold, Moderne Schallplattentechnik. München 1959 bekannt ist. Zur Folien- und Wachsmatrizenaufnahmepraxis der Vorkriegszeit erweist sich für gewöhnlich Hellmut Güttinger, Schallaufzeichnung auf plattenförmigen Lautträgern. Berlin 1941 als sehr hilfreich.

Hans-Joachim

wer

Lieber Hans-Joachim,

Herzlichen Dank fuer Deine Ausfuehrungen und Klarstellungen, insbesondere was die europaeischen Gepflogenheiten bei Plattenaufnahmen betrifft. Mein Wissens(?)stand basiert auf Aussagen und Ausfuehrungen von Personen aus dem amerikanischen Raum, die sich direkt oder indirekt mit dieser Materie beschaeftigten.
Dort hat man das vielleicht nicht ganz so eng gesehen wie in Europa, aber mit einiger Sicherheit haben die Toningenieure auch dort die Aufnahmekriterien so eingestellt wie sie (persoenlich) meinten dass es am besten klingen wuerde.

Eine bescheidene Frage zum Alice: da es ggw. ein guenstiges Angebot gibt, koennte ich von Dir die Beschreibung bekommen, welche Kondensatoren zu entfernen waeren um zu einer linearen Verstaerkung zu kommen?

Gruss,
Werner

PhonoMax

Ja, lieber Werner, das ist möglich, obgleich ich mich damals dagegen entschied, die Schaltung von der Platine abzunehmen. Dies wäre relativ leicht möglich, aber natürlich etwas lästig gewesen. Ich hatte mir damals lediglich für den Fall, dass das Auslöten der beiden vermuteten Korrekturkondensatoren nicht zu den geplanten Erfolgen führen würde, vorgenommen, mich an der Schaltungsaufnahme zu versuchen. Nachdem aber alles seinen erwarteten Gang nahm, war das nicht nötig.

Andererseits: Die Schaltungen sind allesamt fast ausschließlich mehr oder minder dieselben. Ob du nun bei Studer (z. B. 1.915.305 bzw. 306) oder Ranes PS1 nachsiehst, du findest zwangsläufig immer dieselben Lösungen, die übrigens auf ein frühes Nachkriegspatent des Altmagnetbandlers Otto Schmidbauer zurückgehen. Er hatte die bei Röhren (wegen der bregrenzten Leerlaufverstärkung) nicht ganz problemlos zu realisierende Idee, aktive Korrekturverstärker zu konzipieren, was im Gegensatz zu den bekannten Vorlieben gewisser neuzeitlicher Szeneteilnehmer eine absolut segensreiche war. Passive Korrekturen mit jeweils nachgeschalteten Aufholverstärkern haben fast nur Nachteile. Andererseits geht die Kunde, dass des Menschen Wille sein Himmelreich sei.

Bei Bedarf/Interesse kann ich dir die gennanten Schaltungen (eher unter Ausnahme des Studer-Revox-Krams, der ja originaliter noch immer ab Studer-Server-zugänglich ist) gerne zukommen lassen, damit man weiß, worüber man redet.

Dass der Bergtold in einem Scan vorliegt, könnte dich auch interessieren.


Hans-Joachim

wer

Guten Abend Hans-Joachim,

Es ist mir gelungen die(?) Alice zu erhaschen, und wuerde daher gerne auf Dein Angebot zurueckkommen mir die beiden Korrekturkondensatoren zu nennen welche zu entfernen waeren.

Hoffe es ist mir eine private Frage gestattet: habe gerade in einem anderen Thread gelesen dass Du Musiker und Tonmeister bist - welches Instrument und welches Orchester?

Bergtold wuerde mich sicherlich interessieren, aber ich konnte im Internet keinen Link zu einem verfuegbaren Scan finden.
Gruss,
Werner

Jürgen Heiliger

Hi Werner,

wenn ich dies Richtig im Kopf habe spielte Hans-Joachim die Köinigin der Instrumente.... er ist/war Organist.
Als Tonmeister war HaJo Freischaffender, der heute noch Aufnahmen tätigt.

Er wird Dir aber antworten, wenn er wieder zu Hause ist, kommende Woche ist er soweit ich weiß unterwegs.

Zum Bergtold bekommst Du PN von mir mit dem Link.
Gruß
Jürgen

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Skype: juergen_heiliger

wer

Herzlichen Dank Juergen, werde demnaechst versuchen das auf dem doppelseitigen Drucker meiner Frau auszudrucken.

Habe beim Hochladen kurz reingeschaut, bin sicher dass es hochinteressant ist (zumindest fuer mich).
Gruss,
Werner