• Willkommen im Forum „NEW HiFi-Classic“.

Bandmaterial der fünfziger und sechziger Jahre

Begonnen von hanns-d.pizonka, Freitag, 28.Juli.2006 | 02:14:28 Uhr

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 5 Gäste betrachten dieses Thema.

hanns-d.pizonka

Hallo Ihr Liebhaber von Studiobändern,

wer hilft mir auf die Sprünge, damit mein allmählich zerfallendes Gedächtnis sich an die Schul- und Lernzeit erinnern kann. Ich weiss nur noch, dass ein griechischer Denker gesagt haben soll "Panta rhei" (Alles fliesst) (wie hiess er denn bloss?)  und dies scheint runde zweitausend Jahre später für uns Tonbandliebhaber grössere Probleme aufzuwerfen, denn auch mich holen die Probleme mit dem "Zer"fliessen ein. Letztes Wochenende legte ich auf meine jetzt alt erworbene Otari MX-55 (Baujahr 1989/1990) ein noch viel älteres Band auf. Der Bandtyp LGR von BASF (umgewickelt auf 18er-Spule) war von mir 1966 mit einem monophonen Rundfunkmitschnitt auf einer Telefunken M85 versehen worden.

Nach Durchlauf dieses Bandes kann ich die BASF-Studio-Bänder wohl von meiner Erhaltensliste streichen, den auch LGR (R steht  ja wohl für Rückseiten-Beschichtung) hinterlässt an den feststehenden Schlaufenfängern meiner OTARI von der Rückseite her, so viel Abrieb, dass das Band kurz vor Schluss trotz erhöhtem Bandzug (die Otari hat für Abwickel- und Auffangspule zwei Einstellwerte für den Bandzug) mit erkennbaren Geräuschen fast stehen bleiben wollte. Auch Tonwelle und Bandführungen hatten sichtbar zuviel Bandabrieb festgehalten.

Was können wir daraus schliessen? Die Frage von Matthias M. nach dem EINZIGEN Band, das man sinnvollerweise auf seinen Consumer-Maschinen (alles was keine freitragenden Wickel fahren kann) durchgängig benutzen kann und will, dazu muss ich lautstark sagen, bitte keine Studio-Bänder, deren Herstellung Jahrzehnte zurück liegt. Nach meiner Erfahrung der letzten Tage (auch ein Scotch 206 hat sich noch viel schlimmer verhalten - Ich weiss, das "SCOTCH-ZEUG" sollte man sowieso in die Tonne hauen, so wird im Forum von einigen Mitstreitern gesagt/gepostet) bin ich dabei, mich auf den historischen Weg nach Japan zu machen.

Damit will ich sagen, für Neuaufnahmen werde ich wohl doch einige Dutzend Maxell- und TDK-Bänder von 18er-Spulen umgewickelt zu sehr grossen Längen auf 26,5er-Spulen verhelfen und meine Ortari (zumindest eine, denn ich habe im Moment zwei) wird auf Consumer-Band LOW NOISE-HIGH OUTPUT japanischer Provenienz eingemessen werden, damit ich zu nachtschlafender Zeit meinen Lieblings-Musiksender (ein Lokalradio, RADIO VEST in Haltern) mitschneiden kann.
Die Worte Austauschbarkeit und Bandfluss (der genormte - muss man so sagen?) haben für mich keine Bedeutung. Denn jedes von mir aufgelegte Band wirft an den Ausgangbuchsen eine Spannung an einen Widerstand, und damit wird der nachfolgende Verstärker gezwungen seine Ausgangsspannung einem Lautsprecher mitzuteilen. Voilà, das ergiebt Ton, Klang, Geräusch oder Musik, und damit ist die Aufgabe vollbracht.

Das soll es für heute Nacht sein, in einer der kommenden Nächte kann ich über AGFA PER 525 berichten, denn davon
liegen bei mit noch mehr als sechzig Bänder (seit mehr als zwanzig Jahren), die auf mein Hineinlauschen warten.

Was ich (wie immer) damit sagen will:
Was bei Musik gilt,
Oldies are Goldies,
das ist bei der Tonbandtechnik heute nicht immer der Fall.

MFG
H A N N S -D.

MichaelB

Hallo Hanns-D.,

ich hatte vor einiger Zeit auch drei Otaris (zwei MX-55, eine BX-56). Bei bestimmten Bändern war in der Tat erhöhter Abrieb festzustellen. Das lag aber, wie ich dann herausbekommen habe, an einer zu engen Lauffläche an den Bandumlenkhebeln. Da half dann auch kein höherer Bandzug oder die Hilfe des Daumens. Bänder wurden seit jeher mit Toleranzen geschnitten, die mit "-0,00 mm/ + 0,05 mm" spezifiziert waren. Die Otaris hatten wohl durchweg sehr enge Toleranzen. Das fällt nun natürlich bei dicken Studiobändern besonders auf, weil diese sich nicht oder nur widerwillig durchbiegen. Amateurbandmaterial ist viel dünner und flexibler. Man kann m.E. nicht daraus schließen, dass BASF LGR nicht taugt. Denn bewiesenermaßen sind die Chargen von LGR extrem stabil und laufen problemlos. Auch heute noch.

Derartige Aussagen sind immer gefährlich, da von dem Zusammenspiel von Gerät und Band auf vermeintlich schlechte Eigenschaften des Bandes geschlossen und verallgemeinert wird. Selbst wenn Du tatsächlich eine Schmiercharge LGR hättest, dürftest Du das nicht so verallgemeinern. Es sind nämlich einige Tausend Kilomerter LGR verkauft worden, das eine Band ist sicher nicht repräsentativ. Auch sollten von vornherein technische Fehlerquellen ausgeschlossen werden. Die Bandregelung der Otari ist primitiv und wird nur über die Spannung an den Wickelmotoren gesteuert. Die Bandfühlhebel dienen hauptsächlich als Schlaufenfänger und Stoßdämpfer und haben nur eingeschränkt Einfluß auf die Regelung des Bandzuges. Ein Blick unter die Abdeckplatte schafft Klarheit. Daher ist eine Otari auch nur eingeschränkt als verläßliche Aussagequelle zu werten. Zumal bei professionellem Einsatz, d.h. also 24h Betrieb, Schnittbetrieb mit schnellem Umschalten, etc. die Zuverlässigkeit nicht sehr hoch ist. Viele Otaris beim NDR waren als Redaktionsmaschinen im Einsatz. Umgebaut, ohne Aufnahme. Für den Einsatz daheim ist sie aber immer sehr gut geeignet.

Gruß
Michael


hanns-d.pizonka

Hallo Michael,

prinzipiell stimme ich Dir bei der bekannten Thematik der Probleme der Schlaufenfänger bei Otari MX-55 zu.  Lies zu diesem Thema mein Posting im Tonbandinfo.com (letzte Woche?) :

Ich zitiere mich selbst:
"...Im Netz habe ich eine Otari (MX-50 oder doch MX-55?) entdeckt, bei der vom Besitzer das Abrieb-Problem der Schlaufenfänger mit grösseren Rollen (wahrscheinlich mit Kugellagern? ist nicht zu erkennen) auf Null reduziert wurde. Wenn hier jemand etwas weiss, die richtigen Drehteile, die richtige Höhe, die passende Gewindebefestigung und so fort, der könnte mir/dem Dreher unnötige Arbeit und Zeit  und Tüftelei ersparen."

Dabei findest Du auch ein Bild, das eine bereits durchgeführte mögliche Lösung zeigt, die auch bei mir in Kürze in Angriff genommen wird.

Dazu moch folgendes: Keines meiner mehr als 40 (oder auch noch einige Jahre mehr bei weiteren Bändern vom Typ BASF LGR und AGFA PER525) Jahre alten Bänder würde ich heute auf meiner G36HS oder A77HS im Wiegergabebetrieb fahren. Denn deren festehende Umlenkungen und Bandführungen bringen viele meiner BASF- und SCOTCH-Bänder in arge Bedrängnis mit unerwünschstem starken Abrieb. Deshalb geht es bei mir nur noch um eimaliges Abspielen (kein hin- und herfahren!) für den Erhalt der Information mit Überspielen auf andere Tonträger (Digitalisierung).

Wenn im Moment überhaupt, dann  nur auf einer MX-55 im Wiedergabebetrieb und NIE im Umspul/Suchbetrieb. Sollte in Kürze das Service-Manual vorliegen, kommt das mögliche Verringern der Auf- und Abwickel-Bandzüge in die Erprobung/Einstellung - wie weit geht es unter 60 p im Wiedergabebetrieb ohne Aussetzer und Dropouts?

Mehr hierzu in den kommenden Tagen.

MFG
H A N N S -D.

hanns-d.pizonka

Hallo ihr historischen Bandsammler,

meine Suche im Marktplatz hat mir mittlerweile  ein Stück Ton-Band als Masse-Band mit ausreichender Länge mit der Aufschrift

Anorgana Genoton Typ EN 1157 13

zugeführt.

Das Band  zeigt dahinter übereinander die Ziffern 4 und 5. Wie breit war die Folie und wie weit vom Rand (wegen der 4 und der 5) wurde dieses Band auf VIERTEL-ZOLL geteilt? Wer und wo war Anorgana?

Kann mir von euch beiden im Süden einer mit Informatinen (F.E. und Phono-Max) weiter helfen, oder gibt es dafür gar beim VDT aus alter Zeit oder vielleicht sinngemäss bei der BASF oder in der Funkschau aus 1957/58 einen Artikel?

Ich hätte dazu noch ein paar mehr Fragen, aber das reicht für den Anfang erst mal.

MFG
H A N N S -D.

PhonoMax

Lieber Hanns-D.,

die Entstehung der Magnetbandfertigung in Gendorf (bayerisches Chemiedreieck Burgkirchen -Altötting-Burghausen) ist einigermaßen kompliziert, weil die Auslagerung des Ludwigshafener Hauptlabors und der seit 1943 in LU (explosionsbedingt) defekten Magnetbandfertigungsanlage über Waldmichelbach/Aschbach nach Gendorf (1944-1946) und die Übernahme des Gendorfer Betriebes durch die alliierte Basatzungsmacht Amerika ineinander hineinwirken.

Grundsätzlich: Auch Gendorf war ein IG-Farben-Betrieb, der spätestens ab Mai 1945 unter der Aufsicht der USA stand. 1953 wurde der Betrieb an den Freistaat Bayern abgegegeben, der in der Hoechst AG schnell einen Interessenten fand. Die nach dem Kriege teilweise durchaus erfolgversprechend angelaufene Magnetbandfertigung -der Österreichische Rundfunk bezog sein Band vollständig aus Gendorf, ja ließ es sogar mit seinem Namen rückseitig bedrucken- wurde aber 1956 zur nicht geringen Freude der Ludwigshafener schon wieder eingestellt, aus deren Belegschaft die Gendorfer Magnetbandler mitunter zwangsweise rekrutiert worden waren und inzwischen bereits junge Ingenieure (Jarczyk und Huber) nachgezogen hatten.
So befand sich der Ludwigshafener Dr. Friedrich Matthias wegen der oben erwähnten Verlagerungen zu Kriegsende in dem ebenfalls den Amerikanern unterstellten Waldmichelbach, was seitens der Besatzer die prompte Versetzung nach Gendorf erheblich erleichterte, während die Ludwigshafener sich in der französischen Besatzungzone wiederfanden, was für die Betroffenen zu teilweise erheblichen LoyalitätsKonflikten im Verhältnis zur Besatzungsmacht einerseits und zur 'alten' Firma andererseits führte. Dr. Matthias beschloss im Gefolge dessen sein Leben 1956 in Bayern (Burgkirchen/Alz).

EN dürfte mit dem Lextra der Ludwigshafener das letzte in Deutschland gefertigte Masseband gewesen sein. Rudolf Müller (AGFA, München) beschreibt diesen Bandtyp recht genau in seinem legendären historischen Gang durch die Magnetbandgeschichte, der (nach einem Vortrag in Palm Springs 1986) 1988 im Oktoberheft des Journals der Audio Engineering Society abgedruckt wurde.
EN soll in der Rezeptur weitgehend dem Lextra entsprochen haben, obgleich die Aussteuerbarkeit schon damals (als Entstehungszeitraum gibt Müller für EN 1955 an; ich meine aber, zwei Bänder dieses Typs zu besitzen, die von der Fa. Heidrich, Bremen stammen und wenigstens drei Jahre älter sind) auch im Vergleich zu Lextra einen Hund jammern konnte: k3 bei 200 nWb/m 6,5 %!

Daten:
Lextra (Ludwigshafen 1949): Masseband auf Luvithermbasis; Magnetit kubisch; Koerzitivtät: 222 Oe, Remanenz: 219 G
EN (Gendorf 1955): Masseband auf Luvithermbasis, Magnetit kubisch, Koerzitivität: 186 Oe, Remanenz: 159 G

Wie lange die aus Waldmichelbach/Aschbach nach Gendorf transportierte Fertigungsanlage in Gendorf Dienst tat, weiß ich nicht. Sollte dies bis zum Ende der Fertigung 1956 der Fall gewesen sein, könnte Friedrich sicher etwas zur Bahnenbreite sagen, aus der die Bänder dort geschnitten wurden. Friedrich hat die Waldmichelbacher/Aschbacher Geschichte sehr genau recherchiert, womit zwangläufig auch der Waldmichelbacher 'Austrag' in Gendorf mit angesprochen werden muss.

Hans-Joachim

hanns-d.pizonka

#5
Hallo Sammler von altem Bandmaterial,

selten taucht es auf, und wenn, dann auf Flohmärkten und versteckt sich - wie vor mir, dazu noch in einem Korb und natürlich zu unterst. Wenn der amerikanische Elektronik-Spassvogel Murphy (MURPHY`S LAWS) schon gesagt haben könnte, wenn sich etwas verbirgt (und er meinte natürlich Fehler der Elektronik in komplexen Schaltungen), dann immer so gut, dass es selbst beim zweiten Blick noch gut verborgen ist. Den Korb in dem ich kramte, der enthielt Tonbänder in den bekannten AGFA-Kassetten-Schubern, es waren 13er- und 15er-Grössen, an denen ich nun gar kein Interesse mehr habe. Aber ... meine suchenden Finger finden da auch noch das Seltene, den AGFA CUTTER SET in dem Behältnis, das normalerweise eine gefüllte 15er-Bandspule enthält. Die Kassette schien leer, aber dasGewicht stimmte nicht. Der Blick auf den Rücken und in das Innere zeigt, den kompletten CUTTER SET, zu erkennen an der Beschriftung auf der Schmalseite auf rotem Grund.

Das Klebeband klebt noch, was mich zwar verwundert, aber andererseits zeigt, die Chemiker bei der AGFA in Leverkusen (?) waren gut, sie verstanden ihre Arbeit, denn runde vierzig Jahre später Bänder zu kleben, wer hätte das damals, und erst recht heute im Jahr 2007, für möglich gehalten?

MFG
H A N N S -D.
EDIT=Dreckfuhler besaiticht