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Fotoanleitung - Relaiskontakte überholen!

Begonnen von Armin777, Freitag, 25.Juli.2008 | 19:43:18 Uhr

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Armin777

Hallo alle,

ich werde diese Anleitungsreihe mal überarbeiten und erweitern und zwar um solche Dinge, die immer wieder und an fast allen Geräten vorkommen.

Nach dreißig Jahren Erfahrung und der gewonnenen Einsicht, daß es die meisten Relais nicht mehr zu kaufen gibt, habe ich mir Methoden zur Überholung erarbeitet, die Ihr zu Hause auch so übernehmen könnt. Zu den Relaiskontakten noch ein Vorwort: die Ausfälle äußern sich meist bei kleinen Lautstärken und der Ton kommt mit einem "Plopp" wieder, wenn langsam lauter gemacht wird. Der Verschleiß an den Kontakten kommt meist durch eingebrannte Stromfunken-Hinterlassenschaften. Tipp für die Praxis: vor dem Einschalten die Lautstärke auf "null", also ganz leise, stellen, dann einschalten und erst wenn das vertraute "klick" zu hören war, die gewünschte Lautstärke einstellen - so leben die Relais beinahe ewig!

Anleitung

Zunächst das Relais auslöten. Das ausgelötete Relais sieht dann so, oder ähnlich aus:



Hier von unten, wo die Lötanschüsse zu sehen sind. Rechts und links sind kleine Stege zu erkennen, darüber zwei kleine Nasen, die die schwarze Kappe des Relais festhalten.



In den Spalt zwischen der Kappe und der Grundplatte in Höhe der Rastnasen vorsichtig ein Messer oder einen sehr flachen, kleinen Schraubendreher einstecken, dadurch spreizt sich die Kappe etwas ab und sie kann nach oben abgezogen werden. Ich habe hier mal ein Messer und einen Schraubendreher verwendet. Wichtig: man benötigt zwei Werkzeuge, da beide Rastnasen gleichzeitig ausgehebelt werden müssen. Bitte vorsichtig zu Werke gehen, man kann die Stege leicht ausbrechen!



Nun ist das Relais geöffnet und wir können uns ganz den Kontakten widmen. Hinten im Bild sieht man ein Relais, wie es aussieht, wenn es ausgebaut ist. An dem vorderen habe ich bereits die feststehenden Kontakte mit einer Justierzange herunter gebogen, damit man gut an die Kontakte herankommt.



Auf die eigentlichen Kontaktflächen, diese können rund oder eckig sein, das hängt vom Hersteller ab, gebe ich mit Hilfe einer Spritze nun Wellenschalteröl und lasse dies einige Minuten einwirken. Sieht in dieser Phase so aus:



Damit man den Unterschied zwischen vorher und nachher wirklich gut sehen kann, habe ich hier nochmal beide geöffneten und ausgebauten Relais, mit  bereits aufgebogenen Kontakten, fotografiert (so gut das mit meiner kleinen Casio eben geht). Die kleinen Rechtecke, die am rechten Relais quer stehen, befinden sich auf den feststehenden Kontaktfedern, die zwei hochkant stehenden Kontakte am linken Relais befinden sich an den beweglichen Kontaktfedern. Wenn durch die Spule ein Strom fließt, werden die beiden beweglichen Kontaktfedern auf die beiden feststehenden Kontaktfedern zu bewegt, so daß die Kontakte sich berühren. Dadurch werden die beiden Plusleitungen der Lautsprecher  mit den Endstufen verbunden. Wenn von dort schon stärkere Signale kommen, springen kurz vor dem Schließen der Kontakte Funken zwischen den Kontakten über, die auf die Kontaktoberflächen verheerende Wirkungen haben - eben kleine Krater einbrennen! Dazu muß man sich einmal vergegenwärtigen, daß Lautsprecher große Induktivitäten und große Kapazitäten beinhalten. Solche Verbraucher haben die unangenehme Eigenschaft im Moment des Einschaltens riesengroße Ströme zu beanspruchen, die bereits wenige Millisekunden später schon winzig klein sind. Arme Relaiskontakte!

Nachdem das Wellenschalteröl seine Wirkung getan hat (etwa 3-5 Minuten sind genug, länger schadet aber nichts, solange kein Kunststoff oder Gummi im Spiel ist, daher immer sparsam anwenden!) kann mit der eigentlichen Reinigung begonnen werden. Ich verwende hierfür Wildlederstäbchen, die ursprünglich aus dem Fernmeldebereich kommen, wo man viele Kontakte zu reinigen hatte, bevor alles digitalisiert wurde. Wenn das Wildlederstäbchen seine reinigende Wirkung auf den Kontakten hinterlassen durfte, sehen selbige wieder aus wie neu:



Linke Seite: vorher. Rechte Seite: nachher. Dies sind die Schaltkontakte, die feststehenden Kontakte werden in gleicher Weise gereinigt.



Ganz wichtig: auf keinen Fall mit irgendwelchen spanenden Werkzeugen die Kontakte berühren. Diese haben eine hauchdünne Schicht Edelmetall (Gold oder Platin) aufgedampft, die ein Schleifpapier, egal wie fein, sofort herunterholt! Auch Schraubendreherklingen, Feilen oder überhaupt alles, was hart ist, hat an den Kontakten nichts zu suchen. Viele nehmen Papier, das ist zwar mühselig, geht aber. Die Schwierigkeit liegt darin, daß man mit Papier kaum Druck auf die Kontakte ausüben kann, deshalb dauert es dann entsprechend lange. Die Wildlederstäbchen sind ideal dafür und preiswert zu bekommen.



Wenn nun alle Kontakte wieder strahlen und glänzen, müssen die feststehenden Kontaktfedern wieder in ihre Ausgangsstellung zurück gebogen werden. Bitte von der Seite her prüfen, ob ein sichtbarer Spalt, wie im Foto zu sehen, zwischen den Kontakten zu Stande gekommen ist. Mit dem Zeigefinger kann man durch Antippen des Ankers oben in der Mitte der Spule prüfen, ob die Kontakte sauber und satt schließen.

Erst jetzt wieder die Kappe aufsetzen - dabei auf die Richtung achten! Sie läßt sich nur in einer Richtung aufsetzen!
Danach kann das Relais wieder eingelötet werden. In diesem Beispiel sind zwei Relais zu sehen, diese werden in manchen Geräte zum Umschalten der Lautsprecher-Gruppen A und/oder B verwendet, für jede Gruppe halt eines.
Manchmal kann man das Ganze dadurch abkürzen, daß man einfach das Relais für B in A einlötet und umgekehrt. Dann tritt der Aussetzfehler nur noch auf B auf, was meist seltener bis gar nicht benutzt wird. Deshalb sind die Kontakte am Relais für B meist noch erheblich besser erhalten, aber man kann sich darauf nicht verlassen.

Das oben erwähnte Wellenschalteröl kann beim Rundfunk-Spezialisten Granowski in Rudolstadt/Thüringen bezogen werden (eingach googeln), es gibt zwei Sorten, die "d" (rot) und "k" (blau) heißen, bzw. sind. Das rote ist für alte Kontakte, wie hier in unserem Anwendungsfall, blaues ist für neue oder gereinigte Kontakte und dient zum Versiegeln. Also nach der Reinigung mit einem Tröpfchen blaues Öl versiegeln.



So eine Flasche kostet um die 5 Euro und hält ein Leben lang! Die Wildlederstäbchen können mehrfach verwendet werden, ich werfe sie meist erst nach mehr als zwanzig Anwendungen weg, dann löst sich das Leder langsam vom Holz. Die Spritzen habe ich mir bei ebay für 50 Cent pro Stück ersteigert, die stammen noch von vor dem 2. Weltkrieg und die dickeren Kanülen sind für unsere Zwecke die verwendbaren.



Wenn es zu diesem Thema Fragen oder Kommentare gibt - gerne nur zu! Genauso dankbar bin ich für Anregungen zu Themen, die ihr Euch noch wünscht. So wie compudoc für seinen Luxman-Stereodekoder.

:drinks:

Bildtags repariert
Jürgen

Compu-Doc

Zitat.....kann man nicht aus Fensterleder selbst was herstellen?

genau das gleiche wollte ich auch fragen; Bezugsquelle(n), oder do-it-yourself-tipp, bitte.  :_hi_hi_:

:drinks: wieder mal sauber und sehr gut erklärt, merci Armin!!

Als ich das mit dem wegbiegen der feststehenden Kontakte gelesen habe, hatt´s mich schon ein bisser´l geschaudert........ratz~fatz sind die alten Purchen ab,oder?  :_24_:

So,da ich eben erst vom Wässern aus meinem Jungle gekommen bin, wird der mono-Lux erst morgen nach dem "F" auf die Reise nach Berlin gehen.

Sag mal Armin, die Bezeichnung Luxman-Stereodekoder, welche Du verwendet hast, ist das nicht ein Receiver?  .,a015
En la mesa y en el juego, la educación se ve luego.

Jürgen Heiliger

Hi Jungs,

das Thema um die Leder-Holz-Stäbe habe ich mal extrahiert..... dies dürfte noch mehr Leute interessieren.....
http://new-hifi-classic.de/forum/index.php?topic=2900.0

Gruß
Jürgen

>.... liebt den guten Ton und die Musik ....<
>.... die HiFi-Classiker und die Information ....<
Unsere WIKI
Skype: juergen_heiliger

Armin777

Zitat von: Compu-Doc am Freitag, 25.Juli.2008 | 22:45:57 Uhr
Als ich das mit dem wegbiegen der feststehenden Kontakte gelesen habe, hatt´s mich schon ein bisser´l geschaudert........ratz~fatz sind die alten Purchen ab,oder? 

Nein, Robert, die kann man bestimmt sehr oft hin und her biegen, ohne daß da etwas passiert. Ich habe es noch nie erlebt!

ZitatBezugsquelle(n), oder do-it-yourself-tipp, bitte.

Wer es selbst kaufen möchte ---> bitte, hier: http://www.leder-lauber.de/index.php?id=1, Wer nur ein oder zwei Stück braucht, kann diese auch bei mir bekommen. Kostet ein Euro pro Stück.

ZitatSag mal Armin, die Bezeichnung Luxman-Stereodekoder, welche Du verwendet hast, ist das nicht ein Receiver? 

Nein, nein, Robert der Receiver heißt R-1030. Das Teil, dessen Abgleich und Prüfung ich erklären möchte, heißt Stereodekoder und ist im Gerät dafür zuständig, zu erkennen, ob ein 38 kHz Pilotton zusammen mit der Rundfunksendung ausgestrahlt wird und, falls ja, umschaltet und das kleine Lämpchen an der Front zu Leuchten bringt!

:drinks:

Compu-Doc

Danke für die klärenden Worte, logo, Dekoder ist ja im Receiver!

So, der Lux ist verpackt, earthquake-protected, geht aber-leider-erst am Montag weg, da der HERMES schon um 13.00h das WE eingeleutet hat.
En la mesa y en el juego, la educación se ve luego.

errorlogin

Auch wenn das hier schon älter ist: Tolle Anleitung, vielen Dank, Armin!   :_hi_hi_:

Kann man zum reinigen auch Oszillin oder ähnliches nehmen? Oder warum benutzt Du gerade dieses Wellenschalteröl? Ist das so viel besser für den Zweck?

Grüße und danke.

Armin777

Hallo errorlogin,

man kann vieles nehmen, wichtig ist die erzielte Langzeitwrkung. Die Erfahrung mit Wellenschalteröl ist schon gut, inzwischen verwende ich noch lieber Metallpolitur in pastöser Form mittels eines Wattestäbchens augebracht und verrieben, mit einem Lederstäbchen poliert. Anschließend mit blauem Wellenschalteröl oder Kontakt 61 versiegeln.

:drinks:

morgen

Hallo,

bei der Reinigung von Relaiskontakten gehe ich folgendermaßen vor:
Ich schneide ein wenig Löschpapier in dünne Streifen. Dann besprühe ich ein Ende des Streifens mit Kontakt WL und führe diesen Streifen zwischen den geöffneten Kontakten des Relais. Dann betätige ich den Anker des Magneten. Durch leichtes ziehen des Streifens werden die Kontakte nun schonend gereinigt. Bis jetzt habe ich noch kein Relais in die Finger bekommen, welches nun nicht optimal funktionierte. Mechanisch belasten oder versiegeln würde ich diese Kontakte nicht. Nachher wieder den Staubschutz drauf und dann hat man wieder für lange Zeit Ruhe.
Bei Kontaktleisten zb. einer Revox A77 kommt man mit dieser Methode aber nicht weiter. Hier hilft der Tip mit den Wattestäbchen und der Metallpolitur schon weiter. Hier könnte man die Lederstäbchen gut zum polieren verwenden. Versiegeln würde ich hier aber auch nichts.
Kontakt60 gehört wegen der ätzenden Wirkung auf jeden Fall in die Tonne.
.,045

Compu-Doc

Zitat{...}Kontakt60 gehört wegen der ätzenden Wirkung auf jeden Fall in die Tonne.

Kontakt 60 ist doch sinnvoll, wenn man nach der Behandlung mit WL und 61 nacharbeitet.

Ob das auch für LS-Relaiskontakte zutrifft, entzieht sich meiner Kenntniss.  .,a015
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