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Unterschiede verschiedener Pressungen & Pressauflagen und die Pressqualität

Begonnen von be.audiophil, Mittwoch, 25.März.2009 | 21:34:23 Uhr

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be.audiophil

Moin,

ich fange hier einfach mal mit einem Zitat aus einem anderen Thread an:

Zitat von: be.audiophil am Mittwoch, 25.März.2009 | 17:02:07 Uhr
Zitat von: kuni am Mittwoch, 25.März.2009 | 15:10:43 Uhr
Zumindest ist es bei mir so, daß ich meine CD's, LP's etc. nicht nach audiophilen Gesichtspunkten aussuche, sondern nach Interpreten die mir gefallen. Daß der Tonträger dann evtl. schon anders aufgenommen wurde, als wie sich das musikalische Original mal angehört hat, muß ich dann akzeptieren, bzw. bin ja dann noch nicht mal in der Lage zu sagen, ob dem so ist oder nicht.

Das ist ein sehr spannendes Thema ... sollten wir evtl. an anderer Stelle ausführlicher diskutieren, wenn Du magst ...

... die "zu Grunde liegende" Aufnahme sollte bei allen Pressungen gleich sein, es sei denn der Masteringingenieur eines Reissues (CD, LP, Band, DVD und Co.) hat sich bewußt oder unbewußt für einen anderen Take der damaligen Aufnahmesession oder für einen Take aus einer ganz anderen Aufnahmesession entschieden. Dann wäre es aber eigentlich auch kein Reissue/ keine Wiederveröffentlichung im eigentlichen Sinne ...

Da ich das Thema sehr spannend finde und nicht nur mit einigen Freunden den Vergleich zwischen verschiedenen Pressauflagen bei CD und Vinyl mit deutlich wahrnehmbaren Unterschieden unternommen habe, würde ich dieses Thema nun gerne hier etwas ausführlicher diskutieren.

Ich schicke vielleicht besser auch gleich zu Anfang voraus, daß diese angestellten Vergleiche mich dazu brachten, eben doch fast ausschließlich auf die Erstauflagen zu setzen und daß ich hierbei in der Zwischenzeit so einige Exemplare gefunden habe, die in Punkto Auflösung, Tiefenstaffelung, Dynamik und Klangfarben deutlich besser spielen, als jede erdenkliche Nachpressung. Um besondere audiophiele Reissues mache ich seither auch eher einen ganz großen Bogen ... mit einer löblichen Ausnahme - nämlich den Pressungen von Mosaic Records.

Ich würde in diesem Thread gerne nicht nur Vinyl- sondern auch CD-Veröffentlichungen sowie gleichzeitig ein wenig die Historie der verschiedenen Pressungen, Labels und Presswerke beleuchten. Gerne auch am Beispiel verschiedener bzw. spezieller Einspielungen.

Ich formuliere mal ganz vorsichtig, daß ich vermute, daß man gerade darüber (Labelhistorie und Eigenarten sowie Geschichtlichem zu den Presswerken) auch einige Rückschlüsse über die bei einer Pressauflage (CD und Vinyl) i.d.R. zu erwartenden Qualität machen kann.

@ Kuni

Mit welcher Einspielung würdest Du gerne beginnen?

Jürgen Heiliger

Hi Jungs,

würd' mich hier gerne mal mit einer modernen Einspielung einmischen......
Da ich weiß, dass bei Deiser zwei unterschiedliche Abmischungen existieren....
http://www.quintonrecords.com/main/mainset.htm => Wolfgang Puschning - GREY

einmal die CD- und einmal die LP - Abmischung..... von denen beide als Masterband hier existent sind....
Gruß
Jürgen

>.... liebt den guten Ton und die Musik ....<
>.... die HiFi-Classiker und die Information ....<
Unsere WIKI
Skype: juergen_heiliger

be.audiophil

Moin Jürgen,

...  .,a015 ... kenne ich z.B. nicht und wüßte jetzt auch nicht, wo es die zu kaufen gibt.

Vielleicht sollten wir deshalb aber allein schon wegen der doch größeren Anzahl von Reissues einen Klassiker vorziehen ... gerne auch aus dem Pop- oder Rock-Bereich ... dann wären auch Dinge wie der sich verändernde Zeitgeschmack bei den evtl. unterschiedlichen Abmischungen besser abbildbar bzw. nachvollziehbar.

Captn Difool

Mehrere Pressungen habe ich auch nicht. Jedoch einen Masterbandschnitt von King Crimson at the Crimson Court, wo die normale Pressung eines Freundes von mir deutlich schlapper und lebloser klang. Insofern sind audiophile Pressungen nicht immer schlechter oder die falsche Wahl.

Auch glaube ich nicht, das jede Erstauflage nur aufgrund dieses Umstandes automatisch am besten klingt, wohl eher, wenn man mit den alten Matritzen weiter preßt...  :flööt:

Hinzu kommen nicht immer RIAA-Konforme Verzerrungen. So klingt die US-Pressung der "Spectrum" von Billy Cobham langweilig und muffig. Drehe ich am parametrischen EQ meines Yamaha und hebe die äußersten Enden an Baß und Höhen etwas an, klingt sie sehr natürlich und peppig. Kleine Veränderung, große Wirkung.

Von daher bin ich mit Bewertungen einzelner Pressungen vorsichtig, nicht immer sind sie schlecht wenngleich im Ausgangszustand oft unbefriedigend.  Auch die Abmischung ist so eine Sache. Meine Spliff-Platten und auch die von Cosa Rosa wurden letztlich alle von Reinhold Heil produziert bzw. gemastert. Entweder hört er schlecht oder hat bestimmte individuelle Hörgewohnheiten oder hatte Monitore mir mäßiger Höhenwiedergabe. Obwohl klanglich sehr gelungen, klingen seine Masterings immer eine Idee zu hell und spitz, auch auf CD.

Dann gibt es sehr neurtrale Masterings, die auch als spätere Pressung begeistern. Die "Smooth Operator" von Sade z.B. kaufte ich erst deutlich später, ist aber sehr "smooth" im Hörerlebnis, tolle Epic-Pressung.

So könnte ich noch einige Beispiele aufführen...

be.audiophil

#4
Moin André,

Zitat von: Captn Difool am Mittwoch, 25.März.2009 | 22:40:01 Uhr
Mehrere Pressungen habe ich auch nicht. Jedoch einen Masterbandschnitt von King Crimson at the Crimson Court, wo die normale Pressung eines Freundes von mir deutlich schlapper und lebloser klang. Insofern sind audiophile Pressungen nicht immer schlechter oder die falsche Wahl.

...  .,a015 ... wenn ich Dich richtig verstehe, so gehst Du davon aus, daß audiophile Pressungen automatisch oder besser per Definition näher am Masterband sein müßten. Dem möchte ich sogar eher vehement widersprechen, zeigen z.B. einige hier vorliegende Klassikeinspielungen deutlich das Gegenteil ... z.B. die DECCA 2197 ...

... oder die RCA-Einspielung der AIDA mit Price, Merill und Vickers (Bestellnummer des Tonabandes FTC-5005) ...

... oder die DECCA 2175, die mir als UK WB ED1 (die Erstauflage), als UK Plum Label (also das audiophile Reissue der Endsiebziger/ Anfangachtziger) und als spanische wide band Pressung vorliegt ...

... oder die DECCA 6364 Sibelius No. 3 die ich als holländische SB ED2 hier habe ... diese klingt z.B. deutlich magerer und weniger emotional als die UK WB ED1 oder die DECCA 6084 Sibelius No. 1 ebenfalls mit Maazel und dem VPO ...

... auch möchte ich an dieser Stelle z.B. Earl Klughs Fingerpaintings auf MFSL ins Rennen führen, die im direkten Vergleich zu einer normalen Pressung aus Anfang der Achtziger nicht wirklich besser klingt. Bei der MFSL ist die Bühne unnatürlich in die Breite gezogen, dafür hat diese Pressung zwar kräftigere Bassimpulse, diese wirken aber aufgrund der zu breit dargestellten Bühne und der fehlenden Tiefe sowie höhe und auch aufgrund der deutlich schlechter dargestellten Fokussierung deutlich lahmer als die Feld Wald Wiesen Pressung der Achtziger.

Als weitere gute Beispiele dafür, daß nicht jede audiophile Pressung automatisch besser oder weniger leblos und weniger lahm klingen, würde ich z.B. die Dave Brubek Time Out, die Buena Vista Social Club oder diese bekannteste und bereits mehrfach audiophile wiederaufgelegte Ami Winehouse LP anführen wollen.

Von der Time Out besitze ich sowohl die Erstauflage aus dem Jahr 1959, als auch eine normale Siebziger Jahre Pressung und das erst kürzlich erschienene audiophile Sony-BMG-Reissue. Das audiophile Reissue ist eine absolute Frechheit, klanglich dumpf, stark limitierte Dynamik und Auflösung, selbst tonal klingt diese Pressung schepps ... einfach nur lieblos und gewinnmaximierend hingeschludert; die Siebziger Jahre Pressung ist im Vergleich bereits deutlich besser ... aber die Erstauflage ist klanglich der Oberhammer ... da stimmt sowohl der Raum, als auch die Tonalität und es rockt, reißt mit, berührt emotional.

Die Buena Vista Social Club besitze ich als CD (eine ziemlich frühe Auflage, die ich mir bereits kurz nach Bekanntwerden der Gruppe kaufte) und hatte sowohl die ältere audiophile 33er Pressauflage als auch die 45er bereits mehrfach bei Freunden hören können. Diese spielen der CD sehr ähnlich. Das neuerdings wieder vertriebene 33er audiophile Vinyl-Reissue aber ist grauenvoll ... der Dynamikumfang beträgt vielleicht 1,5 dB ... alles ist gleich laut, einfach nervig und schlecht.

Diese Ami Winehouse LP brachte ein Freund zum Probehören mit. Es war diese audiophile Wiederauflage mit den Bonustracks ... die Scheibe wanderte frisch aus dem Laden direkt auf meinen Plattenteller ... die ersten Töne erklangen und wir schauten uns gegenseitig ungläubig an.Total blechern, wie in einen Wassereimer gebrüllt ... die Band stand auf der virtuellen Bühne vor der Sängerin ... nach einigem Überlegen und Nachsehen war dann klar, was bei diesem Reissue passiert war. Der audiophil veranlagte Toningenieur hatte die Phase verdreht ... das war wohl dem Vernehmen nach eine deutsche Pallas-Pressung ...

Zitat von: Captn Difool am Mittwoch, 25.März.2009 | 22:40:01 Uhr
Auch glaube ich nicht, das jede Erstauflage nur aufgrund dieses Umstandes automatisch am besten klingt, wohl eher, wenn man mit den alten Matritzen weiter preßt...  :flööt:

Verstehe ich nicht ganz oder ich stehe gerade auf dem Schlauch ...  :flööt: :_sorry:

... nein, ganz sicher klingen Erstauflagen nicht per se oder per Definition besser ... gleiches gilt für audiophile Pressungen. Aber bei ganz bestimmten Label ist sehr auffällig, daß die Erstauflagen besser klingen als die normalen Reissues ...

... hierzu finden sich bei z.B. Atlantic, Impulse, Verve, DECCA, EMI, DGG, Columbia, Emarcy, Roulette, Reprise, Skepter, MPS und Co. sehr viele Beispiele ...  :flööt:

Zitat von: Captn Difool am Mittwoch, 25.März.2009 | 22:40:01 Uhr
Hinzu kommen nicht immer RIAA-Konforme Verzerrungen. So klingt die US-Pressung der "Spectrum" von Billy Cobham langweilig und muffig. Drehe ich am parametrischen EQ meines Yamaha und hebe die äußersten Enden an Baß und Höhen etwas an, klingt sie sehr natürlich und peppig. Kleine Veränderung, große Wirkung.

Langsam ... es gibt keine RIAA-konformen oder nicht RIAA-konformen Verzerrungen, sondern nur ein spezielles Sounding ... insofern darf man das aber auch nicht verallgemeinern, denn gewisse Pressungen aus gewissen Häusern und aus ganz speziellen Epochen sollen/ sollten auch genau so klingen ... ich denke da z.B. nur an den Motown- oder den Phili-Sound der souligen Endsiebziger  ...

... und dieses Sounding war zwar sehr speziell, findet aber mit anderen Parametern z.B. heute wieder statt ... Stichwort Limiter, Dynamikumfang und Co.

Zitat von: Captn Difool am Mittwoch, 25.März.2009 | 22:40:01 Uhr
Die "Smooth Operator" von Sade z.B. kaufte ich erst deutlich später, ist aber sehr "smooth" im Hörerlebnis, tolle Epic-Pressung.

Da würde mich z.B. mal interessieren, welche Ausgabe (Bestellnummer, Matritze) Du hast und ob wir gemeinsam recherchieren können, aus welchem Presswerk diese Pressung stammt.

Captn Difool

Hallo Rolf,
da bist Du wohl etwas übers Ziel geschossen. Ich widerspreche lediglich, das es auch besser klingende Masterrecordigns gibt. Es las sich für mich etwas zu pauschal, das alle Masterrecordings nichts taugen würden. Ich gebe Dir Recht, mit dem Begriff "Original Masterrecording" wurde teils Schindluder getrieben und man bezahlte mehr Geld ohne Mehrwert zu bekommen.

Die Earl Klugh von MFSL ist ein immer wieder gerne angeführtes Beispiel. Meine beiden Beatles und DSOTM zeigen aber, das es doch geht.

Ich habe eine Motown-Reissue von Rare Earth, klanglich ganz hervorragend ohne "Special Sounding". Jenes war auf der Cobham-Aufnahme sicher auch so nicht gedacht, denn es paßt nicht zum Musikcharakter, das ist klassischer Fusionrock.

Die Sade-Platte heißt natürlich "Diamond Life". Ich habe wie so oft bei CBS/Epic eine holländische Pressung. Label: BIEM/STEMRA EPC 26044, Auslaufrille: "01-2644-4-A-1" gegenüber "1". Rückseite "01-2644-3-B-1" gegenüber "A" und ca. 45° links vom Code "NL". Meine Frau hat die CD davon, welche ein digitales Remix ist und Sades Stimme deutlich rauher klingen läßt.

be.audiophil

Moin André,

Zitat von: Captn Difool am Donnerstag, 26.März.2009 | 09:15:23 Uhr
Ich gebe Dir Recht, mit dem Begriff "Original Masterrecording" wurde teils Schindluder getrieben und man bezahlte mehr Geld ohne Mehrwert zu bekommen.

... dann sind wir ja auch sozusagen meinungstechnisch beieinander ...  :-handshake:

Zitat von: Captn Difool am Donnerstag, 26.März.2009 | 09:15:23 Uhr
Die Earl Klugh von MFSL ist ein immer wieder gerne angeführtes Beispiel. Meine beiden Beatles und DSOTM zeigen aber, das es doch geht.

...  .,a015 ... in der Betrachtungweise geht es ja eigentlich um Zweierlei ... persönliches Gefallen oder schwer Meßbares (Räumlichkeit, Tiefenstaffelung, Tonalität, Klangfarben) und soetwas wie z.B. wirklich meßbare Qualität ... also Rillenrauschen, Qualität vom Vinyl, Oberflächenbeschaffenheit, Dynamikumfang, (absolute)Phase etc.

Insofern ist eine zu einer Pressung geäußerte Einschätzung auch immer gleichzeitig Beides ...

... und bei meinem Beispiel mit der Earl Klugh hat die MFSL keine Vorteile in den meßbaren Eigenschaften, in den Punkten des persönlichen gefallens fällt sie aber deutlich hinter einer normalen Pressung zurück.

Die verschiedenen Pressauflagen der DSOTM sind ja schon fast überall besprochen ... trotzdem ... ja, die MFSL ist sicherlich keine meßbar qualitativ schlechte Pressung (also Stimmen Rillenrauschen, Dynamik, Phase, Oberflächenbeschaffenheit und Vinyl) ... aber bei den persönlichen - also eher nicht oder schwer meßbaren Eigenschaften - wird häufig und nicht nur von mir die amerikanische Erstauflage als höherwertig bezeichnet ...

... meine SAMS-Pressung (amerk. Erstauflage) hatte sich erst vor Kurzem ein Freund aus unserem Münchner Trioden Mafia Zirkel ausgeliehen ... er hat diese dann gemiensam mit einem weiteren unserer Mitstreiter gegen UHQR, MFSL sowie diverse holländische und deutsche aber auch die audiophilen Anniversary und Co. Pressungen gehört. Auch hier fiel das Geschmacksurteil eindeutig zu Gunsten der amerik. Erstauflage aus.

Ich frage mich deshalb schon des Längeren, worin denn diese Unterschiede in der persönlichen Bewertung liegen könnten?

Liegt es nur daran, daß verschiedene Ohren derart unterschiedlich Erhören, Gewichten oder Bewerten ...

... also im Sinne Hörer A achtet nur auf den Bass, Hörer B nur auf den MT und Hörer C nur auf den HT, Hörer D dagegen ausschließlich auf die schwer allgemeingültig erfaßbare "Musikalität" und Hörer E ausschließlich nur auf technische Dinge wie Klangfarben, Tonalität? Ändert sich z.B. das Bewertungsspektrum evtl. auch über die Anzahl der Hörerlebnisse mit dieser einen Pressung?

Zitat von: Captn Difool am Donnerstag, 26.März.2009 | 09:15:23 Uhr
Die Sade-Platte heißt natürlich "Diamond Life". Ich habe wie so oft bei CBS/Epic eine holländische Pressung. Label: BIEM/STEMRA EPC 26044, Auslaufrille: "01-2644-4-A-1" gegenüber "1". Rückseite "01-2644-3-B-1" gegenüber "A" und ca. 45° links vom Code "NL". Meine Frau hat die CD davon, welche ein digitales Remix ist und Sades Stimme deutlich rauher klingen läßt.

Da schaue ich heute abend mal nach, welche Pressung ich bei mir finde ... eine CD davon habe ich allerdings nicht.

Captn Difool

Ich denke es sind verschiedene Hörgewohnheiten, Übertragungsketten, welche die Hörgewohnheiten mit der Zeit beeinlfussen ("warum klingt das nicht so schön wie meine Röhren...?" u.w.) 

Was macht eine gute Aufnahme und Compilation aus?
Erstmal verschieden querhören, also nicht nur die gleiche Platte in verschiedenen Ausfürhungen sondern ganz allgemein Hörerfahrung. Unerschiedlichste Interpreten und Aufnahmen. Es ist zuweilen ganz nützlich, mal bei dem einen oder anderen Straßenmusikanten stehen zu bleiben. Ich hatte öfter mal das Glück, das Klassik-Musikstudenten sozusagen "auf der Straße übten". Allerdings spielten sie schon recht gut. Sei es Violine, Klarinette, Cello, Fagott oder Oboe. Selbst habe ich auch schon öfters auf Gitarren, Klavier und Flügel geklimpert. Als Schüler auch mal geblasen :smile nämlich in ein ventilloses Signalhorn und trotzem eine Melodie hinbekommen...hinzu kamen div. Percussionsinstrumente...  Auch bei Amateur-Bands war ich im Überungsraum hier und da mal zu Gast und auch gleich alles selbst ausprobiert.  So kann man ein wenig Gehör für den Klangcharakter entwickeln. Wohlgemerkt Charakter, denn verschiedene Instrumente klingen verschieden, ich konnte einmal drei Cellos gleichzeitig hören und jedes war anders. Dann kommen die Aufnahmeumstände hinzu. Kennt man aber den Charakter der Instrumente, versteht man auch die Aufnahme besser. Auch Tontechniker müssen sich sehr intensiv mit den Eigenschaften der Musikinstrumente auseinandersetzen. Ich behaupte mal frech, erst wenn man mit den Klangcharakteren der Instrumente "per Du" ist, kann man sich wagen, eine Aufnahme in Richtung Natürlichkeit zu evaluieren. Dabei muß man auch immer selbstkritisch bleiben und das Gehörte auch in eigener Richtung immer wieder hinterfragen können.

Ich kann letztlich nur für mich reden/schreiben. Als "gut" empfinde ich eine Aufnahme, wenn kein tonaler Bereich auffällt, feine Details sich harmonisch einfügen und Klangfarben unterschiedlich dargestellt werden, ich das Klangbild als "realistisch" empfinde. Dazu gehört auch die Dynamik einzelner Instrumentierungen. Mit der Zeit lernte ich, herauszuhören, wann ist es eine aufnahmetechnische Begrenzung, sei es dynamisch oder/und tonal (Beschneidung der Frequenzbänder, z.B. um das Aufschwingen des Schneidkopfes zu vermeiden oder zu tiefe Kopiergeneration des Masterbandes, etc.)

Die vorgenannten Ansprüche erfüllen natürlich nicht alle Platten gleichermaßen. Zunächst muß man lernen, die Fehler der eigenen Übetragungskette herauszuhören, die "filtert" nämlich die Aufnahme auf der Wiedergabeseite. Keine Übetragungskette ist fehlerfrei, auch nicht die angeblich "beste" und schon gar nicht die "teuerste". Auch das Beurteilen dieser Fehler setzt viel Hörerfahrung voraus. Kennt man diese Fehler, kann man sich an den Fehler der Aufnahme/Kompilation heranmachen.

So sind verschiedene Kompilationen der gleichen Ursprungsaufnahme natürlich immer etwas unterschiedlich, da nie die selbe Übertragungkette aufnahmeseitig (unter "Aufnahme" verstehe ich hier auch den Schallplattenschnitt) verwendet wurde.  Jeder Toning hat beim Mastern der Lackfolie eigene Präferenzen, welche noch hinzukommen. So müssen verschiedene Ausgaben verschieden klingen. So hat der Musikfreund und Plattensammler teils eine ganze Palette jeweilige "persönlicher Präferenzen" zur Auswahl, die teils auch unerschiedlich beim Hören bevorzugt werden. Allenfalls wenn es eine große Übereinstimmung von mehreren Musikfreunden für eine ganz bestimmte Ausgabe gibt, nehmen wir ruhig das Beispiel der US-Erstausgabe von DSOTM, scheint sich eine der Warheiten herauszukristallisieren.

Ich habe mir damals die MFSL-Ausgabe neu gekauft und relativ wenig gespielt. Mit dieser Ausgabe wollte ich mir einfach eine sehr gute Pressung sichern. Ich erhebe auch gar nicht, die "beste" aller Ausgaben zu haben, aber es ist immer noch eine sehr gute. Im AAA-Forum wurde kürzlich "The Wall" von Pink Floyd" diskutiert. Eine kleinere Mehrheit favorsierte dabei auch die CBS-Pressung aus den USA, manch anderer aber die deutsch Harvest-Pressung, welche auch ich habe. Persönlich klingt sie für mich recht ordentlich, ist aber in der Dynamik etwas begrenzt und der Hochtonbereich limitiert, also es ist noch Potential für ein besseres Mastering vorhanden. Mit der DSOTM bin ich aber zufrieden, so das es für mich persönlich nicht lohnt, zum wohl mehrfachen Kaufpreis nach einer gebrauchten US-Erstausgabe nachzujagen.

Soweit ich weiß, gibt es auch von anderen Interpreten Reissues, wo bis zur Schneidmaschine nur Röhrentechnik verwendet wurde. Ich bezweifle aber, ob das immer eine zu bevorzugende Methode ist. Das Zeilpublikum sollten demnach wohl "audiophile Röhrenfans" sein, die für einen Mehrpreis einer solchen Platte offen gegenüberstehen...

So begnüge ich mich in der Regel mit ganz ordinären Normalpressungen. Wichtiger ist mir bei gebrauchten Platten eher ein gute Allgemeinzustand, der mir ein möglichst störungsarmes Hören (Knister/Knackser) ermöglicht. Nur bei wenige Platten lege ich Wert auch bestmögliche Wiedergabe. Ich habe mir von Zeit zu Zeit, wo möglich, auch Japanpressungen gekauft. Hauptsächlich um eine gute Pressung zu haben, klanglich kann man wieder diskutieren, welche "besser" ist. Bei japangepressten Vangelisplatten habe ich zumindest den Genuß, auch leise Passagen fast wie vom Masterband selbst hören zu können.

Es gibt natürlich auch "stinknormale" Platten, die klanglich wie aufnahmetechnisch überraschen können. So die kürzlich von mir erworbene "Der Detektiv" von Udo Lindenberg (1979). Da gibt es nichts zu meckern, "Deutsche Wertarbeit".  Zumindest beim Abtasten mit dem MC30Super fielen mir da keine Fehler auf, ich glaubte schon fast, da liefe eine Bandmaschine mit dem Mastertape. Eine saubere Arbeit. So wünschte ich mir auch viele andere Kompilationen. Das soll nur mal als Beispiel stehen, das man auch eine Kompilation für sich als Maßtstab nehmen kann. Andere haben sicher andere Beispiele.

kuni

Hi zusammen,

Zitat von: be.audiophil am Mittwoch, 25.März.2009 | 21:34:23 Uhr
@ Kuni
Mit welcher Einspielung würdest Du gerne beginnen?

Na ja, zum Threadthema "Unterschiede verschiedener Pressungen & Pressauflagen und die Pressqualität" kann ich nun nicht viel sagen, weil:

Zitat von: kuni
Zumindest ist es bei mir so, daß ich meine CD's, LP's etc. nicht nach audiophilen Gesichtspunkten aussuche, sondern nach Interpreten die mir gefallen. Daß der Tonträger dann evtl. schon anders aufgenommen wurde, als wie sich das musikalische Original mal angehört hat, muß ich dann akzeptieren, bzw. bin ja dann noch nicht mal in der Lage zu sagen, ob dem so ist oder nicht.

Mir geht es beim Kauf von Tonträgern mehr um den musikalischen Inhalt, als um die audiophilen Gesichtspunkte der diversen Pressungen/Auflagen. Das hat dann natürlich zur Folge, daß ich meißtens nichts doppelt habe und mir deswegen der Vergleich fehlt.

Einzige Ausnahme ist die (ich glaube erste Platte) von Santana mit gleichem Namen (die weiße). Die habe ich als LP (ich meine CBS). Da die Scheibe aber stark geknistert hat und auch ein zweiter Vinylkauf zu knacksig war, habe ich mir dann die CD gegönnt (mit Bonustracks). Keine Ahnung in wieweit diese beiden Versionen den selben Ursprung haben. Zumindest meine ich auf der CD noch sowas wie "Bandrauschen" vom Masterband zu hören. Mal abgesehen vom Knistern/Knacksen der LP, hört sich die CD transparenter und dynamischer an. Carlos scheint mit seiner Gitarre eher vor der Band zu stehen. An was das liegt kann ich nun leider nicht sagen. Auffallend ist aber, daß der eigentlich sehr gute Gesamteindruck der CD bzgl. der LP Titel im Bonsumaterial nicht gehalten wird.
Nun muß man aber auch wissen, daß die Bonustracks Liveaufnahmen von Woodstock sind. Da mag die Quelle schon auch noch etliches schlechter gewesen sein. Jedenfalls hört sich Santana da an, als hätte das Mikro hinter einem Wald gestanden (vielleicht war der Toningenieur aber auch stoned raucher01 - würde mich nicht wundern  :shok:.

Nochmal um auf mein eigenes Zitat oben zurück zu kommen (weil ich Fortsetzung des Ursprungsthemas etwas anders gedacht hatte):
Ich wollte da mit meiner Aussage eigentlich nicht auf die Unterschiede in den Pressungen abheben, sondern eher auf die Frage "Was ist denn eigentlich das Original ?".
Weis jetzt nicht ob wir das hier noch mit einfließen lassen wollen. Ich stelle dazu mal ein paar Antworten (nicht nur von mir) in den Raum, die ich schon leidenschaftlich in meinem Bekanntenkreis diskutiert habe (und da sind auch Musiker dabei). Diese Bandbreite zeigt, wie sehr allein die Frage nach dem Original schon subjektiv geprägt ist.

Also, das Original könnte z.B. sein
a) das was der Toningenieur in die Produktion abgibt
b) das was bei der Aufnahme im Raum zu hören war. Von wem ?: Dem Toningenieur oder dem Musiker der das schon nur noch über KH hörte ? Oder einem Dritten, der sich das ohne KH angehört haben könnte ?
c) das Instrument, das der Musiker gespielt hat. Und was, wenn der nur eine billige Geige besitzt, die sich ganz anders anhört, als eine irgendwie geartete "Referenzgeige" à la Stradivari ?
d) Rockmusiker sagen mir, ihr Gehör sei schon geschädigt durch die Auftritte. Dieser Musiker hört sich also schon deswegen selbst ganz anders als andere. Ist das Original dann so wie der Musiker entscheidet, wie es gepreßt werden soll (also so wie der Musiker den Sound gerne hätte) ? Oder doch eher so, wie der Tonigenieur dem Musiker sagt wie es sich besser anhört ?

Solche Szenarien kann man sich viele zurechtlegen, weswegen es für mich schon ganz grundsätzlich kein Original geben kann.
Ich hatte mal auf o.g. Frage einem Musiker geantwortet: "Original ist für mich der Sound, wie er vom Künstler gewünscht und beabsichtigt wird".
D.h. wenn der Künstler seinem Stück einen übertriebenen Bum-Bum Bass beimischt, dann war das musikalisch gewünscht und ist deswegen original.
O.g. Rockmusiker sagte mir dann aber, daß er selbst seine Musik eigentlich nie pur hört, sondern immer nur über Bühnenmonitore, Ohrstöpsel, Kopfhörer etc.
Bei Klassik kann das natürlich etwas anders sein.

Ein anderer Freund macht nebengewerblich Klassikaufnahmen. Er ist auch der Meinung, daß es kein wirkliches Original gibt, zumindest nur original bzgl. eines bestimmten Zeitpunkts.
Ein Ensemble klänge anders, wenn die Instrumente kalt sind, weil sie in z.B. in einer Kirche spielen. Die Akustik ist dann eh ganz anders. Das gleiche Ensemble spielt einen Tag später in einem Konzertsaal und schwup klingt's ganz anders. Was ist hier das Original ?
Gruß, Kuni
..............................
http://kuni.bplaced.net/
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be.audiophil

Moin Kuni,

Zitat von: kuni am Donnerstag, 26.März.2009 | 13:09:56 Uhr
Nochmal um auf mein eigenes Zitat oben zurück zu kommen (weil ich Fortsetzung des Ursprungsthemas etwas anders gedacht hatte):
Ich wollte da mit meiner Aussage eigentlich nicht auf die Unterschiede in den Pressungen abheben, sondern eher auf die Frage "Was ist denn eigentlich das Original ?".
Weis jetzt nicht ob wir das hier noch mit einfließen lassen wollen.

Ich glaube, daß wir da gar nicht so weit voneinander entfernt sind ... weil ...

Zitat von: kuni am Donnerstag, 26.März.2009 | 13:09:56 Uhr
Mir geht es beim Kauf von Tonträgern mehr um den musikalischen Inhalt, als um die audiophilen Gesichtspunkte der diversen Pressungen/Auflagen. Das hat dann natürlich zur Folge, daß ich meißtens nichts doppelt habe und mir deswegen der Vergleich fehlt.

Einzige Ausnahme ist die (ich glaube erste Platte) von Santana mit gleichem Namen (die weiße). Die habe ich als LP (ich meine CBS). Da die Scheibe aber stark geknistert hat und auch ein zweiter Vinylkauf zu knacksig war, habe ich mir dann die CD gegönnt (mit Bonustracks). Keine Ahnung in wieweit diese beiden Versionen den selben Ursprung haben. Zumindest meine ich auf der CD noch sowas wie "Bandrauschen" vom Masterband zu hören. Mal abgesehen vom Knistern/Knacksen der LP, hört sich die CD transparenter und dynamischer an. Carlos scheint mit seiner Gitarre eher vor der Band zu stehen. An was das liegt kann ich nun leider nicht sagen. Auffallend ist aber, daß der eigentlich sehr gute Gesamteindruck der CD bzgl. der LP Titel im Bonsumaterial nicht gehalten wird.

... Deine Kaufentscheidung fällt aus musikalischer und Deine Bertung dann ja schon aus klanglicher Sicht ... also ähnlich den Bewertungen, die oben bereits gegeben wurden.

... und ja, das "Was ist näher am Original" wollen/ können wir sogar sehr gerne mit einfließen lassen. War aber auch imho schon implementiert ... vgl. Jürgens Hinweis auf eine Pressauflage von Quinton, von der er auch das Masterband besitzt. Denn nur anhand des Masterbandes läßt sich letzendlich klären, was auf der Originalaufnahme wirklich drauf war ... also Rauminformationen, der Wald zwischen Sänger und Mikro ... :flööt: ... Hoch- und Tieftonenergie, etc. ...

Zitat von: kuni am Donnerstag, 26.März.2009 | 13:09:56 Uhr
... zeigt, wie sehr allein die Frage nach dem Original schon subjektiv geprägt ist.

... yepp ...

Zitat von: kuni am Donnerstag, 26.März.2009 | 13:09:56 Uhr
Also, das Original könnte z.B. sein
a) das was der Toningenieur in die Produktion abgibt
b) das was bei der Aufnahme im Raum zu hören war. Von wem ?: Dem Toningenieur oder dem Musiker der das schon nur noch über KH hörte ? Oder einem Dritten, der sich das ohne KH angehört haben könnte ?
c) das Instrument, das der Musiker gespielt hat. Und was, wenn der nur eine billige Geige besitzt, die sich ganz anders anhört, als eine irgendwie geartete "Referenzgeige" à la Stradivari ?
d) Rockmusiker sagen mir, ihr Gehör sei schon geschädigt durch die Auftritte. Dieser Musiker hört sich also schon deswegen selbst ganz anders als andere. Ist das Original dann so wie der Musiker entscheidet, wie es gepreßt werden soll (also so wie der Musiker den Sound gerne hätte) ? Oder doch eher so, wie der Tonigenieur dem Musiker sagt wie es sich besser anhört ?

Hmmm ...  .,a015 ... für mich ist das Original nur das, was in dem Raum während der Aufnahme erhörbar gewesen ist ... also auch mit allen Raumeinflüssen ... und ich gehe davon aus, daß der Aufnahmeingenieur hier nicht seinem eigenen Gusto folgt, sondern die Aufnahme anhand der in vielen Jahren seit Beginn der Tonaufzeichnung weiterentwickelten technischen "Anforderungen" an Mikrofone und deren Aufstellung optimal auslotet. Stichwort wäre für mich also in diesem Zusammen hang in erster Linie die Mikrophonierung ... über die der Aufnaheingenieur so viele Informationen wie nur eben technisch möglich auf Band bannt.

Das ist bei Live-Konzerten natürlich bedeutend schwieriger, als im Studio, wo nach einer gewissen Zeit des Herantastens an das "technische Optimum" - also ebenfalls einem Erfahrungsprozeß - dann irgendwann alle Aufnahmen gleich mikrophoniert und annähernd gleich ausgesteuert erstellt werden sollten.

Danach kommt der Toningenieur und mischt das Band für eine Produktion von Vinyl/ CD ab. Das ist dann sozusagen das Original der Veröffentlichung und evtl. auch näher an dem, was sich der Künstler gewünscht hat ...

... und anschließend kommt dann der Prozeß der Pressauflagen, wobei jede weitere Pressauflage sich allein schon fertigungstechnisch wieder vom Original der Veröffentlichung entfernen kann. Beispiele wären hier die EInflüsse durch z.B. ein anderes beauftragtes Presswerk, damit ein neuer Glasmaster für CD oder auch nur eine neue Matritze oder eine Pressung mit einer bereits verschlissenen Matritze auf Vinyl.

Die Instrumentierung hat selbstverständlich klanglichen Einfluß, da eine Guaneri ganz offensichtlich anders klingt, als z.B. eine Stradivari, eine gute Mittenwald Violine oder eine sog. Zigeunergeige ... trotzdem klingen alle nach Violine. Die unterschiedlichen Erbauer haben ihren Instrumenten sozusagen nur gewisse klangliche Eigenarten anerzogen. Aber deshalb ist eine Einspielung mit einer Stradivari noch lange niht mehr wert oder mehr Original als eine Einspielung mit einer schon mehr oder weniger industriell gefertigten Mittenwald Fidel.

Zitat von: kuni am Donnerstag, 26.März.2009 | 13:09:56 Uhr
Ein Ensemble klänge anders, wenn die Instrumente kalt sind, weil sie in z.B. in einer Kirche spielen. Die Akustik ist dann eh ganz anders. Das gleiche Ensemble spielt einen Tag später in einem Konzertsaal und schwup klingt's ganz anders. Was ist hier das Original ?

Auch die klangliche Veränderung durch z.B. Temperatur und Luftfeuchte ist Musikern eigentlich bewußt. Nur würde ich hier die Frage "Was ist das Original" an dieser Stelle gar nicht stellen. Ist das Klavier verstimmt, dann ist es halt verstimmt ... das ist aber zu dem speziellen Zeitpunkt eben das Original ... unabhängig davon, daß es mit einem gestimmten Klavier eindeutig besser klingen würde.

Ich denke, daß man sich bei der Antwort auf die Frage "Was ist das Original" von dem eigenen Hörgeschmack geschuldeten klanglichen Bewertungen komplett lösen muß. Das Original ist ein technisches Prodkt in einem Erstellungs- und Fertigungsprozeß ... für mich also immer nur die Bandaufnahme des musikalischen Geschehens, des Konzertes, des Studiotages ...unabhängig von der Tagesform des Künstlers oder seines Instrumentes oder des Aufnahmeingenieures ... und die klangliche Veränderung durch Raumeinflüsse/ Ortswechsel gehören ebenso dazu ...

... ein schönes Beispiel hierzu ist für mich die 1971er Einspielung der La Boheme unter Karajan mit Pavarotti und Freni ... Aufnahmeort war die Christuskirche in Berlin. Diese Aufnahme ist eine der ersten, die der Multimikrophonierung folgen. Es wurden imho knapp 50 Mikros verwandt oder anders ausgedrückt ... jede Stimme und jedes Einzelinstrument hat während der Aufnahme sein eigenes Mikro. Wäre da eine Fliege im Raum gewesen, wäre ein HiWi mit dem Mikro hinterhergesprungen.

Leider wurde in fder Abmischung dann aber vergessen, die Rauminformationen zu erhalten. Die Einspielung klingt also nach Studio und nicht nach Kirche.

Im Unterschied hierzu hört man bei der 1956er Einspielung unter Serafin mit Bergonzi und Tebaldi in der Santa Cecilia, Rom selbst das Knarzen der Bühnenbretter und den leichten Hall, der an manchen Stellen der Bühne entsteht. Diese Aufnahme ist nach dem sog. Decca Tree mikrophoniert ... also nur drei Mikros, die das Geschehen im Raum festhalten sollen.

Es macht also einen großen Unterschied, wie mikrophoniert wurde ... aber beide genannten Einspielungen sind für sich betrachtet deshalb nicht weniger Original. Der Unterschied ist halt nur, daß die eine begeistern kann (Serafin) und die andere in meiner persönlichen und subjektiven klanglichen Bewertung sozusagen durchfällt.

kuni

Hi Rolf,

lang ist's her, aber für diesen Thread brauche ich immer eine ruhige Minute  :_yahoo_:

Zitat von: be.audiophil am Freitag, 03.April.2009 | 10:36:02 Uhr
für mich ist das Original nur das, was in dem Raum während der Aufnahme erhörbar gewesen ist
Ja, im Prinzip sehe ich das genauso, aber ....

Zitat von: be.audiophil am Freitag, 03.April.2009 | 10:36:02 Uhr
... also auch mit allen Raumeinflüssen ...
Für mich dito. Allerdings kenne ich auch Leute, die sich leidenschaftlich drüber streiten können, ob etwaiige "negative" Raumeinflüsse in die Aufnahme gehören, oder ob sie nicht besser weggemischt werden sollten...
Ich laß das mal dahingestellt, weil das mMn auch eher in die Rubrik "Geschmacksache" gehört.

Zitat von: be.audiophil am Freitag, 03.April.2009 | 10:36:02 Uhr
und ich gehe davon aus, daß der Aufnahmeingenieur hier nicht seinem eigenen Gusto folgt, sondern die Aufnahme anhand der in vielen Jahren seit Beginn der Tonaufzeichnung weiterentwickelten technischen "Anforderungen" an Mikrofone und deren Aufstellung optimal auslotet.
Hier würde ich Dir widersprechen. Ich hatte es ja oben schon mal erwähnt, daß mir da Musiker aus dem Rockbereich eher anderes erzählen. Zum einen, daß ihre eigene Hörfähigkeit nicht mehr die ist, eine bestimmte Audioqualität bewerten zu können und deswegen schon auf die Aussage des Toningenieurs angewiesen sind. Das alleine wäre ja auch nicht weiter wild, aber damit ist der "Sound" einer Band letzten Endes nicht mehr gewährleistet, da ja der Ing. hier letzten Endes seinen eigenen Geschmack realisiert.
Viel gravierender ist aber mMn, daß der Ing. womöglich einem vermarktungstechnischen Mainstream folgt und nach diesen Kriterien nachbearbeitet.
Ich denke daß das der Grund ist, wieso mich etliche neue Auflagen bzgl. Audioqualität nicht mehr besonders ansprechen. Ich vermute, daß die Mehrheit der Kunden darauf keinen allzu großen Wert legt oder es eben so mag, wie's kommt. Ich denke da z.B. an eine Santana Aufnahme von Woodstock auf LP, die mir spontaner und voluminöser erscheint, als eine remastered CD Version.

Zitat von: be.audiophil am Freitag, 03.April.2009 | 10:36:02 Uhr
... und anschließend kommt dann der Prozeß der Pressauflagen, wobei jede weitere Pressauflage sich allein schon fertigungstechnisch wieder vom Original der Veröffentlichung entfernen kann. Beispiele wären hier die EInflüsse durch z.B. ein anderes beauftragtes Presswerk, damit ein neuer Glasmaster für CD oder auch nur eine neue Matritze oder eine Pressung mit einer bereits verschlissenen Matritze auf Vinyl.
Ich habe z.B. eine neue DMM LP von Neil Young (Live in San Francisco) auf die ich wirklich hochgradig gespannt war, vor allem weil's eben einen neue DMM Pressung war. Ich mußte dann aber doch zugestehen, daß die Platte aus audiophilen Gesichtspunkten meine (vlt. zu hohen ?) Erwartungen nicht erfüllen konnte. Im Gegensatz dazu rockt z.B. die alte BAP Live (Bess Demnähx) - DMM von annodazumal - mal so richtig.

Zitat von: be.audiophil am Freitag, 03.April.2009 | 10:36:02 Uhr
Ich denke, daß man sich bei der Antwort auf die Frage "Was ist das Original" von dem eigenen Hörgeschmack geschuldeten klanglichen Bewertungen komplett lösen muß. Das Original ist ein technisches Prodkt in einem Erstellungs- und Fertigungsprozeß ... für mich also immer nur die Bandaufnahme des musikalischen Geschehens, des Konzertes, des Studiotages ...unabhängig von der Tagesform des Künstlers oder seines Instrumentes oder des Aufnahmeingenieures ... und die klangliche Veränderung durch Raumeinflüsse/ Ortswechsel gehören ebenso dazu ...
Genau  :-handshake: und wenn man dann noch Deinen Satz "Denn nur anhand des Masterbandes läßt sich letzendlich klären, was auf der Originalaufnahme wirklich drauf war" berücksichtigt, dann wird eigentlich schnell klar, daß es in der Praxis keine absolute Antwort auf die Frage "was denn das Original ist" geben kann. Schließlich kennen wir üblicherweise das Masterband und den Klang zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht aus eigener Hörerfahrung.
Es ist un bleibt für mich deswegen alles subjektiv hoch zehn.

Zitat von: be.audiophil am Freitag, 03.April.2009 | 10:36:02 Uhr
Im Unterschied hierzu hört man bei der 1956er Einspielung unter Serafin mit Bergonzi und Tebaldi in der Santa Cecilia, Rom selbst das Knarzen der Bühnenbretter ...
Ich habe eine Orgelaufnahme auf CD, mit der ich immer unzufrieden war, weil sie so komisch brummelnd aufgenommen war. Durch Zufall habe ich dann mal beim Abhören über KH festgestellt, daß dieses Brummeln mit großer Wahrscheinlichkeit das Heizgebläse der Kirche war (also diese Heizungen, die durch so große Bodenschächte die alten Kirchen beheizen). Das ist übrigens die einzige Aufnahme mit solchen Nebengeräuschen, bei der ich mir gewünscht hätte, der Toning. hätte das rausgefiltert, weil mich das wirklich nervt. Daß man bei genauem hinhören auch noch die Zuschauer schnäuzen hört, hätte mich jetzt überhaupt niht gestört, weil das z.B. für mich ein Stück der Live-Atmosphäre auf Tonträgern ausmacht.
Gruß, Kuni
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http://kuni.bplaced.net/
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be.audiophil


Moin Kuni,

yepp ... ich gehe in fast allen Punkten mit Dir konform ... aber ...

Zitat von: kuni am Freitag, 17.April.2009 | 17:04:04 Uhr
Zitat von: be.audiophil am Freitag, 03.April.2009 | 10:36:02 Uhr
... und ich gehe davon aus, daß der Aufnahmeingenieur hier nicht seinem eigenen Gusto folgt, sondern die Aufnahme anhand der in vielen Jahren seit Beginn der Tonaufzeichnung weiterentwickelten technischen "Anforderungen" an Mikrofone und deren Aufstellung optimal auslotet.

Viel gravierender ist aber mMn, daß der Ing. womöglich einem vermarktungstechnischen Mainstream folgt und nach diesen Kriterien nachbearbeitet.

Jein ... im Endeffekt hast Du recht, ich bezog mich hier aber nur auf die Erstellung des Masterbandes. Und hier sollte ein Aufnahmeingenieur immer versuchen so viel wie möglich bei der Aufnahme mitzunehmen. Nicht gewollte Nebengräusche und das "dem Mainstream folgende Sounding" dürfte nach meinem Verständnis erst durch den Toninegnieur beim Mastering des Tonträgers im Studio passieren - und eben nicht vorher und schon gleich gar nicht während der Aufnahme.

Ich würde den Prozeß also sozusagen mit der Erstellung eines historischen Fachaufsatzes vergleichen wollen. Am Anfang steht die Quellenanalyse, die Interpretation im entstehenden Fachaufsatz ist dann sozusagen erst das gewissen Marktausrichtungen folgende Sounding.

Zitat von: kuni am Freitag, 17.April.2009 | 17:04:04 Uhr
Ich habe eine Orgelaufnahme auf CD, mit der ich immer unzufrieden war, weil sie so komisch brummelnd aufgenommen war. Durch Zufall habe ich dann mal beim Abhören über KH festgestellt, daß dieses Brummeln mit großer Wahrscheinlichkeit das Heizgebläse der Kirche war (also diese Heizungen, die durch so große Bodenschächte die alten Kirchen beheizen).

Da gibt es deutlich mehr Aufnahmen, in denen man Nebengeräusche, die mit der eigentlichen Aufnahmesituation - also sozusagen der Atmosphäre im Konzertsaal - auf den ersten Blick nicht viel zu tun haben. Bei allen alten DECCA SXL-Einspielungen, die in der Royal Albert Hall, London aufgenommen wurden, hört man z.B. im Hintergrund etwa alle drei Minuten das Grummeln der unter dem Saal hindurchratternden Metro. Bei einigen Aufnahmen eines kleinen französischen Jazz-Labels kann man, sofern in deren an einer Landstraße gelegenen Studio im Sommer aufgenommen, die an der Landstraße vorbeifahrenden Fahrzeuge im Hintergrund hören. Besonders störend sind dann röhrende Motorräder.

Wobei ich dies aber auch durchaus musikabhängig sehen würde. Bei z.B. einer Operneinspielung stört es mich - wie oben bereits skizziert - eher mehr, wenn Rauminformationen und damit auch das Scharren mit den Hufen oder das Hüsteln der Zuhörer fehlen. Dagegen würde ich z.B. bei einer Jazz-Einspielung oder einem Kammermusikstück oder einer Symphonie fast lieber auf Nebengeräusche verzichten. Auch kann ich z.B. mit einer Liveeinspielung eines Rock- oder Popkonzertes i.d.R. deutlich weniger anfangen, als mit einer Studioaufnahme.

Captn Difool

Mittlerweile sind auch die Nebengeräusche historisch, denn weder die Motorräder noch Autos werden heute noch fahren... Hat einen gewissen "Live-Effekt"  :smile