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Eliminierung von Laufgeräuschen bei den Garrard Modellen 301 und 401

Begonnen von Morfeus, Mittwoch, 18.November.2009 | 18:18:04 Uhr

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Morfeus

Laufgeräusche bei Plattenspielern setzen sich über die Antriebstechnik und das Chassis bis hin zum Tonabnehmer fort und beeinflussen den Klang. Wie sehr, musste ich beim Frickelfest 2009 feststellen. Der DIY Dreher von Chris klingt normalerweise ganz hervorragend. Durch beim Transport ausgelaufenes Lageröl, hatte sich eine stecknadelspitzengroße Beschädigung am Tellerlager ergeben. Der gesamte Plattenspieler klang "kaputt" und zwar sehr deutlich.

Dies habe ich zum Anlass genommen, über Laufgräusche bzw. deren Eliminierung bei den Garrard Modellen 301 und 401 nachzudenken.

Normalerweise werden zwei Dinge empfohlen: Tellerlager und die beiden Motorlager polieren. Wie man die Motorlager am 301 überholt, steht hier auf meiner Website: http://www.morfeus.cc/pages/garrard/301restauration.htm

Diese Empfehlung ist zwar richtig und diese beiden Dinge sollten als Erstes gemacht werden. Ausreichend sind sie aber nicht. Es ist durchaus möglich, einen 301 oder 401 vollkommen geräuschlos zu bekommen und erst alle Maßnahmen zusammen machen diese Plattenspieler wirklich klanglich zu den absoluten Top-Drehern konkurenzfähig.

Außer dem Tellerlager und den Motorlagern sollten folgende Punkte überprüft und restauriert werden:

    * Treibrad und Lager des Treibrads
    * Treibradaufhängung und Isolations-Gummis
    * Innenlauffläche des Tellers
    * sämtliche Gestänge und Federn
    * Motoraufhängung
    * Passgenaue Montage der Motorgehäuse-Hälften
    * Chassisgummis
    * Tellermatte

Treibrad und Lager

Die klanglichen Auswirkungen eines kaputten Treibrades werden of unterschätzt, was um so mehr erstaunt, da den "Reibrad"-Drehern allgemein ja ein besonderer "Sound" nachgesagt wird.
Das Treibrad und sein Sinterlager sind recht einfach zu überprüfen. Defekte oder überalterte Treibräder erkennt man oft schon an Rissen im Gummi. Häufig geht damit eine Unwucht oder mangelnder Rundlauf einher. Zudem verhärtet das Gummi auch mit der Zeit. Stellt man ein oder mehrere der obigen Sympthome fest, muss das Treibrad unbedingt überholt oder ersetzt werden, da die Rumpelwerte dadurch mit Sicherheit deutlich hörbar überhöht sind. Neu angefertigte Treibräder mit weicherem Gummi und besseren Lagern gibt es bei Perfect Sound in England: http://perfectsound.co.uk/index.htm. Mit neuem Gummi versehen lassen kann man sein eigenes Treibrad bei Svalander Audio in Schweden: http://www.svalanderaudio.com/vinyl/wheelseng.php
Die Sinterlager kann man ebenfalls leicht überprüfen: Das Treibrad mit Daumen und Zeigefinger an den Außenkanten festhalten und versuchen es zu kippen. Ist in den Lagern Spiel zu spüren, sollten diese erneuert werden.
In jedem Falle empfiehlt es sich, das Treibrad auszubauen, Lager und Achsen gründlich zu reinigen und zu polieren bzw. mit frischem Öl zu versehen.

Treibradaufhängung und Isolations-Gummis

Die gesamte Aufhängungseinheit des Treibrades ist auf festen Sitz zu überprüfen. Nur was fest sitzt kann nicht vibrieren. Gerne vergessen werden die sogenannten "Isolation Grommets". Diese drei Gummipuffer entkoppeln die Treibradaufhängung (Idler linkage) vom Chassis. Diese Puffer sind fast immer verhärtet und sollten in jedem Falle ausgetauscht werden. Gibt es ebenfalls bei Perfect Sound.

Innenlauffläche des Tellers

Kleinste Unregelmäßigkeiten auf der Innenlauffläche des Plattentellers erhöhen das Rumpeln und erzeugen Störgeräusche. Die Lauffläche sollte mit einem technischen Alkohol gereinigt werden, dann nochmals mit feiner Stahlwolle und erneut mit Alkohol. Bitte kein Schleifpapier, wenn es sich vermeiden lässt. Wir wollen kein Material abtragen und den Rundlauf verschlechtern.
Die Reinigung mit Alkohol sollte man ab und an wiederholen, um die Lauffläche vom Abrieb des Treibrades zu befreien.

Sämtliche Gestänge und Federn

Alle Gestänge müssen an den Verbindungen gleichzeitig fest und leichtgängig sein. Ein klapperndes Gestänge verschlechtert den Klang, ein schwergängiges die Bedienung. Meist dürfte es ausreichen, die Verbindungen zu ölen bzw. zu fetten. Lose Vernietungen müssen nachgenietet werden.

Zwischen den Gestängen, am Treibrad, in der Motoraufhängung usw. gibt es jede Menge Spannfedern. Hier habe ich nur ein Empfehlung: alle raus und erneuern. Experimente bringen hier nichts, ausgeleiherte Federn beinflussen den Anpressdruck des Treibrades, die geräuschfreie Aufhängung und Entkoppelung des Motors und einiges mehr. Also raus damit. Einen neuen Komplettsatz Federn gibt es für kleines Geld bei Perfect Sound.

Fortsetzung folgt....

Compu-Doc

 :drinks: feiner "How~to~do-thread" !!!
...........mein LENCO macht auch bööösse Stimmchen, bin aBBa momentan zu zeitarm um den Schweizer zu zerpflücken.
En la mesa y en el juego, la educación se ve luego.

NKA

Hallo Heinz,

Prima Tips, danke!!

Vor zwei Monaten hab ich bei perfect sound wegen eines neuen Reibrades angefragt - leider nicht lieferbar. Es steht zwar auf der Website, aber als "in process of manufature". Hast Du Infos, ob es das jetzt gibt?

Wo sind die "Isolationsgummis" verbaut? Ich kann mich bei meinem 401 nicht an sowas erinnern  .,a015

Noch eine Frage: wo kommen Sinterlager für das Treibrad her? Wenn ich mich recht erinnere, hat es bei mir zwar nicht viel Spiel, aber etwas schon....

viele Grüße

Norbert

Morfeus

Hallo Norbert,

die Treibräder wird es in etwa zwei Wochen wieder geben, ich warte auch auf eines. Da sind auch die Lager dabei.

Zum Rest schreibe ich noch was, dann gibt es hoffentlich auch ein paar Bilder, die Fragen beantworten.

Gruß,
Heinz

Morfeus

Motoraufhängung

Bei der Motoraufhängung gibt es eigentlich nur zwei Dinge, die man tun sollte. Alle Federn erneuern wäre das Eine. Es ist nicht zweifelsfrei festzustellen, inwieweit die Federn ihre Spannkraft verloren haben. Einmal ohne angezogene "Transit Screws" transportiert kann schon ausreichen, dass die Federn überdehnt wurden. Da die Federn das wichtigste Instrument zur Schwingungs- und Vibrationsunterdrückung am Chassis und damit am Tonabnehmer sind, wäre es falsch, hier zu sparen, zumal die Federn nur eine paar Euro kosten. Bezugsquelle ist hier wieder Perfect Sound.
Um die Federn sind normalerweise schwarze Gummitüllen gestülpt. Diese dienen der Vibrationsunterdrückung. Diese sollte man ersetzen, bewährt hat sich hier Schrumpfschlauch über die gesamte Windungslänge der Federn.

Fortsetzung folgt...

Morfeus


Morfeus

Passgenaue Montage der Motorgehäuse-Hälften

Wer bisher auf den ultimativen Trick zur Beruhigung seines Garrards gewartet hat, hier ist er:

Selbst nach einer hochwertigen Neuwicklung des Motors und einer Feinwuchtung des Stators ist der Motor nicht völlig vibrationsfrei. Dies liegt daran, dass die beiden Gehäusehälften auch mit ringsum unterschiedlichen Spaltmaßen zusammengebaut werden können, da das obere und untere Motorlager drehbar sind. Deshalb läuft der Stator nicht hunderprozentig lotrecht und es kommt immer noch zu leichten Vibrationen.

Da die beiden Spulenwicklungen - wie auf diesem Bild zu sehen ist - recht unregelmäßig gewickelt sein können und auch das umschließende Gewebeband von Hand nicht ganz exakt umwickelt ist, kommt es - da beide Wicklungen am Gehäuse anliegen - beim Zusammenbau fast zwangsläufig ringsum zu einem nicht gleichen Spaltmaß:



Die beiden Spulen sind in Maßen flexibel und können etwas verformt werden. Auch kann man sich durch Unterlegen von etwas hitzefestem Gewebeband behelfen. Die ganze Prozedur ist etwas fummelig und man muß sich per Trial und Error an eine exaktes Spaltmaß der beiden Gehäusehälften herantasten. Nachdem ich dies bei meinem 301 Motor getan hatte und ich mit der Schieblehre gemessen umlaufend ein exakt gleiches Spaltmaß habe, ist der Motor praktisch frei von Vibrationen.

NKA

Hallo Heinz,

wo messe ich das Spaltmaß?

Bei der Überholung meines Motors war beim Zusammenbau das Hauptproblem, eine exakte Flucht der Lager hinzubekommen. Sobald man seitlich leicht auf die Rotorachse geklopft hat, hat sich das obere Lager ganz leicht verkantet. So entstanden zwar keine Vibrationen aber leichte Geräusche.

viele Grüße

Norbert

Morfeus

In zusammengebautem Zustand hast Du einen Spalt zwischen den beiden Gehäusehälften. Durch diesen hindurch siehst Du das Blechpaket des Motors. Dieser Spalt muss ringsum gleich sein.

Gruß,
Heinz

Morfeus

Chassisgummis

In den Weiten des Netzes wird oft empfohlen, die vier Gummis unter den Chassismontageschrauben wegzulassen und das Chassis hart an die Zarge anzukoppeln. Ich halte das für groben Unfug. Über die Gummi-Unterlagscheiben wird das Chassis sowohl an- als auch abgekoppelt und zwar genau in dem Maße, wie sich die Garrard Ingenieure das vorgestellt und sicher auch getestet und gemessen haben.
Koppelt man hart an, werden Restvibrationen und -Geräusche unweigerlich an den Tonarm weitergeleitet.

Tellermatte

Bei diesem Thema muß jeder selbst wissen, was er will. Ich habe verschiedene Matten getestet und bin bei einer optisch dem Original entsprechenden Nachbaumatte aus Gummi hängen geblieben. Ich denke auch hier ist Entkoppelung der richtige Weg - je weicher um so besser. Die von mir getesteten Gummikork, Kork, Filz und Ledermatten haben mich persönlich nicht überzeugt.


NKA

Welche Erfahrungen hast Du mit der Ankoppelung / Entkoppelung von der Standfläche gemacht?

Bei dem üblichen Aufbau Zarge <--> Holz/Schieferplatte <--> Regal

jeweils weich oder hart? Kann man das überhaupt so pauschal sagen?

viele Grüße

Norbert

Morfeus

Hallo Norbert,

ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn die Eigengeräusche des Drehers auf ein Minimum reduziert sind, die Ab- oder Ankopplung der Zarge vom Untergrund recht unwichtig wird, da die Laufgeräusche durch den Untergrund bzw. die Ankopplung daran verstärkt werden.

Ich hatte die ganze Zeit mit SSC String Pucks komplett entkoppelt, da ich in einem Altbau mit schwingendem alten Parkett lebe und der Garrard eben nicht komplett ruhig lief. Bei meiner neuen Zarge - und seit ich den 301 völlig ruhig gestellt habe - arbeite ich mit 38mm starken runden Messingpuks (von einem Freund gedreht), die mit Filzgleitern auf dem Ikea-Regal stehen. Zwischen diesen Puks und der Zarge liegen Scheiben, die ich aus den bekannten Waschmaschinen-Entkopplungsmatten aus Recycling-Gummi zugeschnitten habe. Das funktioniert ganz hervoragend.

Voraussetzung ist natürlich eine schwere und massive Zarge. Der Rest hängt meiner Ansicht nach vom Boden ab (Trittschall). Man muss ausprobieren, was in der jeweils eigenen Situation richtig ist. Ich selbst habe mit Schiefer keine positiven Erfahrungen gemacht, hat bei mir einfach nichts gebracht. YMMV.

Gruß,
Heinz

NKA

Hallo Heinz,

die Zarge und Aufstellung ist noch eine Baustelle bei mir.... Meine Zarge ist sicher zu leicht. Ca. 4 cm Motorbrett aus Multiplex auf einem Nußbaum-Rahmen. Wie ruhig der Motor wirklich laufen kann, weiß ich nicht.... ich halte ihn nach meiner Überholung für ziemlich ruhig. Mit Schraubendreher-Stethoskop hört man natürlich schon Laufgeräusche.... aber keine Schleifgeräusche o. ä. Vielleicht nehme ich mal das Treibrad raus und schaue mal, was über das System zu hören ist, dann kann man besser entscheiden, was durch den Motor und was durch die Treibrad-Mimik verursacht wird. Das Tellerlager ist ein Kokomo und geräuschlos.

Ich hatte bis vor kurzem bei hohen Lautstärken eine Rückkopplung über Regal - Zarge - TA. Ansich kein großes Problem, da ich meist nicht besonders laut höre. M. E. ergibt sich aber auch bei geringen Lautstärken ein negativer Effekt auf die Ruhe in der Musik. Daran hat auch eine Steinplatte unter dem 401 nichts geändert. Versuche mit Sorbothane zwischen Steinplatte und Regal haben zwar die Resonanzfrequenz nach unten verschoben, aber nicht die Resonanz selbst beseitigt. Jetzt habe ich Sorbothane-Füße unter der Zarge, seitdem ist an dieser Stelle Ruhe.

Hast Du ein Foto von Deiner Zarge? Sind Deine Messingpuks einfache Zylinder oder mit Spitze?

Danke und liebe Grüße

Norbert

Morfeus

Hallo Norbert,

ich hatte ähnliche Probleme. Störend besonders in der Einlaufrille, den Leerrillen zwischen den Stücken und natürlich in sehr leisen Musikpassagen. Ich habe über ein Jahr mit diversen An- und Abkopplungen experimentiert, angefangen mit Squash-Bällen bis hin zu den erwähnten String-Puks von SSC.

Mittlerweile ist es mir öfter passiert, dass ich nach dem Auflegen einer Platte wieder aufgesprungen bin, weil ich dachte, der Lift hängt und die Nadel hätte nicht aufgesetzt. Nichts, Totenstille. Mit den Maßnahmen von oben und zwar allen. Ist jetzt ziemlich egal, was ich als Füße nehme.

Die Messingpucks sind aus massivem Rundmaterial, einfach Zylinder, ohne Spitze. Unten klebt ein etwas dickerer Filzpad. Oben auf der Pad aus der zugeschnittenen Recycling Matte. Aber siehe oben, bevor der Garrard nicht selbst mechanisch ruhig gestellt ist, würde ich das erst gar nicht mehr angehen. Die Vibrationen und Geräusche übertragen sich im Chassis und der Zarge, da kannste druntersetzen, was Du willst.

Das Foto oben ist von meiner Zarge. Mehrere Schichten MPX, der Chassisauschnitt verjüngt sich pro Schicht nach unten und liegt immer möglichst nahe am Motorgehäuse, das ja nach untern heraussteht. Einen Plan für den oberen Ausschnitt habe ich, für die weiteren Schichten habe ich das frei Hand ans lebende Objekt angepasst.

Gruß,
Heinz