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Luxus-Degausser (Löschdrossel) HP 3603A

Begonnen von Peter Ruhrberg, Mittwoch, 13.Mai.2015 | 18:49:13 Uhr

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Peter Ruhrberg

Hallo zusammen

Seit vier Tagen habe ich einen neuen Trumm bei mir stehen, den Jürgen in seiner nimmermüden Hilfsbereitschaft mir zur Verfügung gestellt hat :-handshake:

Dieser Degausser von ca. 1970 aus dem Bestand der ehemaligen Agfa-Bezugsbandabteilung in München war ursprünglich für das Löschen von 16mm-Perfoband vorgesehen. Er wiegt rund 45 kg, verbraucht gut 900 VA und macht ordentlich Lärm. Nach gründlichem Reinigen, Ölen usw. läuft er nun wieder wie am ersten Tag und ist jetzt auch einigermaßen vorzeigbar    :__y_e_s:

Hier meine ersten Fotos davon. Die grauen, runden Brocken mit den sechseckigen Flanschen dran sind die vier Löschspulen auf zwei U-Kernen (CuL-Draht ca. 3 mm Querschnitt). Das Band wird zwischen den gegenüberliegenden Polen geführt. Sie liegen leicht unsymmetrisch zur Mitte des Bandwickels, so dass auch kleine Kerndurchmesser verarbeitet werden können.

Ein Löschzyklus dauert ca. 30 Sekunden.

Zur Analogzeit habe ich mehrere Bauformen von Löschdrosseln kennengelernt. Als besonderen Luxus empfinde ich bei diesem Modell das langsame Drehen und Wegführen des Bandwickels aus dem magnetischen Feld durch ein Motörchen ganz vorne in der Schublade. Der Bandteller wird über ein Kegelgetriebe bewegt, die Schublade über eine Kette, die von der Größe her gut zu einem Motorrad passen könnte   :flööt:

Damit auch Studiobänder auf dem Drehteller Platz finden, brauchte es noch eine Aufnahme für den AEG-Wickelkern, eine Schallplatte als Bandteller und eine Kartonzwischenlage zum Stabilisieren des Wickels.

Hier ein Löschvorgang als Video:
https://youtu.be/CL15G5juses
https://youtu.be/I95EaYzlHJE

Der Deckel ist abgenommen, damit man die Arbeitsweise besser beobachten kann.

Das Bandende wird mit Klebeband fixiert, da sonst durch die Vibration unter dem enormen Magnetfeld sich die äußeren Windungen lösen würden.

Das Band nehme ich herunter, bevor die Spulen abschalten, weil sonst durch den Ausschaltimpuls der Bobby aufmagnetisiert werden würde. Dabei funktioniert der Einfädelschlitz wie ein Magnetkopfspalt, was sich in einem rhythmischen Blubbern und Knacken auf den letzten 10-20 Bandwindungen bemerkbar macht. Mit dieser Arbeitstechnik bleibt das Band von Anfang bis Ende vollkommen geräuschfrei.

Im sog. jungfräulichen Zustand rauscht ein Band ca. 10...15 dB weniger als wenn es "betriebsmäßig gelöscht und vormagnetisiert" wird (wie es die IRT-Richtlinien in unnachahmlicher Technikerprosa formulieren).

Inzwischen habe ich auf diese Weise ca. 150 Bänder durchgezogen -- bis jetzt ohne Ausfälle  raucher01

Grüße, Peter

frank1391


Schimmerlos

Ha, ein tolles Gerät, sowas habe ich noch nie gesehen :__y_e_s:

Grüsse
Peter-Paul
Onkyo Integra A-8250, TA-2570, DX-7355, Dual CS 741Q, 704, 601, Akai 4400D, Uher Report Monitor 4400, Dynaudio 4-Wege DIY (nicht selbst gebaut), Focal Aria 906

Peter Ruhrberg

#3
Zitat von: Schimmerlos am Samstag, 16.Mai.2015 | 10:25:44 Uhr
Ha, ein tolles Gerät, sowas habe ich noch nie gesehen :__y_e_s:

Mein Vater hatte Ende der 1960er Jahre auf seiner Arbeitsstelle ein ähnliches Biest herumstehen. Das war von Ampex, gedacht für 2"-Videobänder und funktionierte per Handbetrieb.

Das Löschen artete richtig in Arbeit aus, denn so eine heftigst brummende Magnetspule gab das Band nur ungern wieder her. Dann musste man es möglichst langsam und mit geradezu Tai-Chi-ähnlichen ruhig kreisenden Bewegungen entfernen, während die Spule ihrerseits sich flott erwärmte (keine Lüftung, Spule durfte höchstens 1 Minute am Netz bleiben).

Mit den Jahren habe ich verschiedene Bauarten von Löschdrosseln für Magnetbänder kennengelernt. Den Komfort dieses HP-Modells kannte ich allerdings bislang nur vom Hörensagen.

Es gibt durchaus automatisierte Entmagnetisierer für industrielle Zwecke. Doch wie ich vor zwei Monaten selber herausgefunden habe, erzeugen selbst diese oft nicht die Feldstärken, die fürs Löschen von Cr02- oder gar Reineisenbändern notwendig sind.


Mittlerweile ist mir auch aufgefallen, dass die Spulen auf E-Kerne gewickelt sind (keine U-Kerne, wie ich in meinem ersten Posting irrtümlich geschrieben hatte).

Auf dem drittletzten Bild kann man unter dem Warnschild sogar erkennen, dass im Laufe der Jahrzehnte die äußeren Blechlamellen des mittleren Polschuhs sich gelöst und nach außen gebogen haben. Diese lassen sich aber nicht einfach so wieder zurechtbiegen, da sie unter großer Federspannung stehen (Materialstärke ca. 0,7 mm). Dies führte auch zu einem gewissen schnarrenden Geräusch im Video, wenn bei herausfahrender Lade die Drehtellerachse die vibrierenden Lamellen gerade noch berührte.

Irgendwann muss ein vermeintlich schlauer Zeitgenosse tatsächlich versucht haben, diese Lamellen wieder aufeinander zu pressen: er bohrte ca. 1 cm tiefes Loch hinein und versuchte, eine M3-Schraube hineinzudrehen. Leider ging der Schuss nach hinten los: es führte nur dazu, dass ähnlich dem Dominoeffekt sich weitere Lamellen aus ihrer Lackfixierung lösten. Übersehen wurde dabei auch, dass zur Vermeidung von Wirbelströmen und unbotmäßiger Erwärmung man lamellierte Bleche möglichst nicht ausgerechnet am Punkt maximaler Magnetflussdichte galvanisch leitend miteinander verbinden sollte  .,c045

Wie dem auch sei, einige Tropfen Epoxydharzkleber haben schließlich Abhilfe geschaffen.

Grüße, Peter

frank1391

#4
wenn ich mir verinnerliche, welchen Radau bereits ein loses Blechpaket in einem poppeligen UHER Report Netzteil machen kann.............. auch da helfe ich mir mit Sekundenkleber.

Auf die Idee mit der Schraube muß man erstmal kommen, auch wenn sie besch  ;0001 ....... ist.

Gruß
Frank

Peter Ruhrberg

Zitat von: frank1391 am Sonntag, 17.Mai.2015 | 16:15:19 Uhr
Auf die Idee mit der Schraube muß man erstmal kommen, auch wenn sie besch  ;0001 ....... ist.

Bevor mir die Idee mit dem Zweikomponentenkleber kam, hatte ich zur Schwingungsdämpfung probehalber ein Stück Fensterdichtgummi zwischen die beiden äußeren Bleche gesteckt. Das hätte mir als Abhilfe durchaus genügt, immerhin hat das Biest jahrzehntelang auch mit drei losen Blechen funktioniert.

Gerade dieses Experiment deckte aber auf, dass das Schnarren und Scheppern tatsächlich wegen der Lösung des mechanischen Kontakts mit der Drehtellerachse beim Herausfahren der Schublade entstand. Also musste eine wirkliche Lösung für das Problem her, kein provisorisches Heftpflaster.

Grüße, Peter