Lieber Jürgen, lieber Dani (nebst Mitlesern),
ja, so sieht das aus, wenn zwei in Frequenz, Pegel und Phasenlage identische Signale per Lissajous-Figur miteinander über zwei Verstärker verglichen werden, die ihrerseits identische Eigenschaften haben.
Allerdings habt ihr eine abweichende Eigenschaft doch noch stehen lassen: Das Y-Plattenpaar läuft mit DC-Kopplung, das X-Plattenpaar mit AC-Kopplung. Bringt bitte beide auf AC-Kopplung.
Euer Oszilloskop ist ein Zweikanaltyp, der auch für X-/Y-Darstellungen meist schon deshalb ideal ist, weil er sowohl X- als auch Y-Verstärker in derselben Weise in der Empfindlichkeit einzustellen gestattet, denn man benützt im X/Y-Betrieb den zweiten, identischen Verstärkerkanal als Vorverstärker für die Y-Platten, dessen Verhalten auch bezüglich der Gruppenlaufzeiten aufgrund des elektronisch völlig gleichen Aufbaus dem des Kanals 1 entspricht. Bei Einstrahlern mit lediglich externem Zugang zu den Y-Plattenverstärkern kann das anders sein.
Dreht doch einmal die Frequenz eures Generators von 20 Hz bis 20 kHz durch. Manchmal kommt es dann bei niedrigsten Frequenzen doch noch zu Abweichungen zwischen X- und Y-Plattenpaar/Verstärkern. In eurem Falle denke ich aber, dass da im Audioband die Linie unverrückt stehenbleiben wird. Damit ist dieses Oszilloskop für die Anwendung bei der Spaltsenkrechtstellungsbestimjung ideal geeignet.
Je nach dem für das Spaltprüfsignal auf dem Band verwendeten Pegel und der Ausgangsspannung des Bandgerätes müsst ihr gegebenenfalls die Eingangsempfindlichkeit (immer!) beider Plattenvertärker (immer identisch) anheben oder absenken. Das gilt auch für die stufenlose Empfindlichkeitswahl, die euer Oskar ja auch besitzt und im Falle der Fälle auch noch für eine in der Größe passende Anzeige sorgen kann.
Für den Einstieg bei einem Banderät im unbekannten Zustand ist die Abbildungsgröße der Geraden in den Demobildern sehr klug gewählt: Sie ist ausreichend groß, gestattet aber noch ein Anwachsen der Pegel, zu dem es kommt, wenn die Spaltsenkrechtstellung deutlichere Defizite aufweist. Wenn die Pegel beider Kanäle im Zuge des Voreinstellens (Suche des Hauptmaximums, um das herum man dann mit 10 kHz optimiert) ansteigen, verlängert sich die 45°-Gerade nach beiden Seiten.
Ansonsten sollte man anstreben, die Abbildung so groß wie möglich zu machen. Damit wird es einem dann nämlich auch möglich, die vom Band ja nicht annähernd so stabil wie vom Generator kommende 'Gerade' hinsichtich ihres Verhaltens so abzuschätzen, dass die mittlere Phasenabweichung 0° beträgt, während die reale Darstellung dynamisch tatsächlich aber mit ± 25° um diese 0°-Position herum in Pegel und Phase(!) schwankt. Das heißt, dass man dann durchaus damit zu rechnen hat, dass die Geradenlänge ebensowenig konstant bleibt wie die Geradenform, die zur Elipse, ja kurzzeitig zum Kreis werden kann.
Es bedarf der Laufwerksqualitäten einer A80QC im besten Wartungszustand und zweckmäßigerweise einer Bandgeschwindigkeit von 38 cm/s, um eine wirklich ruhige Gerade auch bei 10 kHz oder gar mehr zu erreichen. Bei Cassettenrecordern muss man dann definitiv (und auch bei hochertigen Doppelcapstantrieben) schätzen, ob die Darstellung wirklich (halbwegs) um die 0°-Position herum symmetrisch schwankt.
Demnach ist auch bei der 4450 mit einiger Unruhe in der Darstellung zu rechnen, weil die Kopfträgereigenschaften bei 9,5 cm/s einfach nicht die sein können, die eine M15a oder A80 bei 38 auszeichnen.
Bei Interesse kommt noch mehr.
Hans-Joachim
P.s.: Pits Ratschlag kommt auch bei mir, aber dafür etwas später: Siehe oben. Für den Bandgeräteabgleich spielt die festgestellte Abweichung aber keine Rolle. Übrigens arbeiten auch die Goniometer/Stereoichtgeräte für die Stereosignaldarstellung nach diesem Verfahren, können also letztlich auch für die Kontrolle der Spaltstellung verwendet werden. Sie erhielten lediglich einige brav preistreibende Features mehr (z. B. VCA-geteuerte Eingangsempfindlichkeiten und eine Strahlunterdrückung, wenn die Abbildungsgröße in Punktnähe gerät). Prinzipiell kann man damit auch all das, was ein Stereosichtgerät kann, auch mit dem X-/Y-Oszilloskop realisieren.